Wolfgang Wolf trat Anfang Dezember die Nachfolge von Peter Vollmann an
Wolfgang Wolf trat Anfang Dezember die Nachfolge von Peter Vollmann an

"Das werden wir abstellen..."

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Rostock - Mit dem 2:2 gegen Dynamo Dresden punktete der FC Hansa erstmals im zweiten Spiel der Ära Wolfgang Wolf. Obwohl die Punkteteilung unter dem Strich gerecht war, sahen die Rostocker vor allem die zwei verlorenen Zähler.

"Wir sind jetzt alle am Boden", machte Offensivspieler Tino Semmer nach Abpfiff keinen Hehl aus seiner Enttäuschung. Ziel der Hansa-"Kogge" sei es gewesen, mit einem Sieg über den Strich zu kommen, der die Relegations- und Abstiegsplätze markiert: "Durch das späte Gegentor ist das Unentschieden eine gefühlte Niederlage."

Überwintern auf einem Abstiegsplatz

Durch den Ausgleich von Dresdens Mickael Poté in der Nachspielzeit endeten die beiden vor der Winterpause ausgetragenen Partien der Rückrunde wie die Hinspiele: Mit einer Niederlage gegen Paderborn und einem Remis gegen Dresden. Mit dem entscheidenden Unterschied, dass die Ostseestädter inzwischen verzweifelt jeden Punkt brauchen. Durch das Unentschieden gegen die Sachsen heißt es jetzt: Überwintern auf Rang 17, punktgleich mit Schlusslicht KSC.

Für Semmer war die Partie nicht nur wegen der zweimaligen Hansa-Führung, die jeweils lange Bestand hatte und dann doch ausgeglichen wurde, ein Wechselbad der Gefühle: Beim 1:0 durch Marcel Schied, nur 31 Sekunden nach Anpfiff, gab der Angreifer die Vorlage, dafür verschuldete der 26-Jährige zwei Minuten vor dem Seitenwechsel den Elfmeter, der Dresden den Ausgleich ermöglichte. Der Strafstoß so kurz vor der Pause sei sehr bitter gewesen, so Semmer, denn "aus meiner Sicht war es kein Foul."

Wolf kritisiert - und lobt

Sein neuer Trainer Wolfgang Wolf allerdings fand, dass das 1:1 zu diesem Zeitpunkt "hochverdient für Dresden" war. Der 54-Jährige kritisierte seine Elf mit deutlichen Worten: "Nach 15 Minuten haben wir aufgehört Fußball zu spielen." Wolf erläuterte: "Wir sind nicht mehr nachgerückt, haben Dresden ins Spiel kommen lassen und um den Ausgleich gebettelt."

Der gebürtige Pfälzer, der 2004 den 1. FC Nürnberg in die Bundesliga geführt hatte, sah aber auch Positives. In der zweiten Halbzeit habe sich Hansa neu sortiert: "Die Mannschaft hat da vieles richtig gemacht: Gut zurückgekommen, das 2:1 schön herausgespielt." Das Gegentor in der Nachspielzeit sei dann "dumm" gewesen, "da muss meine Mannschaft sich viel cleverer anstellen." Der ehemalige Bundesligaspieler (308 Partien für Kaiserslautern und die Stuttgarter Kickers) ist dennoch zuversichtlich, dass es sein Team in vergleichbaren Situationen zukünftig besser macht: "Das werden wir im neuen Jahr abstellen."

Vor allem im Sturm klemmt es

Schon jetzt ist spürbar, dass der frühere Defensivspezialist die "Hansa-Kogge" insgesamt kompakter gemacht hat. Gegen Dresden wusste vor allem die junge "Doppel-Sechs" aus Robert Müller und Michael Blum zu gefallen. Doch auch Wolf weiß, dass sich 2012 noch vieles verbessern muss: "Unser Plan ist, dann noch kompakter zu stehen, noch besser im Mittelfeld spielen, besser nach vorne spielen."

Semmers Vorlage zum 1:0 war der erste Assist des flinken Stürmers in dieser Saison, selbst getroffen hat er nur ein Mal - am 1. Spieltag. Bei den Offensivkollegen Marcel Schied (2 Tore, 0 Vorlagen), Tobias Jänicke (2/2), Björn Ziegenbein (1/0) und Nachwuchshoffnung Lucas Albrecht (1/1) sieht es ähnlich mager aus. Insgesamt erzielte Hansa erst 13 Treffer - Liga-Tiefstwert. Deswegen ist Wolf und Manager Stefan Beinlich klar, dass im Winter vor allem offensiv nachgelegt werden muss, um den Abstieg zu vermeiden. "Wir wollen die eine oder andere Neuverpflichtung hinbekommen, mit der wir vorne besser den Ball halten können", erläuterte Wolf.

Neuer Angreifer im Winter?

Am besten sollte also ein klassischer Wandspieler her, "wir arbeiten mit Hochdruck unsere Liste ab", macht Wolf den Hansa-Fans Hoffnung. "Letztendlich wird man sehen, was Stefan Beinlich hinbekommt - schauen wir mal, was unter dem Weihnachtsbaum liegt."

Für Hoffnung sorgt indes Marek Mintal. Zwar markierte auch der Slowake gegen Dresden erst seinen zweiten Saisontreffer. Aber der Top-Transfer des Sommers war zwischenzeitlich lange verletzt. Beim Tor zum 2:1 bewies das "Phantom", dass es wieder auf dem Weg zu alter Stärke ist.

So paradox es klingt: Noch mehr Hoffnung macht den Rostockern der Blick auf die Tabelle. Bis zum rettenden Ufer sind es nur zwei Punkte. Verloren ist also noch nichts. Deswegen freut sich Tino Semmer jetzt auf die zwei spiel- und trainingsfreien Wochen: "Die sind wichtig für die Mannschaft", um "einfach vom Kopf her mal abzuschalten, mal alles zu vergessen." Die Devise bis zum Trainingsauftakt am 4. Januar laute: "Kräfte sammeln für die Rückrunde, wo wir alle über uns hinauswachsen müssen, um den Klassenerhalt zu schaffen."

Aus Rostock berichtet Andre Anchuelo