Michael Krüger trainierte Eintracht Braunschweig und Hannover 96
Michael Krüger trainierte Eintracht Braunschweig und Hannover 96

Panzerfäuste, Malaria und das Double

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Angriffe sudanesischer Rebellen, Todesangst und Malaria sind für Michael Krüger derzeit weit entfernt. Der deutsche Fußball-Trainer hat in Khartoum schon so ziemlich alles erlebt - da kam ein beschauliches Weihnachtsfest mit der Familie in Neustadt am Rübenberge zum Ausklang eines Jahres der Extreme gerade recht.

In der ostafrikanischen Millionenstadt ist es dem früheren Cheftrainer von Hannover 96 und Eintracht Braunschweig nicht nur wegen der Durchschnittstemperaturen "jenseits von 40 Grad Celsius" zu heiß geworden.

"Ich hatte Angst um mein Leben"

"Ich hatte Angst um mein Leben. Es gab im Mai den Rebellenangriff auf Khartoum, und wir waren mittendrin. Es wurde mit Maschinengewehren und mit Panzerfäusten geschossen. Erst das Militär hat uns in letzter Sekunde gerettet", sagte der 54-Jährige.

Ein Jahr beim Topverein Al-Merreikh, Tore und Todesangst, Malaria und Meistertitel, all dies hat Krüger schwer zugesetzt. "Derzeit weiß ich nicht, ob ich noch einmal zurückkehre. Es gibt viele Dinge, die falsch laufen", berichtet Krüger: "Freundlich und nett ist er ja, der Sudanese, aber organisieren und Management, das kann er einfach nicht."

Volksheld dank Double

Krüger ist im Sudan ein Held. "Nach fünf Jahren des Leidens hinter dem Erzrivalen Al-Hilal haben wir das Double geholt. Jetzt brauche ich meinen Pass nicht mehr, mich kennt hier jeder. Das ist so, als hätte Borussia Dortmund die Vorherrschaft von Schalke 04 beendet."

Einmal flog ihm ein Stein an den Kopf, "mir lief das Blut über das Gesicht". Zwei Wochen später wurde jedoch gefeiert, mangels Alkohol "mit Keksen und Nescafe".

Schlechte Plätze, tretende Gegner

Bei Heimspielen ist alles in Ordnung, 20.000 Zuschauer füllen das Stadion, es bleibt friedlich. "Aber auswärts ist es gefährlich. Da sind die Plätze schlecht, in den sanitären Anlagen kann man sich sonstwas holen. Der Schiedsrichter hilft auch noch ein bisschen, die Fans sind aufgepeitscht und der Gegner tritt auf alles ein, was sich bewegt."

Leben lässt es sich am Nil dennoch gut. "Ich wohne in der 100-Quadratmeter-Wohnung meines Vorgängers Otto Pfister. Er hat sie ordentlich hinterlassen", sagt Krüger. Doch die Langeweile verstärkt sein Heimweh. "Die Tage sind eintönig. Es ist so heiß, tagsüber kann man nichts machen. Frühstück, Fußball, DVD-Analyse - manchmal ist es ein einziges Warten auf das Training." Wenn es denn stattfindet.

Schockierte Gattin

Als seine Ehefrau Gabriela ihn besuchte, "war es etwas unglücklich", wie Krüger vorsichtig erklärt. Denn die Gattin war anscheinend schockiert. "Es hat ihr überhaupt nicht gefallen", aber "hier muss man hart sein. Ohne meine Afrika-Erfahrung wäre ich nach 14 Tagen abgereist."

Zum Glück sind seine Kinder Gerrit (22) und Julika (26) erwachsen. "Früher war es härter, aber inzwischen kennen sie es nicht anders. Aber wer Sudan hört, wird nun mal nicht euphorisch."

Traum von Braunschweig

Dies wird Krüger allerdings, wenn er über seine Mannschaft redet. "Einige Jungs könnten in der 2. Liga spielen - blind. Ich habe hier einen Linksverteidiger, der blitzschnell, technisch super, zweikampfstark ist, überragend."

Das Problem: "Sie frieren bei 20 Grad plus. Und richtig arbeiten wollen sie zumeist auch nicht." Im Gegensatz zu ihrem Trainer, der ein "gutes Angebot" aus Deutschland sofort annehmen würde. "2. Liga: Klar! Aber mein Herz hängt noch an Braunschweig. Das wäre was."

In Khartoum erwischte ihn zuletzt sogar die Malaria. "Ein Moskito-Stich, Fieberschübe, Druck auf den Augen. Ich war völlig matschig. Drei Tage später war alles vorbei." 4700 km entfernt, in Neustadt am Rübenberge, ist die Motivation im Moment gering, wieder in einen Flieger nach Afrika zu steigen.