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Dirk Schuster gelang mit Darmstadt 98 der Aufstieg in die 2. Bundesliga
Dirk Schuster gelang mit Darmstadt 98 der Aufstieg in die 2. Bundesliga

Schuster: "Ich würde lieber auswärts starten"

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Darmstadt - Der Aufstieg des SV Darmstadt 98 in die 2. Bundesliga hat etwas von einem modernen Fußball-Märchen. Schließlich durften die Lilien im Vorjahr nur wegen des Lizenzentzugs von Kickers Offenbach überhaupt weiter in der 3. Liga spielen. Im Interview mit bundesliga.de spricht Trainer Dirk Schuster über dieses kleine Fußball-Wunder und über das entscheidende Relegationsspiel bei Arminia Bielefeld, er erklärt seinen Topstürmer Dominik Stroh-Engel und verrät, warum er sich auf die Vorstellung des neuen Spielplans (Di, im Livestream auf bundesliga.de) freut.

bundesliga.de: Herr Schuster, am Dienstag erscheint der Spielplan für die neue Saison in der 2. Bundesliga: Haben Sie einen Wunschgegner zum Start und wäre Ihnen ein Heimspiel lieber als auswärts zu beginnen?

Dirk Schuster: In Anbetracht der Situation rund um unser Stadion - in Kürze wird eine Rasenheizung eingebaut und ein neuer Rollrasen verlegt - wäre es mir beinahe lieber auswärts zu starten. Zwar soll alles bis zum Saisonstart fertig sein. Wenn das aber mal nicht klappen sollte, kämen wir arg in die Bredouille und müssten unser Heimspiel ins Stadion des FSV Frankfurt verlegen. Das wollen wir unbedingt vermeiden.

bundesliga.de: Welche Spiele werden ganz besondere Highlights für die Lilien?

Schuster: Für uns werden viele, wenn nicht alle Spiele Highlights. Wenn ich mir das heute schon einmal ausmale, wie es sein wird, in den Fußballtempeln der 2. Bundesliga (Stadion-Guide) zu spielen, ob nun in Kaiserlautern, in Nürnberg, in Bochum oder auf St. Pauli, komme ich aus dem Schwärmen kaum heraus. Auch das Duell gegen den KSC wird natürlich ein Fest. Und Teams wie Sandhausen oder Aalen mögen nicht den ganz großen Klang wie etwa Kaiserslautern haben, aber auch diese Teams verfügen über große Qualität und machen jedes Spiel für uns besonders. Überhaupt: Dass wir jetzt zu den 36 besten Teams in Deutschland gehören, ist einfach unglaublich! Und jetzt wollen wir die anderen nach Möglichkeit richtig ärgern (lacht).

bundesliga.de: In nur zwölf Monaten von der vierten Liga in die 2. Bundesliga, der Aufstieg von Darmstadt 98 scheint rekordverdächtig...

Schuster: Ich glaube, dass es so etwas tatsächlich noch nicht allzu oft gegeben hat - auch wenn es der Tatsache geschuldet ist, dass wir nachträglich nur wegen des Lizenzentzugs der Offenbacher Kickers in der 3. Liga bleiben durften.

bundesliga.de: Mit welcher Zielsetzung sind Sie dann zunächst in die Saison gegangen?

Schuster: Unsere Zielsetzung war, so schnell wie möglich 40 Punkte zu holen, um nicht erneut über einen längeren Zeitraum der Musik hinterher laufen zu müssen.

bundesliga.de: Und wann hatten Sie das erste Mal das Gefühl, dass sich in Darmstadt ein kleines Fußballwunder ereignen könnte?

Schuster: Ein erster Knackpunkt war sicherlich der 4:2-Sieg am 4. Spieltag in Unterhaching. Dank einer Serie sind wir dann recht schnell ins obere Drittel der Tabelle und bis zum Winter sogar auf Platz 3 gespült worden. Dennoch war es zu diesem Zeitpunkt gewiss nicht unsere Zielsetzung bis zum Saisonende dort oben zu bleiben. Vielmehr wollten wir weiter nur von Woche zu Woche schauen, möglichst oft drei Punkte holen und so einige der zuvor höher gehandelten Teams auf Distanz halten. Und diese Punkte haben sich am Ende ganz schön summiert (lacht).

bundesliga.de: Nach dem 1:3 zuhause gegen Arminia Bielefeld war die Relegation (Sonderseite) eigentlich bereits entschieden. Was hat Ihnen den Glauben gegeben es doch noch schaffen zu können, und wie haben Sie diesen Glauben Ihrer Mannschaft vermittelt?

Schuster: Wir haben im verlorenen Heimspiel dennoch eine sehr ordentliche Leistung geboten, waren den Bielefeldern nur in Sachen Cleverness und Effizienz vor dem Tor unterlegen. Würde man aber aus einem Video dieses Spiels die vier Tore herausschneiden, käme wohl jeder Zuschauer zu dem Schluss, dass sich hier zwei Teams absolut auf Augenhöhe begegnet sind. Bloß hat Bielefeld hat aus vier Chancen drei Tore gemacht, und das muss man anerkennen. Neben dem Bewusstsein, eine ordentliche Leistung gezeigt zu haben, konnte ich meiner Mannschaft fürs Rückspiel aber noch etwas mit auf den Weg geben. Denn ich hatte eine solche Situation in Karlsruhe als Spieler selbst schon einmal erlebt.

bundesliga.de: Im UEFA-Pokal gegen Kopenhagen...

