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Lothar Strehlau hat es im Gefühl, ob ein Talent Zukunft hat. Der Scouting-Experte sagt: "Im Prinzip weiß ich es schon beim ersten Mal. Man muss Auge haben und auch Glück" (© Imago)
Lothar Strehlau hat es im Gefühl, ob ein Talent Zukunft hat. Der Scouting-Experte sagt: "Im Prinzip weiß ich es schon beim ersten Mal. Man muss Auge haben und auch Glück" (© Imago)

Strehlau: "Scouting heißt Geld sparen"

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Karlsruhe - Lothar Strehlau kennt sich aus im Scouting. Der 68-Jährige arbeitete als Jugend-, Assistenz- und im Jahr 1983 auch 17 Spiele als Cheftrainer beim Karlsruher SC. Neben seiner Tätigkeit als Talentsucher betreibt er auch noch eine eigene Fußballschule in Karlsruhe.

Der Fußballfachmann sprach mit bundesliga.de über das Thema Scouting, bei dem sich in den vergangenen Jahren enorm viel entwickelt habe: "Da kommen plötzlich ganz viele so genannte Konkurrenten aus den Büschen. Dass ein Talent ein Jahr unbeobachtet irgendwo herumhüpft, ist inzwischen ausgeschlossen", sagt der Experte.

bundesliga.de: Herr Strehlau, worauf legen Sie Ihr Hauptaugenmerk, wenn Sie Spieler beobachten? Was ist in, was out?

Lothar Strehlau: Man muss inzwischen auf viel mehr achten. Früher hat es gereicht zu sehen, ob ein Spieler stark am Ball ist. Heute ist die läuferische und geistige Schnelligkeit entscheidend. Wenn heute ein Spieler keinen Speed hat und eine Spielsituation nicht schnell erfassen kann, hat er keine Chance mehr. Antizipation und Spielintelligenz sind ganz wichtige Eigenschaften.

bundesliga.de: Wie oft müssen Sie einen Spieler sehen, um ihn beurteilen zu können?

Strehlau: Im Prinzip weiß ich das schon beim ersten Mal. Wenn ein Spieler keine Schnelligkeit mitbringt, kannst du ihn nicht mehr nach oben bringen. Aber natürlich ist es gut, wenn man sich noch einmal ein zweites Bild verschafft und die Werte, die man beim ersten Mal in seine Datensammlung eingegeben hat, vielleicht nach vier Wochen noch einmal abgleicht. Diese Daten sind mitentscheidend, aber es müssen die selbst ermittelten sein und nicht diejenigen, die vom Berater des Spielers kommen. Als Scout muss ich die Spieler vor Ort sehen, das ist wichtig.

bundesliga.de: Was sind die Geheimnisse beim Scouting?

Strehlau: Es gibt keine. Sie müssen ein Auge haben und auch Glück.

bundesliga.de: Was hat sich im Bereich Scouting in den vergangenen Jahren geändert?

Strehlau: Der Markt wurde immer umkämpfter. Du bist, egal auf welchem gottverlassenen Fußballplatz, nicht mehr allein. Da kommen plötzlich ganz viele so genannte Konkurrenten aus den Büschen, die eventuell den gleichen Spieler beobachten. Dass ein Talent ein Jahr unbeobachtet irgendwo herumhüpft, ist inzwischen ausgeschlossen. Anders ist auch, dass man viel eher zu sichten beginnt. In Altersstufen, an die man sich früher nicht herangetraut hätte. Ein Kind sehr früh aus seiner gewohnten Umgebung herauszunehmen, ist zum Teil schon etwas fragwürdig. Man muss hier die Mitte finden, was im Hinblick auf die psychische Entwicklung noch verantwortbar ist und was nicht.

bundesliga.de: Wenn Sie sagen, es werde immer früher gescoutet, von welchem Alter reden Sie da?

Strehlau: Ein Großteil der Nachwuchsspieler wird schon im Bereich von zehn Jahren intensiv gesichtet.

bundesliga.de: Woher bekommen Sie die Infos, dass irgendwo ein Talent heranwächst?

Strehlau: Die großen Vereine haben flächendeckend Mitarbeiter eingesetzt. Das heißt, sie haben geographisch fast alles abgedeckt. Schon bei Turnieren für die Kleinen sind Leute vor Ort, die ihre Eindrücke über Acht-, Neun-, Zehnjährige an die Zentrale weitergeben. Da werden immense Summen eingesetzt. Was mit Messi in Barcelona vonstattenging, machen andere Clubs inzwischen längst auch. Ralf Rangnick praktiziert das Konzept, das viele Mitarbeiter erfordert, mit RB Salzburg und RB Leipzig. Denen wird im Osten wahrscheinlich kein Talent mehr durch die Lappen gehen.

bundesliga.de: Was haben die Nachwuchsleistungszentren bewirkt?

Strehlau: Dass wir in Deutschland in den vergangenen Jahren viele gute Spieler produziert haben. Sie werden von den Bundesligisten intensiv ausgebildet, spielen nach der Jugend dann meist in der eigenen U23 oder werden zu Clubs in der 2. Bundesliga oder 3. Liga ausgeliehen, um sich weiterzuentwickeln. Diese Spieler sind auch für finanzschwächere Vereine interessant wie den Karlsruher SC. Erfüllen sie nach ein, zwei Jahren die Anforderungen nicht, werden sie verkauft.

bundesliga.de: Wieso ist es sinnvoll, viel Geld in das Scouting zu investieren?

Strehlau: Weil es sich für einen Verein unter dem Strich rechnet. Scouting ist keine Ausgabe. Scouting heißt Geld sparen.


Das Gespräch führte Reinhard Sogl


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