Bastian Schweinsteiger brach sich nach einem Zweikampf mit Neapels Gökhan Inler das Schlüsselbein...
Bastian Schweinsteiger brach sich nach einem Zweikampf mit Neapels Gökhan Inler das Schlüsselbein...

Unersetzlich - oder "Glück im Unglück"?

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München - Nachdem Mario Gomez beim spektakulären 3:2-Sieg gegen den SSC Neapel alle drei Treffer erzielt hatte, waren sämtliche Scheinwerfer schon auf den Bayern-Torjäger gerichtet. Es sollte eigentlich der Abend des Nationalstürmers sein - doch sein Hattrick wurde am Ende von einem anderen Ereignis überlagert, auf das die Münchner gerne verzichtet hätten.

Es lief die 51. Spielminute, als Bastian Schweinsteiger nach einem Zweikampf mit Neapels Gökhan Inler mit schmerzverzerrtem Gesicht auf dem Rasen lag und sich die Schulter hielt. Auf einer Trage wurde Bayerns Mittelfeld-Chef abtransportiert und sofort ins Krankenhaus gebracht, wo ein Schlüsselbeinbruch diagnostiziert wurde. Sechs Wochen lang wird Schweinsteiger fehlen, die Hinrunde dürfte damit gelaufen sein.

"Schwer, Schweinsteigers Ausfall zu kompensieren"

Doch wie schwer wiegt der Ausfall des 27-Jährigen - und wer kann in seine Rolle schlüpfen? bundesliga.de hat Bayern-Experte Thomas Helmer befragt und blickt auf die Leistungsdaten von Schweinsteiger und seinen möglichen Ersatzleuten.

Nachdem er in der vergangenen Spielzeit - wie die meisten seiner Mitspieler beim FC Bayern - nicht an die überragende Saison 2009/2010 anknüpfen konnte, kam Schweinsteiger auch in den ersten beiden Spieltagen der aktuellen Saison nur schwer in Tritt. Als am 3. Spieltag der HSV zu Gast in der Allianz Arena war, platzte jedoch der Knoten - und seit dem 5:0-Sieg ist der Bayern-Star wieder die unumstrittene Schaltzentrale in einer reibungslosen Bayern-Maschinerie.

So stark spielte Schweinsteiger auf, dass Ex-Bayern-Profi Thomas Helmer ihn als unverzichtbar einschätzt. "Eigentlich können die Bayern seinen Ausfall nicht kompensieren. In der Form, in der er zuletzt gespielt hat, ist das nur schwer möglich. Nicht nur, weil er spielerisch fehlt, sondern auch die Schaltzentrale, die Persönlichkeit bei den Bayern ist."

Unumstrittener Chef im Mittelfeld

Ein Blick auf die Leistungsdaten unterstreicht die Einschätzung des Sport1-Experten: Im Bayern-Team hat Schweinsteiger die meisten Ballkontakte (102 pro 90 Minuten), führt die meisten Zweikämpfe (davon 54 Prozent gewonnen) und war an fünf Toren beteiligt (zwei Treffer, drei Torvorlagen). In anderen Worten: So komplett wie der 27-Jährige ist kein anderer Mittelfeldspieler des Rekordmeisters, wenn nicht sogar der ganzen Liga.

Dennoch glaubt Helmer nicht, dass der Leistungsabfall der Münchner gegen Neapel in der zweiten Hälfte ursächlich mit der Verletzung des Bayern-Stars zusammenhängt. "Dass die Bayern nachgelassen haben, lag aber nicht unbedingt an Schweinsteigers Ausfall. Es ist mir auch schon in der Bundesliga aufgefallen, dass sie nachlassen, wenn sie zur Pause hoch führen."

"Glück im Unglück" nennt Helmer den Umstand, dass Schweinsteigers Verletzung zum jetzigen Zeitpunkt passierte - und nicht, wenn die Saison in die entscheidende Phase tritt. "Das Achtelfinale in der Champions League erreichen die Bayern auf jeden Fall und auch im DFB-Pokal in Bochum haben sie gute Chancen. Der größte Wermutstropfen ist das Spiel gegen Dortmund in der Meisterschaft, da wird Schweinsteiger sicher fehlen."

Die Suche nach dem besten Ersatz

Als möglichen Ersatzkandidaten bieten sich Anatoliy Tymoshchuk, Luiz Gustavo und Toni Kroos an - und für Helmer haben alle drei ihre Vorzüge, ohne jedoch die Rolle komplett ausfüllen zu können. "Tymoshchuk ist eher der Arbeiter, fußballerisch kann Toni Kroos sicher die Rolle am besten ausfüllen - aber auch Luiz Gustavo müsste es können. Ich glaube, dass die Bayern immer noch genügend Möglichkeiten haben. Und wenn eine Lösung nicht funktioniert, dann haben sie immer noch Alternativen parat."

Die Statistik weist Toni Kroos als "Ideallösung" auf der Schweinsteiger-Position aus: Als Ballverteiler kommt der 21-Jährige, der die defensivere Rolle in der Nationalmannschaft schon öfter spielte, seinem Pendant am nächsten. Kroos ist deutlich kreativer als die "Abräumer" Luiz Gustavo und Tymoshchuk und bereitete wesentlich mehr Torschüsse vor - natürlich auch bedingt durch die offensivere Rolle.

Alaba wohl noch zu "grün"

Zudem hat Kroos zumindest am Boden eine solide Zweikampfstärke und hier Vorteile vor David Alaba, der ebenfalls als "Sechser" fungieren könnte. In Hoffenheim tat dies der Österreicher schon, doch mangels Passsicherheit ist Alaba wohl eher ein Mann für die offensive Außenbahn.

Sollte Kroos also die Schweinsteiger-Rolle übernehmen, müsste Trainer Jupp Heynckes auch seine Offensive umbauen. Thomas Müller könnte dann ins zentrale offensive Mittelfeld rücken, wo er mehr Torgefahr als über die rechte Seite entwickelt - immer vorausgesetzt "Dauerpatient" Arjen Robben kehrt noch vor dem Hinrundenende zurück. Zudem sind auch David Alaba, Ivica Olic und Nils Petersen Alternativen in der Offensive. Mario Gomez ist von der Rotation am wenigsten betroffen - und bei seiner nächsten Gala hätte er auch wieder die ungeteilte Aufmerksamkeit.

Johannes Fischer