Thomas Tuchel der Trainer vom 1. FSV Mainz 05 räumte nach dem Spiel gegen Borussia Dortmund an seiner taktischen Ausrichtung Fehler ein
Thomas Tuchel der Trainer vom 1. FSV Mainz 05 räumte nach dem Spiel gegen Borussia Dortmund an seiner taktischen Ausrichtung Fehler ein

Sieger in Sachen Selbstkritik

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Dortmund - Natürlich kann man beim Deutschen Meister verlieren. Zumal mit der sicheren Überzeugung, beim alten und neuen Titelträger gespielt zu haben. Und doch haderten sie beim 1. FSV Mainz 05 nach der ein wenig - vor allem mit sich selbst.

Es war dem Mainzer Präsidenten vorbehalten, die Stimmungslage auf den Punkt zu bringen. "Wenn du hier einen Punkt holst, bist du glücklich - so bist du eben ein bisschen enttäuscht", stellte Harald Strutz mit einem Achselzucken fest. Übersetzt in die Trainersprache heißt das bei Thomas Tuchel, "dass der Sieg des BVB gerecht war, aber wir uns gegen ein Unentschieden auch nicht gewehrt hätten".

"Haben nicht unser Bestes gezeigt"

Einhellig erkannten alle Mainzer vom Vorstand über den Trainerstab bis zu den Spielern an, dass sie gegen einen ungemein starken Gegner mit 1:2 verloren hatten. Bei Mohamed Zidan schwang vielleicht noch alte Verbundenheit mit, als er lobte, "dass dieser BVB kaum zu stoppen ist und zu 100 Prozent Deutscher Meister wird".

Aber auch Niko Bungert zeigte sich überzeugt, "dass wir gegen den alten und neuen Deutschen Meister verloren haben. Da arbeiten alle elf Spieler ständig mit und die ganze Mannschaft zeigt über 90 Minuten einen wahnsinnigen Willen und ein unglaublich hohes Niveau."

Genau das war es, was dem 1. FSV Mainz dieses Mal fehlte, um seine Erfolgsserie aus fünf Spielen ohne Niederlage auch beim BVB fortzusetzen. "Was unser Leistungsniveau betrifft, sind wir nicht an unsere Grenze gegangen", ärgerte sich Bungert, "wir haben nicht unser Bestes gezeigt."

Ängstliche erste Halbzeit

Vor allem in der ersten Halbzeit wirkte Mainz ein bisschen wie das ängstliche Kaninchen vor der gefährlichen Schlange, stand meist zu tief, agierte zu verhalten und konnte offensiv keine Akzente setzen. Es spricht für den Trainer, dass er diese Tatsache hinterher auf seine Kappe nahm: "Ich habe den falschen Ansatz gewählt", räumte Thomas Tuchel mit Blick auf das fruchtlose 4-3-3-System ein. "Was wir da versucht haben, ist bei uns noch nicht automatisiert. Und Zeit zum Überlegen hast du gegen Dortmund nicht."

Vor allem aus dieser Phase stammen auch die schwachen Zahlen, die das Mainzer Spiel dieses Mal produzierte: Gerade einmal sechs Torschüsse - bei Dortmund waren es 20 - sowie zwei Ecken und fünf Flanken standen nach 90 Minuten zu Buche.

"Haben uns selbst um den Lohn gebracht"

Dass die Mainzer Offensive überhaupt Schwung aufgenommen hatte und die Hoffnung auf Ertrag genährt worden war, war der Umstellung Tuchels auf eine Mittelfeldraute und zwei Spitzen nach 60 Minuten zu verdanken. "Ab diesem Moment haben wir gezeigt, was wir können", stellte der Coach rückblickend fest. Zumal Mohamed Zidan auch im fünften Spiel in Folge sein Tor machte. "Der Junge ist Wahnsinn", lobte Niko Bungert. Und ergänzte mit einem Augenzwinkern, "dass der Mo beim nächsten Mal aber zwei Tore machen muss, damit es uns auch was einbringt".

Der Gelobte selbst, der aus Respekt vor dem BVB sein Tor auf dem Platz nicht bejubelt hatte, wollte sich auch hinterher über seinen Treffer kaum freuen. "Ich ärgere mich, weil wir nach dem Ausgleich nicht lange genug diszipliniert gestanden haben. Sonst wäre vielleicht noch etwas möglich gewesen." Vor allem aber Christian Wetklo, als bekennender Ex-Schalker kein Freund der Dortmunder, war über den zweiten Gegentreffer richtig sauer: "Das war ein billiges Gegentor, da hat die letzte Konsequenz gefehlt. Wir haben uns selbst um den Lohn gebracht."

Nürnberg vor der Brust

Letztlich aber wollte sich auch Wetklo nicht länger aufhalten mit der Niederlage. Stattdessen geht der Mainzer Blick nach vorn zum kommenden Spiel gegen Nürnberg. Punkte im Abstiegskampf muss man nicht unbedingt beim Meister sammeln. Und mit etwas Abstand war den Mainzern auch klar, dass sie durchaus etwas Positives auch aus diesem Spiel mitnehmen können, weiß Marco Caligiuri: "Wir haben es zumindest kurzzeitig geschafft, einen so starken Gegner zum Zittern zu bringen. Und das spricht für unsere große Moral."

Aus Dortmund berichtet Dietmar Nolte