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Michael Frontzeck übernahm den Trainerposten auf St. Pauli von Andre Schubert
Michael Frontzeck übernahm den Trainerposten auf St. Pauli von Andre Schubert

"Hätte auch in der fünften Liga unterschrieben"

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Hamburg - Die Unterschriften waren noch nicht unter dem Verrag, da hatten die Fans des FC St. Pauli dem neuen Trainer bereits einen Spitznamen verpasst: "Frontzecke". Den einst von Anhängern anderer Vereine benutzten Schimpfnamen "Zecken" für die politisch links stehenden Fans der Kiezkicker tragen diese mittlerweile mit Stolz. Kein Spiel, in dem nicht auf den Stehrängen der Südtribüne der Song "Wir sind Zecken" angestimmt wird, wonach man "unter Brücken oder in der Bahnhofsmission" schlafe.

Für Frontzeck schließt sich ein Kreis

"Das passt ja hierher, damit kann ich leben", nahm Michael Frontzeck seinen neuen Spitznamen ebenso mit Humor wie die Bemerkung, dass er mit seiner "Frisur" ja gut in die Nachfolgeschaft von Holger Stanislawski und Andre Schubert passe. Alle Drei tragen den "Kojak-Look" - oben offen.



Für den 48-Jährigen "schließt sich ein Kreis" nach 20-monatiger Auszeit von der Arbeit als Trainer. Einen Tag nach dem 1:3 beim FC St. Pauli am 12. Februar 2011 hatten sich Borussia Mönchengladbach und Frontzeck getrennt.

"Ich habe das erste Mal nach 28, 29 Jahren Profi-Fußball eine Auszeit genommen und Dinge gemacht, speziell mit der Familie, für die sonst keine Zeit war", begründete der Ex-Gladbacher seine Laufzeit gegenüber bundesliga.de. Weiter habe er "versucht, meinen Horizont zu erweitern. Ich war unter anderem für eine Woche beim FC Everton und habe mir dort die Trainingsarbeit der Kollegen angeschaut. Zudem habe ich mir sehr viele Spiele im Profibereich angesehen, besonders in der Zweiten Liga."

"Tief im Inneren auf St. Pauli gewartet"



Im Laufe seiner Auszeit habe er "einige Angebote abgelehnt", so Frontzeck. "Aber beim FC St. Pauli hätte ich auch in der fünften Liga unterschrieben. Tief im Inneren habe ich immer auf St. pauli gewartet." Denn "wer Fußball mag, der mag auch irgendwo St. Pauli", sagt er und erinnert sich an Zeiten als Aktiver zurück, als er noch durch das alte Clubheim musste.

"Die Atmosphäre war schon damals etwas Besonderes hier. Bedingungsloser Support, Fans, die wie eine Wand hinter ihrer Mannschaft stehen", erinnert er sich an seine Auftritte am Millerntor und schwärmt vom "englischen Flair", das ihn an seine Saison (1996/97; die Red.) bei Manchester City erinnerte.

"St. Pauli hat einen tollen Ruf weit über die Hamburger Stadtgrenzen hinaus. Als vermeldet wurde, dass ich zum FC St. Pauli gehe, haben mir die Menschen überall in Mönchengladbach gratuliert und mir viel Glück gewünscht", erzählt Frontzeck.

Zweite Liga Neuland für Frontzeck



Seine bisherigen Klubs Alemannia Aachen, Arminia Bielefeld und Mönchengladbach musste er auf Gegner einstellen wie Bayern München, Borussia Dortmund oder Schalke 04 - immer im Kampf um den Klassenerhalt.

Mit dem Engagement beim Kiezklub betritt Frontzeck Neuland. In der Zweiten Liga hat er bisher nicht gearbeitet. Und auch die Ansprüche rund um die Reeperbahn sind trotz des schwachen Saisonstarts mit Platz 17 nach neun Spieltagen alles andere als Abstiegskampf.

Das sei ihm bewusst, aber man dürfe die Augen nicht vor der Realität verschließen. "Die Phase jetzt kann noch ein bisschen zäh werden, man darf sie auf keinen Fall verniedlichen. Aber wir haben noch genug Zeit, die Dinge zum Guten zu wenden. Für die Mannschaft ist es erst mal wichtig, dass sie wieder Boden unter die Füße bekommt", so Frontzeck, der klarstellt, mit der Zweiten Liga kein Problem zu haben. "Ich hätte St. Pauli auch schon auf das einstellen können." Davon hätten beide Seite bewusst vor der Länderespielpause aber Abstand genommen.

Dritte Liga kein Thema



"Natürlich haben wir mittelfristig das Ziel, oben anzugreifen", so Frontzeck, aber das sei aktuell kein Thema. "Wichtig ist erst mal, was bis zum Winter passiert", will Frontzeck nicht den zweiten Schritt vorm ersten gehen. Vom Klassenerhalt aber ist der Trainer überzeugt.

"An die 3. Liga habe ich nie gedacht. Ich beschäftige ich mich mit keiner anderen Liga als der Zweiten Bundesliga", so Frontzeck auf die Frage von bundesliga.de, ob sein Vertrag auch für 3. Liga gelte. Viel gelernt hat Frontzeck, der bei seinem neuen Klub an den Co-Trainern Thomas Meggle, Timo Schultz und Torwarttrainer Mathias Hain festhalten wird, von Jupp Heynckes ("Er hat mich in Mönchengladbach ins kalte Wasser geschmissen, als ich 19 Jahre alt war.") und in seiner Zeit als Co-Trainer von Hans Meyer bei den "Fohlen".

"Ich bin aber sehr teambezogen. Die Jungs müssen wissen, dass sie Fehler machen dürfen, aber natürlich so wenige wie möglich", beschreibt Frontzeck seine Arbeitsweise. Die Systemfrage, die in den Medien immer häufiger thematisiert werde, stelle sich ihm nicht.

Systemfrage stellt sich nicht



"Was das System angeht, so sind es ja immer nur Nuancen, egal ob 4-2-3-1, 4-4-2 oder 4-3-3. Das A und O im Fußball ist es heute, die Abstände so gering wie möglich gehalten, gegen den Ball und mit dem Ball", so Frontzeck auf die Frage von bundesliga.de, ob er an dem mit der Verpflichtung von Sportdirektor Rachid Azzouzi zu Saisonbeginn für alle Mannschaften im Verein eingeführten 4-4-2-System festhalten werde.

Das System ist den Fans egal. Wichtig ist es, dass "Frontzecke" die Kiezkicker wieder an die Front der Tabelle führt - am liebsten mit einer Kombination aus Spiel und Kampf. Auf dem ersten Spiel unter seiner Führung lässt sich aufbauen. St. Pauli besiegte Bundesliga-Aufsteiger Greuther Fürth in einem Testspiel mit 1:0.

Von St. Pauli berichtet Jürgen Blöhs