Mathias Abel (l.) besorgte mit einem Kopfballtreffer den 3:3-Endstand
Mathias Abel (l.) besorgte mit einem Kopfballtreffer den 3:3-Endstand

Moralische Sieger

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Kaiserslautern - Christian Tiffert ist ein sehr geduldiger Mensch. Deswegen zeigte der technisch starke Mittelfeldmann auch keinerlei Verschleißerscheinungen, als er in der Mixed-Zone zum dritten Mal die Energieleistung seines 1. FC Kaiserslautern gegen den VfB Stuttgart bewerten sollte: "Ich glaube, das war ein verdientes Unentschieden, darauf können wir aufbauen."

Einen 0:3-Rückstand hatte der FCK aufgeholt und die vermeintlich sichere Niederlage innerhalb von nur 20 Minuten in ein Remis gedreht, das am Schluss fast noch ein wenig glücklich war - für den VfB wohlgemerkt.

FCK dreht "psychologisch wahnsinnigen Rückstand"

"Wir waren heute die bessere Mannschaft, finde ich. Schade, dass es nicht für drei Punkte gereicht hat", sagte Angreifer Srdjan Lakic, der ein starkes Spiel gemacht hatte und die Deckung der Schwaben immer wieder beschäftigte.

"Am Schluss müssen wir fast noch zufrieden sein mit dem Punkt", gab Stuttgarts Sportdirektor Fredi Bobic zu. Auch er hatte seinen Augen nicht getraut, als innerhalb von 20 Minuten die eingewechselten Iljan Micanski (58.) und Ivo Ilicevic (76.) zwei Treffer erzielten und Innenverteidiger Mathias Abel (78.) sogar noch nachlegte. Ausgeglichen war damit ein 0:3-Rückstand, der "psychologisch eigentlich ein Wahnsinn ist", wie FCK-Coach Marco Kurz feststellte.

Spielfreude statt ausschließlich Kampfstärke

Der FCK gehört spielerisch sicher nicht zu den besten Teams der Liga - das wäre bei einem klammen Aufsteiger auch verwunderlich. Aber er verfügt über ein intaktes Kollektiv, das sich seine Offensivaktionen unermüdlich erarbeitet, das auf dem Weg von Strafraum zu Strafraum durchaus facettenreich agiert und das im Offensivbereich einige gute Techniker hat.

Insofern hatte Kurz Recht, als er die seit Hans-Peter Briegels Zeiten gängigen Interpretationsmuster kritisierte: "Ich höre immer, dass wir eine kampfstarke Mannschaft sind. Ich sehe eine Mannschaft, die Fußball spielt."

"Es spricht natürlich für den Trainer, wenn zwei Einwechselspieler die Tore machen", fand Abel, der nicht vergaß, das eigene Publikum zu loben: "Wahnsinn, was hier heute los war." Schon als Kind war Abel, der "Pfälzer Bub", Stammgast bei FCK-Spielen: "Ich habe hier schon viele große Spiele als Fan gesehen. Diesmal war ich mittendrin. Das war heute pures Betzenberg-Feeling."

Publikum peitscht die "Roten Teufel" nach vorne

In der Tat hatten die Zuschauer ihr Team immer wieder in gehörigen Dezibelzahlen nach vorne gepeitscht, schon nach dem ersten Lauterer Treffer herrschte ein ohrenbetäubender Lärm, der auch auf dem Platz Konsequenzen hatte, wie Kurz zu berichten wusste: "Ich habe in der 70. Minute Spieler gesehen, die unbedingt ausgewechselt werden wollten. Dann kam der Schwung von außen und sie sind plötzlich wieder gelaufen." Warum das so war, erklärte Tiffert: "Wenn du siehst, wie das ganze Stadion steht, motiviert dich das natürlich auf jeden Fall zusätzlich."

Allzu lange wollten sich aber weder die Spieler noch der Trainer mit den gerade vollbrachten Großtaten befassen, die Konzentration liege schon wieder ganz auf dem nächsten Auswärtsspiel, hieß es: "Wenn wir nächste Woche beim 1. FC Nürnberg verlieren", sagte Abel, "war der Punktgewinn heute auch nichts wert."

Aus Kaiserslautern berichtet Christoph Ruf