Seit Saisonbeginn beim 1. FC Köln und schon absolute Führungsfigur: Dominick Drexler - © © imago / T-F-Foto
Seit Saisonbeginn beim 1. FC Köln und schon absolute Führungsfigur: Dominick Drexler - © © imago / T-F-Foto

Dominick Drexler vom 1. FC Köln: "Wir werden immer selbstbewusster"

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Köln - Der Saisonstart ist dem 1. FC Köln überzeugend gelungen. Im Interview mit bundesliga.de spricht Neuzugang Dominick Drexler über das ganz besondere Fluidum des Clubs, über die Arbeitsweise von Trainer Markus Anfang und über den besonderen Verlauf seiner eigenen Karriere.

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bundesliga.de: Herr Drexler, als gebürtiger Bonner dürfte die Eingewöhnung in Köln nicht allzu schwierig gewesen sein?

Dominick Drexler: Nein. Das war sie nicht. Ich hatte das Glück, dass ich mich in Köln gut auskenne. Und dazu kommt natürlich, dass ich das Trainerteam und Rafael Czichos bereits aus Kiel kenne. Die gesamte Mannschaft hat mich aber hervorragend aufgenommen, so ist das alles sehr schnell gegangen. Musste es auch - nach meiner Verpflichtung bis zum ersten Spiel blieben gerade einmal zwei Wochen Zeit.

bundesliga.de: Ist das Verhältnis zwischen Kölnern und Bonnern entspannter als etwa zwischen Kölnern und Düsseldorfern oder Kölnern und Leverkusenern?

Drexler: Deutlich! Die meisten meiner Freunde kommen aus Bonn und mehr als die Hälfte davon sind FC-Fans. Mag sein, dass dabei eine Rolle spielt, dass der Bonner SC nicht so hochklassig spielt. Auf jeden Fall schaut man als Bonner immer auf Köln und freut sich, dass man eine solche Stadt und einen solchen Verein in der nächsten Nähe hat.

bundesliga.de: Wie erleben Sie den FC? Ist der Club wirklich so "spürbar anders", wie er selbst für sich wirbt?

Drexler: Wenn man rund 30 Kilometer entfernt groß geworden ist, den Club eigentlich ein Leben lang vor der Nase und stets mitbekommen hat, welches Potenzial hier vorhanden ist, ist man einfach FC-geprägt. Mir fällt auch kein anderer Verein ein, bei dem ein aktueller Nationalspieler wie Jonas Hector und Leistungsträger wie Timo Horn, Marco Höger oder Marcel Risse mit in die 2. Bundesliga gegangen wären. Daran sieht man, welchen Stellenwert dieser Club gerade auch bei den Spielern aus der Region hat. Ungewöhnlich ist auch, dass man bei einem Zweitligaspiel in Bochum von 5.000 Fans, in Hamburg von 3.000 Fans unterstützt wird. Umso mehr haben wir die Pflicht, den Fans diesen Vorschuss mit guten Spielen und dominanten Auftritten zurückzuzahlen – gerade nach einer so schweren Saison wie der vergangenen.

Köln hat die Bundesliga im Blick

bundesliga.de: Kann diese Euphorie aber auch zur Last werden, weil die Spieler in Köln vielleicht über das normale Maß hinaus vereinnahmt werden?

Drexler: Ich selbst vermag das nach so kurzer Zeit noch nicht zu beantworten. Grundsätzlich ist es aber doch so, dass die Fans in jedem Verein einen gewissen Einfluss haben. Wenn es nicht läuft, entsteht da vielleicht eine Form von Druck. Als Spieler ist es aber auch unsere Aufgabe, damit umzugehen. Nehmen wir das Spiel gegen Aue: Da haben wir zwar Einiges von dem, was wir uns vorgenommen haben, umgesetzt, trotzdem war längst nicht alles perfekt. Aber die Fans sind ruhig geblieben und haben unseren Aufwand honoriert. Das wirkt sich positiv aus. Genauso wie ein mit 50.000 Fans besetztes Stadion: Das beeinflusst die Heimmannschaft, so kann man schon mal ein paar Kilometer mehr rausholen.

Voller Einsatz für den FC: Drexler im Zweikampf mit Unions Christopher Lenz - © DFL DEUTSCHE FUSSBALL LIGA / Alexander Scheuber

"Mir fällt kein anderer Verein ein, bei dem ein aktueller Nationalspieler wie Jonas Hector mit in die 2. Bundesliga gegangen wäre"

"Es kann Monate dauern, bis man das Spielsystsem verinnerlicht hat", sagt Dominick Drexler - © DFL DEUTSCHE FUSSBALL LIGA / Alexander Scheuber

bundesliga.de: Nach vier Spieltagen ist der FC Tabellenführer und hat auch die Aufgabe im Pokal eindrucksvoll erledigt. Danach sah es in der Vorbereitung gar nicht unbedingt aus...

