Jürgen Klopp (M.) musste nach dem torlosen Derby gegen Schalke 04 Aufbauarbeit leisten. Ein Tor gelang den Borussen im "besten Heimspiel seit Wochen" nicht
Jürgen Klopp (M.) musste nach dem torlosen Derby gegen Schalke 04 Aufbauarbeit leisten. Ein Tor gelang den Borussen im "besten Heimspiel seit Wochen" nicht

Nullnummer als Mutmacher

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Dortmund - Ein verschenkter Sieg als Mutmacher? Die Gesichter der Dortmunder sprachen nach dem 0:0 gegen Schalke von Enttäuschung, doch in die Statements mischte sich eine gehörige Portion Zufriedenheit. Jürgen Klopp bescheinigte seiner Mannschaft "das beste Heimspiel seit ein paar Wochen" - auch wenn die Borussia im Derby ein altbekanntes Problem einholte.

Ein perfektes Spiel - bis auf das Ergebnis

Während die Spieler unmittelbar nach dem Abpfiff eher frustriert die Hände in die Hüften stemmten, lenkten die Fans schnell den Fokus auf das, was nach dem 144. Revierderby unter dem Strich zählte. "Die Nummer eins im Pott sind wir", skandierte die Südtribüne und versuchte ihre Helden so verbal ein stückweit aufzurichten.

Die Fakten bieten tatsächlich kaum Grund zur Unzufriedenheit: Der BVB behält Rang 2 in der Tabelle, bleibt die Nummer eins im Revier, geht mit vier Punkten ungeschlagen aus den Derby-Duellen dieser Spielzeit hervor. Im Spiel selbst verzeichnete Dortmund mit 18:8 Torschüssen ein deutliches Übergewicht, gewann die Mehrzahl der Zweikämpfe (53 Prozent), hatte mehr Ballbesitz (55 Prozent) und legte auch wieder mehr Kilometer zurück als der Gegner. "Wir waren in allen Werten vorne - doch am Ende steht dieses 0:0", brachte Jürgen Klopp das Dilemma des Abends auf den Punkt.

Eben weil die Borussia das Spiel dominierte und alle Chancen hatte, auch das zweite Derby dieser Saison für sich zu entscheiden, war Platz für Enttäuschung. "Wir haben Schalke an die Wand gespielt, aber haben uns nicht belohnt", ärgerte sich Nuri Sahin. "Wir hatten riesige Torchancen, schöne Ballstafetten, haben uns die Chancen gut herausgespielt, guten Fußball gespielt, defensiv gut gestanden - aber leider keine drei Punkte geholt."

Sahin: "Latte, Pfosten, Neuer. Dieses Mal war es nicht anders"

Das Problem der Dortmunder hieß zum einen Ralf Fährmann. Schalkes Keeper entschärfte beste Chancen und erinnerte nicht nur Sahin an das Revierderby vor zwei Jahren, als noch ein gewisser Manuel Neuer das Tor gehütet hatte: "Damals hatten wir auch riesige Torchancen. Latte, Pfosten, Neuer. Dieses Mal war es nicht anders." Allerdings war es auch nicht nur Fährmanns Klasse, die einen Einschlag im Schalker Gehäuse verhinderte, sondern auch eigene Unzulänglichkeit.

Denn pünktlich zum Derby meldete sich ein guter, alter Bekannter des BVB zurück - der Chancentod. Mal fehlte die Genauigkeit beim letzten Pass, mal wurde der besser postierte Mitspieler übersehen und mal zielten die Dortmunder einfach zu ungenau. Marco Reus, vor allem aber Robert Lewandowski und Henrikh Mkhitaryan unterstrichen, warum die Chancenverwertung auch in dieser Saison nicht unbedingt ein Freund der Borussia ist. "Bei vier, fünf riesigen Chancen müssen wir einfach eine nutzen", meinte Mats Hummels.

Mit Reus weniger berechenbar

Nicht nur der Innenverteidiger strich mit etwas Abstand aber auch die positiven Aspekte dieses Abends heraus: "Hätten wir einen Ball ins Tor geschossen, würden wir wahrscheinlich von einem Spiel sprechen, wie wir es uns genau so vorgestellt haben. Wir haben unser bestes Heimspiel seit Monaten gezeigt." Sportdirektor Michael Zorc sah es genauso: "Wir haben es zwar versäumt, den Ball ins Tor zu schießen, aber auf dieser Leistung können wir absolut aufbauen."

Der BVB wählte gegen Schalke fast wie in alten Zeiten permanent den Vorwärtsgang und drängte den Gegner mit Vollgasfußball und schönen Kombinationen zunehmend in die eigene Hälfte. Ein Positivfaktor dabei war Marco Reus, der erstmals nach rund dreiwöchiger Verletzungspause wieder in der Startelf stand. Wenn der Nationalspieler zum Dribbling ansetzte, konnte Gegenspieler Tim Hoogland manches Mal nur staunend hinterher schauen. Mit seinem schnellen Antritt und seinen Pässen sorgte Reus für jenes Überraschungsmoment, das dem Dortmunder Spiel zuletzt abgegangen war.  

Entscheidende Wochen stehen bevor

Zudem zog der BVB das Tempo nach der Pause nochmals kräftig an. "Wir haben wahnsinnig viel Druck gemacht in der zweiten Halbzeit", lobte Kapitän Sebastian Kehl. Müdigkeitserscheinungen waren keine zu erkennen, obwohl die Spieler aufgrund der angespannten Personalsituation weiter unter Dauerstress stehen. Genau das registrierte auch BVB-Boss Hans-Joachim Watzke ebenso aufmerksam wie zufrieden: "Körperlich ist die Mannschaft in einer überragenden Verfassung."

Das macht Mut, denn für die Borussia geht es jetzt ans Eingemachte. In nur 21 Tagen stehen in sieben Pflichtspielen gleich in drei Wettbewerben die Saisonziele auf dem Prüfstand. In der Bundesliga warten Stuttgart, Wolfsburg, München und Mainz, während dazwischen die beiden Partien in der Champions League gegen Real Madrid und das Pokal-Halbfinale gegen Wolfsburg auf dem Plan stehen. Da kommt auch eine Nullnummer als Mutmacher gerade recht.

Aus Dortmund berichtet Dietmar Nolte