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Trotz der Enttäuschung im Pokalfinale darf der BVB am Ende auf eine erfolgreiche Saison zurückblicken
Trotz der Enttäuschung im Pokalfinale darf der BVB am Ende auf eine erfolgreiche Saison zurückblicken

Stolz auch ohne Titel

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Dortmund - Als das Pokalfinale in Berlin verloren war, war es Jürgen Klopp vorbehalten, Mannschaft und Fans wieder aufzurichten und auf der Abschlussfeier den Stolz zurück zu geben: "Wie doof wären wir, wenn wir zehn Monate unseres Lebens alles gegeben haben und wegen eines Spieles alles über den Haufen werfen? Das wäre völlig verrückt!"

"Schlechter Zeitpunkt"

Zum dritten Mal in Serie stand der BVB in einem Endspiel, ist in der Liga am Ende souverän Vize-Meister geworden und hat sich in der Champions League unter den Top-Teams Europas etabliert. Die Saisonziele hat Dortmund mehr als erreicht, vor allem angesichts einer fast beispiellosen Verletzungsmisere. 

Und doch war der Frust nach dem verlorenen Endspiel in Berlin groß. Der Pokal hätte die Krönung sein sollen einer Saison, in der das Wort Personalsorgen in mindestens genau so dicken Lettern geschrieben wurde wie Leidenschaft und Vollgasfußball. Nur einen Sieg war die Borussia vom vierten Titelgewinn in vier Jahren entfernt. Und das gegen den großen Dauerrivalen aus München, den man zu Saisonbeginn im Supercup bereits mit 4:2 besiegt hatte. In der Liga war der FC Bayern zwischenzeitlich enteilt, und doch war die Borussia zum Ende der Saison gefühlt wieder auf Augenhöhe mit dem Meister.

Das lag nicht zuletzt am Vollgasfußball der Marke BVB, bei dem im Endspurt der Saison Leistung und Ergebnisse stimmten. Ausgerechnet im Finale um den DFB-Pokal aber konnte die Mannschaft nicht das abrufen, was sie in den Wochen zuvor so souverän gemacht hatte. "Das war leider zu einem schlechten Zeitpunkt eine etwas schwächere Leistung, auch wenn es keine schlechte war", brachte Mats Hummels das Dilemma auf den Punkt. Dass zudem ein regulärer Treffer keine Anerkennung fand, tat ein Übriges zur finalen Frust-Stimmung.

Mit etwas Abstand aber werden Spieler und Anhänger wie schon Trainer und Vorstand stolz sein auf das, was der BVB in dieser Spielzeit geleistet hat - auch ohne weiteren Titel. Zwar waren nicht alle Leistungen top, was vor allem für die schwächere Hinrunde gilt. Doch wie die Borussia die zahlreichen schweren Verletzungen und langen Ausfälle aufgefangen hat und damit zunehmend immer besser umgegangen ist, das nötigt Respekt ab.

Auf der Zahnfleisch in die Winterpause

Auf dem Zahnfleisch und mit letzter Kraft war es in die Winterpause gegangen, nachdem die Mannschaft zunächst zu Saisonbeginn stark aufgetrumpft hatte. Mit 19 Punkten aus sieben Spielen hatte Dortmund den besten Start der Vereinsgeschichte hingelegt und war parallel mit den Bayern durch die Liga gepflügt. Vom bekannten BVB-Fußball aber war nach vielen personellen Rückschlägen und einer langen Verletztenliste zum Ende der Hinrunde nicht mehr viel geblieben.

Ilkay Gündogan verpasste die komplette Saison wegen einer Nervenreizung im Rücken, Lukasz Piszczek nach einer Hüftoperation die gesamte Hinrunde. Am zwölften Spieltag erwischte es Neven Subotic mit einem Kreuzbandriss, Ende Januar Jakub Blaszczykowski mit der gleichen Verletzung. Auch Mats Hummels, Marcel Schmelzer, Sebastian Kehl und Sven Bender fielen in dieser Spielzeit wochenlang aus.

