Zusammen mit Berti Vogts (r.) und Torwarttrainer Uli Stein (l.) arbeitet Olaf Janßen für Aserbaidschan
Zusammen mit Berti Vogts (r.) und Torwarttrainer Uli Stein (l.) arbeitet Olaf Janßen für Aserbaidschan

"Nadelstiche setzen"

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Hamburg - Seit 2008 ist Olaf Janßen als Co-Trainer von Berti Vogts für die Aserbaidschanische Nationalmannschaft tätig. Seitdem geht es mit dem Fußball in Aserbaidschan stetig bergauf. Mit dem 1:0 gegen die Türkei wurde in der Qualifikation zur EURO 2012 ein erster Achtungserfolg gefeiert. Gegen Deutschland gab es im Hinspiel jedoch eine deftige 1:6-Pleite. Das soll sich am Dienstag (ab 18:45 Uhr im Live-Ticker) aber ändern.

"Wir haben in den Jahren festgestellt, dass die Mannschaft vor heimischem Publikum ein ganz anderes Gesicht zeigt. Deshalb erhoffen wir uns, dass wir Nadelstiche setzen können", sagte Janßen im bundesliga.de-Interview.

bundesliga.de: Herr Janßen, wie schwer wiegt die Niederlage gegen Kasachstan vor der Partie gegen Deutschland?

Olaf Janßen: Die Niederlage war schon eine Enttäuschung. Wir haben uns mehr ausgerechnet. Es bleibt nun abzuwarten, wie unsere sehr junge Mannschaft das 1:2 in den wenigen Tagen verarbeitet. Letztlich hat das Ergebnis im Hinblick auf die Partie gegen Deutschland aber keine großen Auswirkungen.

bundesliga.de: Welche Erkenntnisse haben Sie aus dem Spiel des DFB-Teams gegen Österreich gewonnen?

Janßen: Es hat sich wieder einmal gezeigt, dass Joachim Löw auch in der Breite eine herausragende Mannschaft hat. Da ist bis auf kleine Abstriche kein Qualitätsverlust zu erkennen, egal wie viele Spieler ausfallen. Dass Deutschland bei uns die Qualifikation zur EURO 2012 fast schon unter Dach und Fach bringen kann, macht die Sache für uns natürlich nicht leichter.

bundesliga.de: Im Hinspiel kam Aserbaidschan mit 1:6 unter die Räder.

Janßen: Als Trainer zieht man aus jedem Spiel seine Erkenntnisse. Und oft ist das nach Niederlagen sogar einfacher. Freuen konnten wir uns darüber natürlich nicht. Es war unangenehm, aber wir haben unsere Lehren daraus gezogen. Da haben sich einige Dinge deutlich verbessert.

bundesliga.de: Welche wären das?

Janßen: Die Entwicklung der Mannschaft ist unverkennbar. Es geht in allen Bereichen voran. Wenn ich zum Beispiel an eines unserer ersten Spiele denke. Das war ein 0:0 gegen Liechtenstein. Da waren unsere Spieler nach 60 Minuten schon stehend K.o. Selbst in den Trainingseinheiten hat es manchmal nicht gereicht, nur einen Gang zurückzuschalten. Die Athletik und Kondition hat sich enorm verbessert. Dennoch ist noch viel Potenzial nach oben vorhanden. Im taktischen Bereich mussten wir auch fast bei Null anfangen. Die Entwicklung geht da ebenfalls stetig voran. Das sollte für alle sichtbar sein.

bundesliga.de: Die Spieler sind auch noch sehr jung.

Janßen: Wir haben das Team seit 2008 extrem verjüngt und perspektivisch für die Zukunft zusammengestellt. Wir haben fast durchweg positive Charaktere im Kader, die gewillt sind das anzunehmen, was wir ihnen vermitteln wollen. Das merkt man im Training und auch in den Spielen. Leider wird dieser positive Weg durch das in der Qualität nicht ausreichende Vereinstraining immer wieder gestört.

bundesliga.de: Dennoch spielt nur ein "Legionär" bei Aserbaidschan. Woran liegt das?

Janßen: Das ist das große Problem. Die Spieler können sich jetzt eigentlich nur noch im Ausland weiterentwickeln, da die Umstrukturierung der Liga nicht von heute auf morgen abgeschlossen werden kann. Von der Qualität können die Jungs sicherlich in der 2. Bundesliga und sogar der Bundesliga mithalten. Aber unseren Spielern werden eher Brasilianer oder Argentinier vorgezogen, da wir einen Platz für Nicht-EU-Ausländer blockieren, obwohl wir in der EURO-Quali spielen. Das passt irgendwie nicht zusammen und hemmt unsere Entwicklung ungemein.

bundesliga.de: Sind die Ansprüche an das Trainerteam dennoch gewachsen?

Janßen: Ja, aber das ist ja auch legitim, dass die Erwartungen steigen. Das erwartet man von uns ja auch. Wir werden nun einmal an den Ergebnissen gemessen. Der Verband unterstützt uns aber mit allen Mitteln. Wir haben die volle Unterstützung. Wenn man sieht, mit welchem Elan Berti Vogts bei der Sache ist, mit welcher Akribie, dann ist das nicht verwunderlich. Er versucht, jeden Stein umzudrehen, um den Fußball in Aserbaidschan Schritt für Schritt nach vorne zu bringen. Das ist einfach außergewöhnlich und für mich eine tolle Erfahrung, an seiner Seite arbeiten zu dürfen.

bundesliga.de: Und was erwarten Sie vom Spiel gegen Deutschland am Dienstag?

Janßen: Wir haben in den Jahren festgestellt, dass die Mannschaft vor heimischem Publikum ein ganz anderes Gesicht zeigt. Das passt uns nicht immer. Aber sie sind dann einfach mutiger und rufen in der Offensive Dinge ab, die wir auswärts so nicht sehen. Deshalb erhoffen wir uns, dass wir Nadelstiche setzen können. Und natürlich wollen wir auch wieder ein Tor erzielen und der DFB-Auswahl in ihrem letzten Spiel vor dem verdienten Urlaub einiges abverlangen.

Das Gespräch führte Michael Reis