Felix Burmeister (l.) und Sebastian Hille sind nach Arminias Abstieg am Boden zerstört
Felix Burmeister (l.) und Sebastian Hille sind nach Arminias Abstieg am Boden zerstört

Drama deluxe

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Bielefeld - Nach nur einem Jahr in der 2. Liga muss Arminia Bielefeld den bitteren Gang zurück in die Drittklassigkeit antreten. Dabei war die Rettung zum Greifen nah - bis in der Nachspielzeit des Relegations-Rückspiels gegen Darmstadt 98 die Hoffnung auf den sicher geglaubten Klassenerhalt jäh zerstört wurde (Video-Spielbericht). Fassungslosigkeit und Entsetzen nach einer Achterbahnfahrt der Gefühle in einem dramatischen Saisonfinale.

Alles war vorbereitet für die große Party. Volles Haus auf der heimischen Alm, eine beeindruckende Fan-Choreographie und ein beruhigendes 3:1-Polster aus dem Relegations-Hinspiel. Eigentlich konnte nicht mehr viel schief gehen. Doch an diesem Abend nahm der Fußball-Wahnsinn seinen Lauf. Elton da Costas Treffer zum 4:2 für die "Lilien“ in der Nachspielzeit der Verlängerung besiegelte letztlich das Schicksal der Bielefelder, die mit der letzten Aktion des Spiels den Spieß sogar wieder gedreht hätten, wäre Arne Feick mit seinem Kopfball nicht am Pfosten gescheitert.  

Von Endspiel zu Endspiel

"So grausam kann Fußball sein. Das ist eine absolute Katastrophe. Wir sind wahnsinnig enttäuscht", sagte der verletzte Kapitän Manuel Hornig, der bei seinem Team vor allem den letzten Biss vermisst habe. Dabei standen die Vorzeichen für ein Happy-End mehr als gut. Bielefeld hatte sich im Saison-Endspurt laut Trainer Norbert Meier "von Endspiel zu Endspiel durchgespielt", um allerdings im entscheidenden Moment eine perfekte Ausgangsposition doch noch zu verspielen.

Mit einem Kraftakt hatten sich die  Schwarz-Weiß-Blauen am 34. Spieltag  in die Relegation gerettet und Dynamo Dresden zum direkten Absteiger gemacht. Im Abstiegs-Finale brauchten die Ostwestfalen an der Elbe unbedingt einen Sieg, um Dynamo von Platz 16 zu verdrängen. Dramatik pur: Die Gäste gingen in Unterzahl in Führung, dann Platzverweis gegen die Sachsen, Arminia erhöht auf 2:0. Dynamo schlägt zurück und gleicht zum 2:2 aus, doch Kacper Przybylko erzielt postwendend den 3:2-Siegtreffer (71. Minute), Bielefeld schafft es noch in Relegation, die trotz eines auswärts erzielten 3:1-Hinspielerfolgs in einem kollektiver Schockzustand enden sollte.

Zweiter Abstieg in Folge für Meier

"Wir hatten uns eine gute Ausgangsposition verschafft. Trotzdem habe ich vorher gewarnt. Bei aller Dramaturgie war es ein verdienter Sieg der Darmstädter, weil sie uns physisch überlegen waren. Vielleicht haben bei uns auch die Nerven ein wenig mitgespielt", sagte Norbert Meier, der nach 2013 (mit Bundesligist Fortuna Düsseldorf) den zweiten Abstieg in Folge als Trainer hinnehmen musste. Der 55-Jährige hatte den Traditionsverein nach der Entlassung von Stefan Krämer vor dem 23. Spieltag übernommen. Krämer hatte die Arminia im Jahr zuvor sensationell zurück in die 2. Bundesliga geführt und sich aus Verbundenheit sogar ein Vereinslogo auf die Brust tätowieren lassen.

Absturz von Platz 3 auf 17

Die Saison begann zunächst verheißungsvoll. Nach der Auftaktniederlage gegen Greuther Fürth (0:2) reichte es gegen Union Berlin zum ersten Punkt (1:1). Dem überraschenden Sieg im DFB-Pokal gegen Bundesligist Braunschweig ließ Bielefeld 13 Punkte aus sechs Spielen folgen. Vier Siege - gegen Düsseldorf, St. Pauli, Aue und Sandhausen - sowie ein Remis gegen Paderborn katapultierten die Ostwestfalen am 8. Spieltag bis auf Platz drei. Danach endete der Höhenflug. Mit sieben Niederlagen in Serie (dazu das Aus im Pokal in Leverkusen) folgte der Absturz auf Platz 17.

Sieben Punkte aus den folgenden vier Partien, darunter der überzeugende 4:1-Heimsieg gegen Fürth, sorgten wiederum für etwas Entlastung. Bielefeld überwinterte als 15. auf einem Nichtabstiegsplatz. Zwei weitere schwache Spiele - 0:4 in Paderborn und 0:2 gegen Mitkonkurrent Ingolstadt - kosteten Trainer Krämer schließlich doch den Job.  Norbert Meier übernahm und startete mit einer 0:2-Niederlage gegen seinen ehemaligen Verein Fortuna Düsseldorf. Dem Sieg gegen Aue folgte eine weitere Durststrecke von lediglich drei Punkten (drei Unentschieden) aus sieben Spielen. Immerhin gelang es, die Abwehr der bisherigen Schießbude der Liga (44 Gegentore nach 22 Runden) zu stabilisieren.

Drei Spieltage vor Schluss lag Bielefeld noch drei Punkte hinter dem Relegationsrang. Hoffnung macht das tolle 4:1 in Bochum am 32. Spieltag. Doch eine Woche später kommen die Arminen nicht über ein 0:0 gegen den FSV Frankfurt hinaus, wodurch sie am letzten Spieltag in Dresden zum Siegen verdammt waren.

Aufbruchsstimmung für den Neubeginn

Zum dritten Mal geht es nun runter in die Drittklassigkeit. Die sieben Abstiege aus der 1. Liga dazu genommen, ist Bielefeld neuer Rekordabsteiger im deutschen Profifußball. Besonders bitter: Während Lokalrivale SC Paderborn als Aufsteiger die große Fußballbühne betritt, muss Bielefeld in den Niederungen der 3. Liga wieder von vorne anfangen.

"Wir sind alle sprachlos, aber es muss ja trotzdem weitergehen. Wir müssen jetzt eine Aufbruchsstimmung und eine Jetzt-erst-recht- Mentalität erzeugen, um mit Rückenwind in die Zukunft zu gehen", gibt Geschäftsführer Marcus Uhlig die Richtung vor. Und dass ein solcher Neubeginn gelingen kann, hat der "Fahrstuhlclub"  in der Vergangenheit schon mehrfach bewiesen.

Markus Hoffmann