Dem FC Bayern München gelingt dank der guten Offensive um Thomas Müller (l.) und Arjen Robben gegen Hertha BSC der erste Auswärtssieg der Bundesliga-Rückrunde
Dem FC Bayern München gelingt dank der guten Offensive um Thomas Müller (l.) und Arjen Robben gegen Hertha BSC der erste Auswärtssieg der Bundesliga-Rückrunde

Tanz auf drei Hochzeiten

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Berlin - "Klar kann man damit leben", reagierte ein blendend gelaunter Jerome Boateng auf die Frage, warum der FC Bayern München nach dem 7:1 gegen Hoffenheim und dem 7:0 in der Champions League gegen den FC Basel beim abstiegsbedrohten Hertha BSC "nur" sechs Treffer erzielt hat.

Mischung aus van Gaal und Heynckes

Das wichtigste sei auch nicht die Höhe des Resultats gewesen, sondern dass "wir allen gezeigt haben, dass wir als Mannschaft funktionieren."



Das stellte der deutsche Rekordmeister beim in der Hauptstadt in allen Belangen unter Beweis. Fast 70 Prozent Ballbesitz erinnerten an die Philosophie von Louis van Gaal, den Ballbesitz in Offensiv-Aktionen umsetzen statt rein ergebnisorientiert zu spielen, ist die Handschrift von Nachfolger Jupp Heynckes.

Auch die Frage Arjen Robben oder Thomas Müller auf der rechten Außenbahn mit Toni Kroos in der zentralen Position oder Kroos für Robben rechts und Müller zentraler wurde an diesem Samstagabend beantwortet: Es gibt kein Oder, es funktioniert auch, wenn alle drei auf dem Platz sind.

"Robbery" nicht zu bremsen



Franck Ribery und Robben beackerten die Außenbahnen, Kroos führte Regie und Müller suchte sich seinen Raum, von dem es bei Mario Gomez als alleiniger Spitzte ja genügend gibt. Und drängte Robben in die Mitte, besetzte Müller die Außenposition.

"Ich hatte meine Jungs vor den gefährlichen Münchner Außen gewarnt", musste Otto Rehhagel hilflos mit ansehen, wie "Robbery" nach Belieben schalten und walten konnten - und wenn sie mal gedoppelt waren, sprangen Kroos und Müller in die Bresche oder aber Philipp Lahm, der sich auf der rechten Seite offensichtlich doch wohler fühlt, schaltete sich ins Angriffsspiel ein.

"Ergebnis harter Arbeit"



Scheinbar spielerisch leicht filetierten die Bayern die Gastgeber, doch man solle sich da nicht täuschen. "Natürlich fällt vieles leichter, wenn man schnell 3:0 vorn liegt", gibt Kroos zu. Aber der Mittelfeldspieler legte Wert darauf, klarzustellen, dass "alles ein Ergebnis harter Arbeit" sei. "Der Trainer stellt uns hervorragend ein. Und wir treten als Mannschaft auf."

Wie sehr, stellte Robben unter Beweis. Selbstlos trat der Niederländer den zweiten Elfmeter an Mario Gomez ab, damit der einen weiteren Schritt Richtung Torjäger-Kanone machen konnte.

Heynckes gesundheitlich angeschlagen



"Robben ist wieder der Alte", stellte Sportdirektor Christian Nerlinger erfreut fest und betonte allen gegenteiligen Meldungen zum Trotz, "dass wir immer an einer Vertragsverlängerung mit Robben interessiert waren. Und es weiterhin sind."

"Die Stimmung in der Mannschaft stimmt", konstatierte Nerlinger, der zum zweiten Mal den grippe-erkrankten Trainer in der Pressekonferenz vertrat. "Das erste Mal war nach einer Niederlage gegen Mainz. Heute fällt es natürlich viel leichter."

"Schnick, Schnack, Schnuck" um Freistoß



"Heute gibt es nichts zu kritisieren", war der Sportdirektor sehr zufrieden, auch wenn ihm nicht gepasst hat, dass Kroos und Ribery in einer Szene mit dem beliebten Kinderspiel "Schnick, Schnack, Schnuck" ausgeknobelt hatten, wer einen Freistoß ausführen darf.

"Wir sind hier zu Gast bei den Berlinern, die alles versuchen, um einen Abstieg zu verhindern. Das sollten wir respektieren", erklärte Nerlinger. "Ich will das aber nicht überbewerten. Die Spieler haben halt wieder Spaß am Fußball." Den schmalen Grat zwischen Spaß und Übermut auf der einen und Überheblichkeit auf der anderen Seite gelte es zu bewältigen.

In allen Wettbewerben vorne dabei



"Die Niederlage in Leverkusen hat einen Prozess in Gang gesetzt", sagte Nerlinger weiter. Einen Prozess, den der Sportdirektor selbst in Gang gesetzt hatte, als er nach dem 0:2 bei Bayer Leverkusen und sieben Punkten Rückstand auf Tabellenführer Borussia Dortmund die Mannschaft bei der Ehre gepackt hatte, indem er die Meisterschaft abgeschrieben hatte.

"Wir werden in allen drei Wettbewerben vorne mitspielen", lautet das Credo des 38-Jährigen nach der so erfolgreichen Woche mit 20 Toren in drei Spielen. Den Beweis dafür kann die Mannschaft bereits am Mittwoch antreten. Im Halbfinale des DFB-Pokals soll im dritten Aufeinandertreffen in dieser Saison mit Borussia Mönchengladbach gegen den großen Konkurrenten aus den 70er Jahren endlich der erste Sieg her.

Marseille ein gutes Los



Zudem ist das Erreichen des Champions-League-Finales im eigenen Stadion das ganz große Ziel. "Olympique Marseille ist kein schlechtes Los", meinte auch Nerlinger, der froh ist, im Viertelfinale auf keinen der spanischen Clubs zu treffen.

"Auch wenn Marseille Dortmund zwei Mal geschlagen hat, so ist es doch eine lösbare Aufgabe", blickte Nerlinger vor den Wochen der Wahrheit optimistisch und selbstbewusst in die Zukunft.

Und Boateng wird sicherlich auch zufrieden sein, wenn die Partien in DFB-Pokal und Champions League sowie die letzten acht Spiele der Bundesliga-Saison mit dem knappsten aller Ergebnisse 1:0 gewonnen werden.

Aus Berlin berichtet Jürgen Blöhs