Christian Hochstätter war in der Bundesliga zuletzt Sportdirektor bei Hannover 96
Christian Hochstätter war in der Bundesliga zuletzt Sportdirektor bei Hannover 96

"Es wird schwer"

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Köln - Nachdem der FC Augsburg 2009 den Bundesliga-Aufstieg noch in der Relegation knapp verpasst hatte, haben die Schwaben mit Platz 2 in der 2. Bundesliga nun erstmals in ihrer Vereinsgeschichte den Sprung ins "Oberhaus" geschafft.

Im exklusiven Gespräch mit bundesliga.de analysiert Christian Hochstätter, gebürtiger Augsburger und ehemaliger Jugendspieler des FCA, die Chancen seines Heimatvereins, den Klassenerhalt in der Bundesliga zu schaffen.

bundesliga.de: Herr Hochstätter, der FC Augsburg ist erstmals in seiner Vereinsgeschichte in die Bundesliga aufgestiegen. Wie beurteilen Sie die Chancen der Augsburger in der ersten Bundesliga-Saison?

Christian Hochstätter: Dadurch, dass Augsburg zum ersten Mal in der Bundesliga spielt, wird das sicherlich eine große Herausforderung, der sich auch jeder bewusst sein wird. Auf der anderen Seite herrscht in der Stadt und im Verein wohl so viel Euphorie, dass zumindest im ersten Jahr das Lehrgeld wohl nicht zu groß werden und der FCA eine gute Rolle spielen können wird. Ich würde mir wünschen, dass sie den Klassenerhalt schaffen, aber klar ist auch, dass das schwer werden wird.

bundesliga.de: Wie denken Sie denn über den Kader der Schwaben?

Hochstätter: Da kann ich so nicht allzu viel zu sagen, weil ich in den letzten Wochen die Transferpolitik nicht so stark verfolgt habe und nicht weiß, wen sie geholt haben. Aber es sind ja einige Spieler im Kader, die schon Bundesliga-Erfahrung haben, wie zum Beispiel Simon Jentzsch oder Michael Thurk. Aber ich kenne Andreas Rettig ganz gut. Er weiß genau, was es braucht, um in der Bundesliga zu bestehen.

bundesliga.de: Geholt wurden hauptsächlich Spieler aus der 2. Bundesliga, unter anderem jedoch Sascha Mölders, der für den FSV Frankfurt 15 Mal getroffen hat. Auch Sebastian Langkamp vom Karlsruher SC, der mit 74 Prozent gewonnener Zweikämpfe einer der Besten in dieser Kategorie war. Haben diese Spieler das Potenzial, auch in der Bundesliga zu bestehen?

Hochstätter: Darüber zu urteilen, steht mir nicht zu. Das möchte ich auch gar nicht tun. Grundsätzlich ist es so, dass der Verein und die Stadt, wie ich eben sagte, viel Emotion einbringen wird, weil sie das erste Mal erstklassig spielen. Da wird der ein oder andere über sich hinaus wachsen, das steht für mich außer Frage. Auf der anderen Seite zeigen diese Transfers, dass der Verein durch den Aufstieg nicht den Verstand verliert, sondern sich aus meiner Sicht gezielt verstärkt und so auch das finanzielle Risiko dementsprechend bewertet. Wenn es nicht klappen sollte, wird sich das erste Jahr Bundesliga wahrscheinlich trotzdem für den Verein gerechnet haben.

bundesliga.de: Ist die Zusammenstellung im Team von Jos Luhukay mit alten Spielern wie eben Jentzsch und Thurk, aber auch mit den jungen wie einem Stephan Hain, genau die richtige?

Hochstätter: Sicherlich braucht man junge Leute, die unbelastet an eine solche Sache herangehen, aber die Jungen brauchen eben auch Führung. Und da sind die erfahrenen Spieler wichtig, die die Bundesliga, das Geschäft kennen. Aber die richtige Mischung aus beidem braucht nicht nur der FC Augsburg, das braucht jeder Verein. Dennoch muss man ganz klar sagen, dass in erster Linie die Qualität vorhanden sein muss. Wie hoch diese ist, wird sich dann im Laufe der Saison zeigen. Jetzt geht es nicht nur ein oder zwei Mal gegen einen Bundesligisten wie im Pokal. Jetzt geht es 34 Mal gegen einen Bundesligisten.

bundesliga.de: In der Saison 2009/10 stand Augsburg ja schon einmal mit einem Bein in der Bundesliga und scheiterte erst in der Relegation. Inwiefern hat vielleicht auch dieser Umstand zum Aufstieg in diesem Jahr geführt?

Hochstätter: Augsburg war diese Saison einer meiner absoluten Favoriten und der Verein ist auch zu Recht aufgestiegen. Auch in der Spielzeit davor hat die Mannschaft schon sehr gut gespielt, ist dann aber leider in der Relegation gescheitert. Dieses Jahr waren die Spieler also in der Entwicklung noch einen Schritt weiter, auch und besonders die jungen Spieler. Ich hoffe, dass der FCA mit dem Spielplan ein bisschen Glück hat und gut startet, so dass die Saison dann halbwegs normal läuft. Dabei darf man aber nicht vergessen, darüber bin ich mir bewusst, dass der FC Augsburg von der ersten Minute an gegen den Abstieg spielen wird.

bundesliga.de: Aber ein guter Saisonstart könnte dem schon entgegensteuern und wichtig für den weiteren Verlauf sein?

Hochstätter: Auf jeden Fall. Das hängt natürlich auch damit zusammen, welche Gegner sie zu Anfang bekommen. Ich wünsche mir jedenfalls nicht, dass sie in München bei den Bayern anfangen müssen, dann zuhause Leverkusen empfangen und danach nach Bremen müssen. Für den Verein und die Spieler wäre es sicherlich einfacher, wenn man die sogenannten einfachen Gegner am Anfang bekäme und über die Punkte ein bisschen Selbstvertrauen tanken könnte.

bundesliga.de: In der vergangenen Saison stellte der FCA die beste Defensive und den drittbesten Angriff. Wo werden in der kommenden Spielzeit die größeren Probleme auf die Mannschaft zukommen?

Hochstätter: Ich denke, dass die Abwehr sicherlich mehr gefordert sein wird als in der vergangenen Saison. Man muss nämlich davon ausgehen, dass die meisten Clubs gegen Augsburg das Spiel machen werden, so dass der FCA mehr in der Defensive sein wird als in der Offensive. Das muss aber kein Nachteil sein. Jos Luhukay ist taktisch gut geschult und wird wissen, wie er aus dem Konter spielen kann. Das kann im Endeffekt dann sogar ein Vorteil sein, auch weil von dem FCA als Aufsteiger niemand etwas Großartiges erwartet. Daher hat Augsburg in dieser Saison nichts zu verlieren.

Das Gespräch führte Gregor Nentwig