Die Erleichterung war groß bei St. Paulis neuem Trainer Andre Schubert, nachdem...
Die Erleichterung war groß bei St. Paulis neuem Trainer Andre Schubert, nachdem...

Freude ja, Euphorie nein

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Lübeck - Darauf mussten die Fans des FC St. Pauli lange warten: Auf den Tag genau fünf Monate nach dem umjubelten Sieg im Derby beim großen Hamburger SV gab es endlich wieder einen Sieg für den Bundesliga-Absteiger.

Im "Hauswärtsspiel" in Lübeck, wohin die Partie wegen eines Bierbecherwurfes, der zum Abbruch des Spiels gegen Schalke 04 geführt hatte, verlegt werden musste, besiegten die Braun-Weißen den FC Ingolstadt mit 2:0.

"Millerntor-Atmosphäre an der Lohmühle"

Mehr als 10.000 Fans hatten die 65 Kilometer zwischen den Hansestädten angetreten und sorgten für "Millerntor-Atmosphäre auf der Lohmühle", wie Helmut Schulte die Stimmung beschrieb. Dass auch das Endergebnis passte, hob seine Stimmung zudem, auch wenn Schulte bei Weitem nicht vollends zufrieden war.

"Wir hatten Glück. Wir haben viel zu viele Chancen zugelassen. Ich bin erleichtert, aber weit davon entfernt, euphorisch zu sein", beschrieb der Ex-Trainer seine Gefühlslage. Schulte hob neben dem zweimaligen Torschützen Fabian Boll einen Neuzugang ganz besonders hervor: "Philipp Tschauner hat uns im Spiel gehalten." Kurz vor dem Pausenpfiff hatte der Keeper mit einer Glanzparade nach einem 18-Meter-Schuss von Andreas Görlitz seinen neuen Klub vor einem psychologischen ungünstigem Rückstand bewahrt. In Halbzeit zwei verzweifelten zunächst Caiuby und gleich dreimal Moritz Hartmann am glänzend aufgelegten ehemaligen Münchner "Löwen".

Ärger bei FCI-Manager Gärtner

"Einen davon muss man einfach machen", ärgerte sich Ingolstadts Manager Harald Gärtner über die vergebenen Chancen gegen den Club, bei dem er 2003/04 als Co-Trainer tätig gewesen war. Während die "Schanzer" ihre Chancen reihenweise ausließen, wartete man auf Torgelegenheiten auf Seiten der Gastgeber lange vergeblich. Trainer Andre Schubert hatte Charles Takyi als einzige Spitze aufgeboten. Auch wenn der 26 Jahre alte langjährige Spielgestalter erklärte, "mit der Position sehr zufrieden" zu sein, brachte er brachte er die Ingolstädter Abwehr in keiner Phase des Spiels in Gefahr.

Offensive hat noch Luft nach oben

Der "Kiezklub" scheint noch immer an dem Problem zu arbeiten, das ihn schon beim einjährigen Gastspiel in der Bundesliga verfolgte: Es fehlt an Stürmern. Marius Ebbers, der mit seinen 20 Treffern in der Spielzeit 2009/10 maßgeblichen Anteil am Aufstieg hatte, saß nach langer Verletzungszeit zwar auf der Bank. Ein Einsatz "ohne einen Tag Training" war Schubert aber zu riskant. Und Mahir Saglik, der zweite Angreifer im Kader, "hat noch Trainingsrückstand" und kam erst nach 76 Minuten, als alles gelaufen war.

Folgerichtig resultierte die Führung für die Hamburger aus einer Standardsituation. Fabian Boll verwandelte nach 51 Minuten einen von ihm selbst herausgeholten Freistoß aus 18 Metern. Als der dienstälteste Spieler in den Reihen des FC St. Pauli in der 69. Minute aus beinahe der selben Position die Kugel in den Winkel schlenzte, war die Partie entschieden. "Bisher bin ich in meiner Karriere wohl immer falsch eingesetzt worden", brachte sich der "Sechser" nach seinem Doppelpack nicht ganz ernst gemeint als Alternative im Angriff ins Gespräch.

Schuberts launischer Konter

Ein Angebot, dass ein nach dem Sieg zum Einstand sichtlich erleichterter Schubert ebenso launisch abschmetterte: "Er schießt aus Verzweiflung zwei Mal den Ball Richtung Tor und die Dinger sind drin. Das möchte ich nicht überbewerten." Er sei zunächst einmal "froh, dass ich mein erstes Spiel mit St. Pauli gegen einen guten und unangenehmen Gegener gewinnen konnte", erklärte der Ex-Paderborner. Die Bestandsaufnahme des Nachfolgers von St.-Pauli-Urgestein Holger Stanislawski fiel eher nüchtern aus. "Es wird eine ganz schwere Saison. Das haben wir heute gesehen", meinte er, und: "Es wird noch dauern, bis wir uns gefunden haben." Viel Zeit bleibt nicht. Am nächsten Spieltag geht's zum Mit-Absteiger Eintracht Frankfurt.

Aus Lübeck berichtet Jürgen Blöhs