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Für Borussia Mönchengladbach erzielte Raffael (r.) in dieser Saison 15 Bundesliga-Tore
Für Borussia Mönchengladbach erzielte Raffael (r.) in dieser Saison 15 Bundesliga-Tore

Raffael: "WM-Star? Neymar!"

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München - Die WM im eigenen Land ist immer etwas Besonderes. Borussia Mönchengladbachs Raffael will die Weltmeisterschaft in seiner brasilianischen Heimat, in Fortaleza, erleben. Im Interview mit bundesliga.de spricht Raffael über die Selecao und die Titel-Chancen der deutschen Mannschaft.

bundesliga.de: Raffael, werden Sie die WM in Ihrer brasilianischen Heimat verbringen?

Raffael: Nach Saisonschluss fliege ich mit meiner Familie zunächst für zwei Wochen nach Florida. Rechtzeitig zur WM werden wir aber in meine Heimatstadt Fortaleza reisen. Meine Eltern freuen sich bereits sehr, dass ich für ein paar Wochen nach Hause komme.

bundesliga.de: Werden Sie die WM-Spiele im Kreis der Familie schauen?

Raffael: Ich möchte so viele Spiele wie möglich im Stadion sehen. In Fortaleza spielen unter anderem Brasilien gegen Mexiko, Deutschland gegen Ghana und Uruguay gegen Costa Rica. Da wäre ich schon sehr gerne dabei. Noch ist nicht einhundertprozentig sicher, ob ich für alle Partien Karten bekommen. Ich hoffe aber sehr, dass es klappt.

bundesliga.de: Was trauen Sie der Selecao zu?

Raffael: Ich denke, dass Brasilien nicht nur, aber auch wegen des Heimvorteils der große Favorit auf den Titel ist. Luiz Felipe Scolari ist ein sehr erfahrener Trainer, der die Selecao 2002 schon einmal zum Titel geführt hat. Zudem hat die Mannschaft im vergangenen Jahr beim Confed Cup gezeigt, dass sie jeden Gegner schlagen kann.

bundesliga.de: Wer wird der große Star des Turniers?

Raffael: Neymar, ganz klar! Er ist ein begnadeter Fußballer, und ich liebe es, ihm zuzuschauen. Aber auch Cristiano Ronaldo wird groß aufspielen, immer vorausgesetzt, dass Portugal lange im Turnier bleibt. Bei Brasilien schätze ich zudem Oscar und Fred ganz besonders, und selbstverständlich freue ich mich sehr für Dante und für Luiz Gustavo, dass Scolari die beiden in den WM-Kader berufen hat.

bundesliga.de: Trotz Top-Leistungen wie in dieser Saison haben Sie noch nie für die Selecao gespielt. Schmerzt das?

Raffael: Nein, ich habe mich damit längst abgefunden. Ich bin in Brasilien nicht so bekannt und hatte auch noch nie Kontakt zu Scolari. Zudem gibt es viele weitere herausragende Spieler, die für die Selecao infrage kommen würden, es aber ebenfalls nicht in den Kader schaffen.

bundesliga.de: Beachtet man die Bundesliga in Brasilien, oder fokussieren sich die Fans eher auf die Primera Division und die Premier League?

Raffael: Die Brasilianer interessieren sich durchaus für die Bundesliga, und man sieht auch schon mal Kids, die etwa ein Bayern-München-Trikot tragen. Und meine Eltern sehen ohnehin möglichst alle Spiele von Borussia Mönchengladbach und von Hertha live, um Ronny und mich spielen zu sehen.

bundesliga.de: Was trauen Sie der deutschen Mannschaft zu?

Raffael: Neben Brasilien gehört Deutschland ebenso wie Spanien und Argentinien zu den Favoriten. Deutschland ist immer zu beachten, und die aktuelle Mannschaft hat nicht nur kämpferische, sondern auch große fußballerische Qualität. Vor allem Marco Reus und Mario Götze gefallen mir sehr gut und werden in Brasilien geschätzt. Trotzdem träumt jeder Brasilianer von einem Finale gegen Argentinien. Würde Brasilien dieses Finale gegen den großen Rivalen dann aber verlieren, wäre das eine nationale Katastrophe.

bundesliga.de: Haben Sie auch einen Geheimtipp?

Raffael: Belgien hat eine junge, spielstarke Mannschaft, Eden Hazard, Kevin De Bruyne und Axel Witsel sind großartige Fußballer. Noch stärker schätze ich aber Chile ein. Bei der sehr unglücklichen 0:1-Niederlage kürzlich im Freundschaftsspiel gegen Deutschland hat das Team gezeigt, dass man mit den ganz Großen mithalten kann. Und mit Arturo Vidal hat Chile einen echten "Krieger" als Anführer.

bundesliga.de: Glauben Sie, dass die WM ein großes, fröhliches Volksfest wird, oder haben Sie Befürchtungen, dass es zu ähnlichen Unruhen kommen könnte, wie beim Confed Cup?

Raffael: Ich lehne jede Form von Gewalt ab und will die Ereignisse des vergangenen Jahres gewiss nicht entschuldigen. Fakt ist aber, dass noch immer zu viel falsch läuft in meiner Heimat. Man hat den Menschen ein erschwinglicheres und damit gerechteres Gesundheitswesen und bessere Krankenhäuser und Schulen versprochen. Bis jetzt sind diese Versprechen aber nicht eingelöst worden. Stattdessen wurden Unsummen in den Bau der Stadien gesteckt, zudem gab es Umsiedlungen und Zwangsräumungen. Diese Ungerechtigkeit und Ungleichheit machen die Menschen wütend, ich verstehe das. Trotzdem wünsche ich mir und allen Brasilianern nichts sehnlicher, als dass die Fans aller Nationen gemeinsam friedlich feiern können.

Das Gespräch führte Andreas Kötter