Rene Adler (r. mit Patrick Helmes) hat mit 25 Jahren bereits 117 Bundesligapartien auf dem Buckel
Rene Adler (r. mit Patrick Helmes) hat mit 25 Jahren bereits 117 Bundesligapartien auf dem Buckel

"Rechnen? Das Verkehrteste, was man machen kann!"

xwhatsappmailcopy-link

Köln - Bayer Leverkusen hat es als bislang einzige Mannschaft geschafft, einen Sieg gegen den aktuellen Tabellenführer Borussia Dortmund zu feiern - das Ganze sogar auswärts im Signal-Iduna-Park. Am ersten Bundesliga-Spieltag am 22. August schossen Tranquillo Barnetta und Renato Augusto frühe Tore beim 2:0-Erfolg über den BVB.

Torhüter René Adler hat diese Partie noch gut vor Augen. Im Gespräch mit bundesliga.de nennt Adler gute Gründe für diesen Bayer-Sieg und analysiert auch den bisherigen Saisonverlauf von Bayer Leverkusen, das am 12. Spieltag auswärts beim FC St. Pauli antritt.

bundesliga.de: Herr Adler, können Sie der Bundesliga mal erklären, wie man Borussia Dortmund schlägt?

René Adler: Das war am ersten Spieltag und das erste Spiel ist immer etwas Besonderes. Die Mannschaften wissen nach einer langen Vorbereitung noch nicht genau, wo sie stehen. Unser 2:0-Sieg in Dortmund war natürlich ein sensationeller Auftakt, wo wir richtig gut gespielt haben. Ich denke, das war eines unserer besten Spiele mit einer großen mannschaftlichen Geschlossenheit. Man muss natürlich auch sagen, dass Dortmund danach erst so richtig ins Rollen gekommen ist und sich immer weiterentwickelt und stabilisiert hat. Deshalb ist es jetzt im Moment sicher schwieriger Dortmund zu schlagen als am ersten Spieltag. Einzelne Dortmunder Spieler haben sich deutlich entwickelt, zum Beispiel Kagawa, der super eingeschlagen ist. Und mit jedem gewonnen Spiel steigt natürlich auch das Selbstvertrauen.

bundesliga.de: Was hat Bayer 04 am ersten Spieltag alles richtig gemacht, um Dortmund zu schlagen?

Adler: Es war sicher das Spiel, in dem wir am kompaktesten gestanden haben und das Feld unglaublich eng gehalten haben. Wir haben das Spiel später noch mal ausführlich in der Videoanalyse besprochen und wir haben gesehen, dass zwischen unserer Viererkette und den Stürmern ein maximaler Abstand von 25 bis 30 Metern lag. Da hatte der Gegner einfach keinen Platz zum Spielen. Wir sind auch sehr aggressiv in die Zweikämpfe gegangen und haben blitzschnell auf Konter umgeschaltet. Wenn du dann noch die ersten beiden Torchancen nutzt, dann kannst du auch mit mehr Sicherheit gegen das Feuerwerk bestehen, dass Dortmund in der zweiten Halbzeit zum Teil abgebrannt hat.

bundesliga.de: Die sportlichen Schlagzeilen gehören bislang Dortmund, Mainz und natürlich den Bayern. Über den Tabellendritten Leverkusen spricht kaum jemand: Kommt das Bayer diesmal entgegen?

Adler: Wir fühlen uns ganz wohl in dieser Rolle. Wir sehen uns natürlich als Verfolger und sind punktemäßig absolut im Soll. Wir sehen uns aber auch sehr kritisch: Mit der Art und Weise, wie wir in dieser Saison Fußball gespielt haben, waren wir in einigen Spielen nicht zufrieden. Wir haben zu viele Tore und Torchancen des Gegners zugelassen und haben selbst zu wenige Chancen herausgearbeitet. Und haben manche Spiele etwas glücklich oder durch Standards gewonnen. Natürlich sind unsere Ansprüche in den letzten Jahren gestiegen, deshalb sehen wir das auch so kritisch. Aber zuletzt gegen Kaiserslautern haben wir spielerisch wieder überzeugen können, sind zu vielen Torchancen gekommen und haben auch vollkommen verdient gewonnen.

bundesliga.de: Bayer musste in dieser Saison schon viele Ausfälle von Stammspielern verkraften und ist trotzdem Dritter.

Adler: Das unterstreicht erst mal die gute Vereins- und Einkaufspolitik. Man hat es geschafft, den Kader vor der Saison qualitativ in der Breite zu verstärken. Das sieht man gerade jetzt, wo uns fünf Spieler fehlen, die normalerweise in der Startelf stehen. Das kompensieren wir sehr gut, sei es durch Sidney Sam, durch Lars Bender oder Nicolai Jörgensen, der aus der 2. dänischen Liga zu uns gekommen ist. Sidney Sam hat die Spiele gegen Schalke oder Kaiserslautern sogar entschieden. Trotzdem sind wir froh, wenn der eine oder andere Verletzte bald wieder im Kader ist.

bundesliga.de: Wie wichtig war die Rückkehr von Simon Rolfes?

Adler: Simon ist derjenige, der das Spiel im Mittelfeld ordnet und organisiert. Zusammen mit Arturo Vidal, der meiner Meinung nach neben Bastian Schweinsteiger der beste Sechser in der Bundesliga ist. Aber der Simon ist die führende Hand, der Arturo auch mal in seinem Vorwärtsdrang bremsen muss. Es tut uns unheimlich gut, dass Simon wieder dabei ist.

bundesliga.de: Gibt es für Sie für den Rest der Hinrunde noch konkrete Zielsetzungen?

Adler: Ich persönlich schaue gar nicht so viel auf die Tabelle. Die Liga ist so ausgeglichen und das Tabellenbild ändert sich fast von Spieltag zu Spieltag. Besonders unsere Situation mit der Vielzahl von Spielen Woche für Woche führt dazu, dass ich manchmal schon nicht mehr weiß, gegen wen wir vor drei Wochen gespielt haben. Das ist einfach abgehakt und die volle Konzentration gilt immer dem nächsten Spiel. Diesen Rhythmus muss man als Profi-Fußballer entwickeln, sonst hast du keine Chance auf Erfolg. Große Rechnungen aufzustellen ist das Verkehrteste, was man machen kann!

Das Gespräch führte Stefan Kusche