FCN-Coach Gertjan Verbeek hat bei den Franken sichtliche Veränderungen vorgenommen. Vor allem... (© Imago)
FCN-Coach Gertjan Verbeek hat bei den Franken sichtliche Veränderungen vorgenommen. Vor allem... (© Imago)

Verbeeks FCN: Verbessert, aber sieglos

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München - In der Regel erhofft man sich von einem Trainerwechsel kurzfristigen Umschwung und vor allem schnelle Ergebnisse. Nürnbergs neuer Coach Gertjan Verbeek holte nach drei Partien zwar nur einen mageren Punkt, bewegt hat er bei den Franken jedoch schon eine Menge.

Unter Verbeek läuft Nürnberg sieben Kilometer mehr

"Nach 25 Minuten habe ich gehofft, dass wir nur mit einem 0:1-Rückstand in die Pause gehen", sagte Lucien Favre nach dem 3:1-Erfolg über die Franken. Gladbachs Coach hat der forsche Aufritt der Gäste "nicht überrascht", Fohlen-Profi Granit Xhaka sprach dem Gegner ein "Riesenkompliment" aus. Nürnberg dominierte in der ersten Halbzeit das Spielgeschehen, das Resultat einer taktischen Neuausrichtung. Der Auftritt beim Tabellen-Vierten vermittelte einen ersten Eindruck davon, wo die Reise mit dem Niederländer hingehen könnte.



Verbeek sitzt zwar erst seit drei Wochen auf der "Club"-Trainerbank, setzte jedoch schon erste Duftmarken. Gegen Gladbach offenbarte sich Plan des neuen Coaches eindrucksvoll. Die Franken schafften es als krisengebeutelter Tabellenletzter, enorm heimstarke Borussen 60 Minuten lang in allen Belangen zu beherrschen. Ein Grund für diese sichtbare Leistungssteigerung erscheint auf dem ersten Blick relativ simpel: Der Niederländer animierte seine Zöglinge schlicht dazu mehr Kilometer abzuspulen. Im Schnitt legten die Franken unter Verbeek 123,7 Kilometer zurück, vor seinem Engagement waren es dagegen nur 116 Kilometer.

Neben der erhöhten Laufleistung drehte Verbeek im taktischen Bereich an den richtigen Stellschrauben. Auffällig hoch verteidigten die Nürnberger beim VfL, pressten früh und erzwangen somit immer wieder gegnerische Ballverluste. Im Schnitt waren die FCN-Profis 40,6 Meter von der eigenen Torauslinie entfernt, an den ersten neun Spieltagen lag dieser Wert gerade einmal bei 36 Metern. "Wenn wir zu viel nach hinten laufen, ist das nicht gut für diese Mannschaft", begründete der Niederländer diese Maßnahme und lässt deshalb seine Elf lieber in der gegnerischen Hälfte verteidigen, als in der eigenen.

Nürnberg geht die Puste aus



Die neue offensive Spielausrichtung ist Manager Martin Bader nicht entgangen: "Wir sehen, was Gertjan Verbeek vor hat. Wir spielen ganz anderen Fußball, versuchen vorne unser Heil zu suchen". War der FCN-Fußball in den letzten Jahren unter Trainern wie Dieter Hecking oder Michael Wiesinger auf Kontrolle und Reaktion ausgelegt, zeigten die Nürnberger daheim gegen Freiburg und in Gladbach ein ganz anderes Gesicht.

Das Team spielte forsch und zielstrebig nach vorne, gab im Schnitt 15 Torschüsse ab - das sind fünf mehr als an den ersten neun Spieltagen. Sturmspitze Josip Drmic profitiert davon enorm. Er hat ohnehin Stürmerkollege Daniel Ginczek, der zwischenzeitlich verletzt ausfiel, den Rang abgelaufen. Der Schweizer traf in dieser Saison im Schnitt mit jedem dritten Torschuss, hat bereits fünf Treffer auf dem Konto. Mit der offensiveren Marschroute wird Drmic noch mehr gesucht und direkter angespielt.

Der Vollgas-Fussball hat allerdings auch seine Schattenseiten. So ging dem FCN vor allem gegen Freiburg und Gladbach nach 60 bis 70 Minuten die Puste aus. "Nürnberg hat in der ersten Halbzeit sehr gut gespielt, aber das konnten sich nicht über 90 Minuten durchhalten", resümierte Favre. Erschwerend kommt hinzu, dass die Torausbeute in den Drangphasen einfach zu gering ausfiel. Nur zwei Treffer erzielte der FCN in den Spielen gegen Stuttgart, Freiburg und Gladbach insgesamt.

"Das Ergebnis ist negativ, aber der Prozess stimmt zufrieden"



Dass der Club sich jedoch überhaupt Chancen herausspielt, ist ein großer Verdienst des neuen Übungsleiters. Verbeeck hat beim "Club" etwas bewegt, nur der Ertrag stimmt noch nicht. "Das Ergebnis ist negativ, aber der Prozess stimmt zufrieden", schaut der Niederländer optimistisch nach vorne.
Seine Spieler sehen das genauso. "Das Blatt wird sich schon irgendwann wenden. Zum Aufgeben ist es zu früh", so Emanuel Pogatetz.

Von Frust ist also nichts zu spüren. Das Punktekonto ist zwar fast noch blank, allerdings haben die Nürnberger wichtige Bausteine hinzugewonnen: Mehr Kilometer fressen und mit Selbstvertrauen eine offensivere Spielphilosophie wagen. Werden die positiven Ansätze bestätigt, die konditionellen Schwächen ausgemerzt und die Chancen kaltschnäuziger genutzt, wird sich Verbeeks Handschrift bald auch in den Ergebnissen widerspiegeln.

Yannik Schmidt