Drexler: Das Spielsystem von Markus Anfang beinhaltet für die meisten von uns sehr viel Neues. So schieben sich zum Beispiel die Außenbahnspieler beim Presssing sehr hoch, und die Außenverteidiger stehen sehr eng. Da braucht es eine Zeitlang, bis man das verinnerlicht hat. Dieser Prozess kann über Monate, vielleicht sogar ein halbes Jahr dauern. Und trotz des geglückten Saisonstarts sind wir noch nicht soweit, dass es nicht doch mal passieren kann, dass man auf St. Pauli mit 0:2 in Rückstand gerät. Andererseits sind wir dann so dominant aufgetreten und haben uns so viele Torchancen herausgespielt, dass wir das Spiel noch in ein 5:3 drehen konnten. Das gelingt nicht vielen Teams auf St. Pauli.

Spielbericht: Kölns 5:3 gegen St. Pauli

bundesliga.de: Bei Holstein Kiel führte dieser Prozess innerhalb von zwei Jahren von der 3. Liga bis fast in die Bundesliga...

Drexler: Markus Anfang hat uns am vierten Spieltag in der 3. Liga übernommen. Auch damals lief in der Hinrunde längst nicht alles glatt. Knapp zwei Jahre später wären wir mit demselben Kader beinahe in die Bundesliga aufgestiegen. Es gab von Spiel zu Spiel eine Entwicklung, die auch beim FC dazu führen wird, dass wir immer selbstbewusster werden.

bundesliga.de: Das, was Sie für Holstein beschreiben, trifft auch auf Sie persönlich zu: Ihre zweite Saison in Kiel war deutlich besser als die erste. Können Sie mit 28, spät, aber längst nicht zu spät, Ihr Potenzial erstmals voll abrufen?

Drexler: Ich habe den Fußball, den ich heute spiele, auch schon mit 22 gespielt. Soll heißen: Ich schieße heute wahrscheinlich nicht öfter mit links als damals und ich erziele auch nicht häufiger Kopfballtore. Aber im Profi-Fußball spielen auch Komponenten eine Rolle, die man nicht beeinflussen kann. Zum Beispiel, dass man irgendwann im Laufe der Karriere auf einen Trainer trifft, der ein System spielen lässt, bei dem jeder einzelne Spieler besser wird – so wie alle Holstein-Spieler in den knapp zwei Jahren unter Markus Anfang besser geworden sind. Wir hatten uns in Kiel schließlich ein solches Selbstvertrauen erarbeitet, dass uns kaum noch etwas umwerfen konnte.

bundesliga.de: Gibt es Momente, in denen Sie überlegen, was möglich gewesen wäre, wenn Sie früher in Ihrer Karriere auf einen solchen Trainer getroffen wären?

Drexler: Ja. Diese Gedanken verwerfe ich aber meist relativ schnell wieder. Mit 28, beziehungsweise mit 26, als ich auf Markus Anfang getroffen bin, hatte ich das Spiel per se schon besser verstanden, als mit 20. Man lernt mit den Jahren nicht nur mehr Profi zu sein, gerade auch, was die Dinge abseits des Rasens betrifft. Man versteht auch viel besser, wie dieses Spiel gespielt wird. Das heißt, dass man zum Beispiel intuitiv weiß, wann es vielleicht besser ist, den Ball einen Tick länger zu behalten, wann es sinnvoll ist, das Spiel zu beruhigen, und so weiter. Und ich bin ganz sicher, dass es für mich genau richtig ist, dass ich jetzt, mit 28 zu einem so großen Club mit einem solchen Umfeld gekommen bin.

"Wir hatten uns in Kiel schließlich ein solches Selbstvertrauen erarbeitet, dass uns kaum noch etwas umwerfen konnte"

Video: Jonas Hector erzielt das Goal of the Season 2017/18

bundesliga.de: Es wirkt auch in diesem Gespräch so, als wären Sie ganz bei sich, ganz mit sich und Ihrer Karriere im Reinen?

Drexler: Natürlich gibt es Spieler, die vielleicht schon mit 20 im Profi-Kader eines großen Clubs gestanden haben. Manch einer ist jetzt vielleicht vereinslos. Den perfekten Weg gibt es wohl nicht. Ich bin aber mit dem Weg, den ich gegangen bin, sehr zufrieden. Denn so habe ich auch die harten Seiten des Geschäfts kennengelernt und weiß umso mehr zu schätzen, was ich heute habe.

bundesliga.de: Der Traum bei "Ihrem“ Verein spielen zu dürfen ist mit 28 in Erfüllung gegangen, welcher Traum bleibt Ihnen nun vielleicht noch?

Drexler: Das ist leicht: Der Traum, mit dem 1. FC Köln in die Bundesliga aufzusteigen und dort für den FC zu spielen. Deshalb habe ich einen Vierjahresvertrag unterschrieben. Und wenn jeder sein Ego ein kleines bisschen hintenanstellt, ist das notwendige Potenzial bei uns auf jeden Fall vorhanden. Wir wollen den 1. FC Köln wieder dorthin bringen, wo er auch hingehört, in die Bundesliga. Und wenn ich dazu meinen Teil beitragen kann, werde ich im kommenden Sommer wohl sehr viele Glücksgefühle genießen.

Das Gespräch führte Andreas Kötter