Schuster: Exakt. Damals hatten wir bei Bröndby mit 3:1 gewonnen, und das Rückspiel schien nur noch eine Formalität zu sein. Von wegen! Im Wildpark haben wir 0:5 einen auf die Batterie bekommen! Das habe ich der Mannschaft eindringlich wiederholt erzählt. Zudem war das Spiel in Bielefeld für uns das letzte in dieser Zusammensetzung. Also wollten wir alle Fußball-Deutschland noch einmal zeigen, wo Darmstadt auf der Landkarte zu finden ist. Und drittens hat uns die in Bielefeld bereits ausgebrochene Feierstimmung ein wenig gestört, denn dort hatte man beinahe schon den roten Teppich für die Arminia ausgelegt. Wir aber wollten nicht nur Beiwerk, sondern möglichst Party-Crasher sein. Und das ist uns ganz gut gelungen.

bundesliga.de: Trotzdem dürfte das Ziel für die kommende Saison erneut "nur" Klassenerhalt lauten?

Schuster: Alles andere verbietet sich von selbst! Wir müssen die Kirche im Dorf lassen. Wenn es uns gelingen sollte, am Ende drei Teams hinter uns zu lassen, hätten wir erneut Großes vollbracht. Für uns geht es vom ersten Spieltag an um nichts anderes als um den Klassenerhalt.

bundesliga.de: Wie sehr bedauern Sie es, dass von denen, die dieses Fußball-Wunder vollbracht haben, einige in der neuen Saison nicht mehr dabei sein werden, wie Jan Zimmermann oder Elton da Costa?

Schuster: Ich sehe es nicht so, dass vermehrt gerade diejenigen gehen, die den Aufstieg ermöglicht haben. Schaut man sich die Statistik genau an, wird man sehen, dass wir fast immer mit denselben 13, 14, 15 Leuten gespielt haben. Wenn man davon zwölf für die 2. Bundesliga halten kann, kann man kaum von Fluktuation sprechen. Die Verträge dieser Spieler wurden schon lange vor Ende der Runde verlängert, weil wir schon damals von ihnen überzeugt waren und es auch heute noch sind. Die Spieler, die uns verlassen haben - Ausnahme Jan Zimmermann, der aus freien Stücken nach Heidenheim wollte - sind allesamt Spieler, die in der vergangenen Saison doch etwas hinten dran waren.

bundesliga.de: Mit Christian Wetklo aus Mainz als Ersatz für Zimmermann haben Sie einen sehr erfahrenen Keeper geholt. Auch weil Ihr Torwart-Trainer, der ehemalige Mainzer Dimo Wache, Wetklo empfohlen hat?

Schuster: Vom Torwartspiel habe ich keine Ahnung (lacht), aber Dimo ist ein absoluter Fachmann, der selbst lange genug auf sehr hohem Niveau gespielt hat. Er genießt unser absolutes Vertrauen, hat viele Kandidaten gesichtet und uns letztlich Christian Wetklo und den jungen Christian Mathenia, ebenfalls aus Mainz, empfohlen. Beide haben große Qualität, und wer am ersten Spieltag im Tor stehen wird, entscheiden sie selbst über ihre Trainingsleistungen.

bundesliga.de: Können Sie bitte auch das Phänomen Dominik Stroh-Engel erklären, den Sie in seinem doch schon fortgeschrittenen Fußballer-Alter von einem ordentlichen Stürmer zu einem echten Goalgetter gemacht haben?

Schuster: Dominik ist ein Wohlfühl-Spieler, der das Vertrauen seines Trainers spüren muss. Er muss wissen, dass er ebenso eine Rolle für die Mannschaft spielt, wenn es für ihn einmal nicht so gut läuft, wie dann, wenn er trifft. Ist das gegeben, funktioniert er. Und "funktionieren" heißt bei Dominik, dass er nicht nur ein ausgewöhnlich guter Fußballer für seine Körpergröße ist - technisch und taktisch gut ausgebildet - sondern, dass er für die Mannschaft auch sehr viel arbeitet. Er ist bei gegnerischem Ballbesitz, unser erster Verteidiger...

bundesliga.de: ...und Tore schießt er auch noch...

Schuster: ...und er hat einen sensationellen Abschluss. Vor dem Tor ist Dominik so eiskalt wie ein Eisschrank. Auch als es zu Saisonbeginn nicht ganz so lief und im Umfeld Zweifel aufkamen, haben wir ihm in Einzelgesprächen immer wieder vermittelt: "Du bist weiter unser Mann, Du bist unser Stürmer Nummer eins, auch dann, wenn du mal ein paar Spiele lang nicht triffst!" Beim schon angesprochenen 4:2 in Unterhaching hat Dominik dann gleich dreimal eingenetzt. Und ab da ging es immer weiter, bis er schließlich mit 27 Treffern einen neuen Drittliga-Rekord aufgestellt hat.

bundesliga.de: Lassen Sie uns auch noch ein wenig über Sie persönlich sprechen. Sie wirken so fit, dass Sie wohl auch noch den Spielertrainer geben könnten...

Schuster: Das Tempo im heutigen Fußball könnte ich niemals mithalten, von der Fitness her geht es aber tatsächlich noch einigermaßen. Am Spieltag laufen mein Co-Trainer und ich morgens immer gemeinsam...

bundesliga.de: ...zum Flughafen, wenn einer in der Nähe ist, oder zu einer anderen Sehenswürdigkeit, wie man lesen konnte...

Schuster: Genau. Wir achten darauf, dass es immer um die zwölf bis fünfzehn Kilometer sind, die wir absolvieren. Mehr geht am Spieltag nicht, sonst müssten wir schon morgens früh um fünf loslaufen. Kräftemäßig wäre das aber kein Problem. Denn hin und wieder laufe ich auch noch einen Marathon.

Das Gespräch führte Andreas Kötter