Unter den ständigen Umstellungen und der höheren Belastung litten vor allem Effektivität und Zielstrebigkeit. Zum Ende der Hinrunde ging dann mit der Kraft auch immer mehr die Spielkultur verloren. Folge waren unter anderem ungewohnte drei Heimniederlagen und zur Winterpause nur Rang vier in der Tabelle. Der Rückstand auf die Bayern war innerhalb von nur fünf Spieltagen bis Anfang Dezember bereits auf 12 Punkte angewachsen. Am Ende der Saison stehen 19 Zähler zwischen Meister und Vize-Meister. Ein deutlicher Abstand, der sich aber bei einem Blick auf die Dortmunder Punktausbeute relativiert. Mit 71 Zählern hat der BVB fünf Punkte mehr geholt als in der Vorsaison. Acht Mal in den letzten 19 Jahren hätte das sogar zur Meisterschaft gereicht. 

39 dieser 71 Punkte holte Borussia Dortmund in der Rückrunde, als man zu alter Stärke zurückfand. Ein Beleg: Wie schon aus den ersten 7 Spielen holte die Mannschaft auch aus den letzten 7 Partien 19 Zähler und setzte dabei mit dem 3:0-Erfolg in München (Video) ein besonderes Ausrufezeichen. Willen, Einsatz und Leidenschaft, Spielwitz und Esprit - im Laufe der Rückrunde kehrte das alte Borussia-Gesicht samt konsequentem Gegenpressing und schnellem Umschaltspiel zurück.

Reus dreht in der Rückrunde auf

Zum dritten Mal in Folge wurde die 80-Tore-Marke geknackt und das Saisonziel mit der direkten Qualifikation für die Champions League souverän erreicht. Als erneuter Vize-Meister positionierte sich der BVB zudem klar als Nummer zwei in der Liga und erster Jäger der Bayern.

Die starke Rückserie spiegelt sich auch in herausragenden individuellen Leistungen wider. Mit Robert Lewandowski stellen die Schwarz-Gelben erstmals seit zwölf Jahren wieder den Top-Torjäger der Bundesliga (20 Treffer). Marco Reus, der in der Hinrunde noch 23 Großchancen vergeben hatte und seiner Top-Form hintergelaufen war, drehte richtig auf und avancierte mit 16 Toren und 14 Vorlagen hinter Lewandowski zum Top-Scorer der Liga. Die Entscheidung von Jürgen Klopp, Reus auf die zentrale Position hinter der Spitze zu stellen und dafür Henrikh Mkhitaryan nach außen zu ziehen, tat dem Offensivspiel gut. Als Götze-Ersatz war der kleine Armenier in seiner ersten BVB-Saison zuvor manches Mal noch überfordert und hatte sich mit den eigenen Ansprüchen das Leben schwer gemacht.

Auch die Nominierungen für den vorläufigen deutschen WM-Kader sind ein Beleg für die guten Leistungen: Neben Roman Weidenfeller, der in dieser Saison endlich in der Nationalelf debütierte, sowie Mats Hummels und Marcel Schmelzer wurden auch Kevin Großkreutz und Youngster Erik Durm von Jogi Löw berücksichtigt.

Sensation knapp verpasst

Beide hatten auch international auf sich aufmerksam gemacht und trugen wesentlichen Anteil daran, dass sich die Borussia nachhaltig unter den besten Mannschaften Europas etablierte. Mit dem Erreichen des Viertelfinales in der Champions League zählt der BVB erneut zu den besten acht Teams des Kontinentes. An Real Madrid scheiterte die Mannschaft, weil sie sich im Hinspiel in Spanien einen ihrer wenigen schwachen Tage erlaubte und 0:3 verlor. Dafür brachte man das Starensemble um Ronaldo und Co. im Rückspiel vor eigenem Publikum beim 2:0-Sieg an den Rand des Scheiterns. "Diese Mannschaft ist ohne sieben Spieler aus dem letztjährigen Finale ins Viertelfinale der Champions League eingezogen", zollte Jürgen Klopp der Leistung in der Königsklasse höchsten Respekt.

Insgesamt sei sein Team mit der außergewöhnlichen Situation überragend umgegangen, lobte Klopp mit Blick auf die vielen Ausfälle. Der Pokalsieg sollte die unter diesen Umständen starke Spielzeit veredeln, doch der krönende Abschluss blieb der Borussia versagt. Entmutigen lassen wird sich der Verein davon aber nicht, ebenso wenig wie vom Abgang von Torjäger Lewandowski nach München. Mit Adrian Ramos steht ein Neuzugang bereits fest, andere werden folgen. "Wir kommen definitiv wieder, diese Mannschaft ist so charakterstark", kündigte Jürgen Klopp noch in der Nacht nach dem verlorenen Finale an. "Egal, wer uns weggenommen wird, wir holen neue Jungs dazu. Macht Euch keine Gedanken."

Dietmar Nolte