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In der Saison 2006/07 arbeite Michael Frontzeck erstmals als Chefcoach - seine erste Trainerstation führte ihn an den Tivoli zu Alemannia Aachen
In der Saison 2006/07 arbeite Michael Frontzeck erstmals als Chefcoach - seine erste Trainerstation führte ihn an den Tivoli zu Alemannia Aachen

"Strukturen schaffen und Einheit bilden"

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München - Im Westen hat sich in der abgelaufenen Saison viel getan. Es ist ein bisschen untergegangen, dass vier der besten fünf Vereine aus dem Westen kommen und Borussia Dortmund und Schalke 04 in den vergangenen beiden Jahren alle nationalen Titel abräumten. Zufall oder Methode? bundesliga.de hat beim ehemaligen Mönchengladbacher Trainer Michael Frontzeck nachgefragt.

bundesliga.de: Herr Frontzeck, vier der besten fünf Mannschaften der vergangenen Bundesliga-Saison kommen aus dem Westen. Ist das ein Zufall oder steckt mehr dahinter?

Michael Frontzeck: Das ist eine schöne Momentaufnahme, die man allerdings von Fall zu Fall genauer unter die Lupe nehmen muss. Bei allen Vereinen steckt ein über die Jahre gewachsenes Konzept dahinter, die entsprechenden Strukturen wurden geschaffen.

bundesliga.de: Wie bewerten Sie den Erfolg von Borussia Dortmund?

Frontzeck: Borussia Dortmund hatte vor einigen Jahren bereits schon einmal großen Erfolg, wurde mehrfach Deutscher Meister und Champions-League-Sieger. Doch dann wäre der Verein fast vor die Wand gefahren. Seitdem hat sich strukturell viel verändert, eine Entwicklung hat stattgefunden. Bemerkenswert ist bei der Betrachtung aus der Ferne, dass die Macher als eine echte Einheit rüberkommen. Trainer Jürgen Klopp und seine Mannschaft, Hans-Joachim Watzke, Michael Zorc und das fantastische Publikum präsentieren sich als eine Einheit.

bundesliga.de: Und bei Ihrem Ex-Verein Borussia Mönchengladbach?

Frontzeck: Bei der Borussia gab es auch vor Jahren durch den Bau des neuen Stadions und dem Wegzug vom Bökelberg einen Quantensprung. Sportlich konnte die Entwicklung zunächst nicht mithalten, zwei Mal ist die Borussia in dieser Zeit abgestiegen. Aber die Strukturen waren gelegt und zahlen sich nun aus, insbesondere auch die hervorragende Jugendarbeit. Der Erfolg verteilt sich auf mehrere Schultern und ist das Resultat von perfekter Zusammenarbeit mehrerer Personen.

bundesliga.de: Die Schalker erleben ähnlich wie die Borussia eine sportliche Achterbahnfahrt in den letzten Jahren mit den Plätzen 8, 2, 14 und nun 3.

Frontzeck: Wichtig ist dann, dass die Fans in Zeiten, in denen es mal nicht so läuft, zu dem Verein stehen. Das ist auch auf Schalke so. Da konnte man sich auf die Fans immer verlassen. Das zeichnet die Fans aus. Sie geben dem Verein eine wahnsinnige Wucht. Auch Schalke hat durch den Bau dieser multifunktionalen hypermodernen Arena einen Riesensprung und in den letzten Jahren einen stabilen Eindruck gemacht. Die Mannschaft spielt seit Jahren oben mit, war oft in der Champions League vertreten und hat selbst in einer schwächeren Saison wie im Vorjahr den Pokal gewonnen. Schalke ist damals nicht komplett leer ausgegangen und konnte sich für den internationalen Fußball qualifizieren. Das ist natürlich von der Einnahmenseite her sehr wichtig.

bundesliga.de: Kann man Bayer Leverkusen mit den anderen drei starken Westvereinen vergleichen?

Frontzeck: Bayer Leverkusen verfügt traditionell über eine stake Mannschaft, die einen guten Fußball spielt und zuletzt immer unter den ersten Fünf stand. Auch der Verein hat viel ins umgebaute Stadion investiert und leistet auch dank der Unterstützung des Werkes tolle Arbeit.

bundesliga.de: Verlieren die Nordvereine wie Bremen, Hamburg und Wolfsburg Ihrer Meinung nach längerfristig an Boden gegenüber den Westclubs?

Frontzeck: Nicht unbedingt. Werder musste in den letzten Jahren den Abgang zahlreicher Spieler hinnehmen: Özil, Mertesacker, jetzt Marin, Wiese oder Pizarro. Dort findet ein Umbruch statt. Ich mache mir aber keine Sorgen um die Bremer, die in den letzten 20, 30 Jahren immer ihrem Konzept treu geblieben sind und etwas Vernünftiges aus dem Hut gezaubert haben. Der HSV dagegen hatte auf dem Papier eine Mannschaft mit Spielern von hoher individueller Klasse. Das hätte eigentlich reichen müssen, um im Rennen um die internationalen Plätze dabei zu sein. Aber in einer Großstadt wie Hamburg ist traditionell mehr Unruhe. Das sieht man ja auch an den Beispielen von Köln und Berlin. Ein positives Beispiel ist Hannover 96 in den letzten beiden Jahren. Das ist eine sehr stabile, geschlossene Mannschaft entstanden, die nicht Gefahr läuft, dass ihr die besten drei Spieler weggekauft werden. Aus dem Team sticht anders als in Mönchengladbach niemand so wirklich heraus.

bundesliga.de: Kann die Borussia die Abgänge von drei absoluten Leistungsträgern verkraften?

Frontzeck: Ein Marco Reus wird nicht 1:1 zu ersetzen sein, mit Dante fehlt künftig die zentrale Figur in der Abwehr und Roman Neustädter war auch ein fester Bestandteil der Truppe. Dafür hat die Borussia auch viel Geld eingenommen und neue Spieler verpflichtet, die auf mich einen guten Eindruck machen. Dank der langen Vorbereitung für die kommende Saison kann sich die Mannschaft schon einspielen. In Mönchengladbach ist es aber ratsam, dass die Ansprüche nicht zu hoch anzusetzen und zu glauben, dass die Mannschaft jetzt um die Meisterschaft mitspielt.

Das Gespräch führte Tobias Gonscherowski