"Die Mannschaft ist gefestigt und stabil", sagt Bundestrainer Joachim Löw (l., hier mit Thomas Müller)
"Die Mannschaft ist gefestigt und stabil", sagt Bundestrainer Joachim Löw (l., hier mit Thomas Müller)

Mit Wille und Leidenschaft endlich ins Finale

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Lahm: "Jetzt will man definitiv mehr"

Santo Andre - Die historische Tat gegen Frankreich geriet ganz schnell zur Nebensache. Das Giganten-Duell gegen Brasilien war kurz nach dem Abpfiff des Viertelfinales das beherrschende Thema bei der deutschen Nationalmannschaft. Gegen den Rekordweltmeister will das DFB-Team nach zuletzt drei vergeblichen Anläufen endlich auch sein Halbfinal-Trauma überwinden.
 
"Wir versuchen jetzt, den nächsten Schritt zu machen. Die Mannschaft ist gefestigt und stabil", sagte ein sichtlich erleichterter Bundestrainer Joachim Löw nach dem 1:0 im Viertelfinale gegen die Franzosen und vor dem WM-Schlager gegen die Selecao am Dienstag (ab 21:45 Uhr im Live-Ticker) in Belo Horizonte.

Dass die deutsche Mannschaft bei einer WM zum vierten Mal in Serie die Runde der letzten Vier erreichte und damit Geschichte schrieb (Topdaten zum Sieg gegen Frankreich), interessierte schon beim Rückflug aus Rio de Janeiro kaum mehr. "Alle haben im Kopf, dass wir wieder zurück nach Rio kommen", betonte Manager Oliver Bierhoff mit Blick auf das Finale am 13. Juli im legendären Maracana (Spielplan).
 
Ein drittes Mal das undankbare Spiel um Platz 3? "Das brauche ich wirklich nicht, da reise ich vorher ab", sagte Kapitän Philipp Lahm mit einem Schmunzeln - um dann bestimmt anzufügen: "Jetzt will man definitiv mehr. Das war nicht unser letzter Aufenthalt hier in Rio."

Ausruhen für das Prestigeduell

Doch zunächst wartet der wohl schwerste Brocken - auch wenn den Brasilianern Superstar Neymar und Kapitän Thiago Silva (Gelbsperre) fehlen werden. Um für die Partie gegen den Rekord-Weltmeister gerüstet zu sein, wirft Löw sogar den bisher üblichen Fahrplan über den Haufen. "Wir werden diesmal erst einen Tag vor dem Spiel anreisen, sodass wir einen Tag länger zur Regeneration haben", sagte Bierhoff. Statt am Sonntag fliegt das DFB-Team erst am Montag nach Belo Horizonte.
 
Auch im Campo Bahia war nach der Rückkehr am Freitagabend Ruhe das oberste Gebot. Es gab sogar Alkoholverbot. "Wichtig ist, dass die Spieler keinen Alkohol trinken. Das war zwar früher bei uns anders, hier müssen wir aber darauf achten", betonte Bierhoff. "Einfach ausruhen, wenig machen, abschalten", gab Lahm als Motto bis Dienstag aus.

Matchwinner Hummels zuversichtlich

Die Mannschaft sieht sich aber trotz des Kraftaktes bei brütender Hitze in Rio gegen Frankreich für das Halbfinale und den heiß ersehnten vierten Titel gerüstet. "Ich denke, dass wir eine große Chance haben, es diesmal zu packen und den Pokal endlich in der Hand zu halten", meinte Torjäger Miroslav Klose, warnte aber zugleich: "Wir dürfen nicht den zweiten vor dem ersten Schritt machen."
 
Dennoch: Der Optimismus ist groß, das Achtelfinale gegen Algerien (2:1 n.V.) schon wieder weit weg. "Mit dieser Art, Fußball zu spielen, haben wir ein Chance zu gewinnen", sagte überragende Mats Hummels, der die DFB-Auswahl mit seinem zweiten Turniertreffer (13.) zum Sieg führte. Er glaube auch, fügte der Dortmunder an, "dass wir dieses Spiel durchziehen können".

Eine kampfstarke, stabile Einheit

Hummels meinte aber nicht das technisch anspruchsvolle Spiel, das Löw so gerne hätte, sondern Einsatz, leidenschaftliche Defensivarbeit und Kampf um jeden Zentimeter. "Man gewinnt nicht mit zwei Gegentoren pro Spiel die Weltmeisterschaft, man braucht eine stabile Defensive", so der Abwehrmann. (DFB-Stars in der Einzelkritik)
 
Die Mannschaft müsse weiter "so füreinander arbeiten", ergänzte Thomas Müller mit der Betonung auf arbeiten, "dann ist es ganz schwer, uns zu schlagen, weil wir auch individuell was drauf haben." Lahm sprach von "Wille und Leidenschaft". Stimme die, könne man "Taktik und fußballerische Qualität" vergessen.
 
Das Spiel gegen Frankreich bot besten Anschauungsunterricht: Die deutsche Mannschaft glänzte keineswegs, trat aber als kampfstarke und stabile Einheit auf. Dazu trugen auch die personellen Rochaden von Löw bei. Vor allem die Versetzung von Lahm in die Abwehr erwies sich als wichtiges Puzzleteil.

Wieder personelle Änderungen?

"Wir wollten über die Außenpositionen mehr bewirken. Und ich hatte das Gefühl, für das Spiel einen neuen Reiz setzen zu müssen. Dass Philipp das sehr gut macht, ist auch schon länger bekannt", kommentierte Löw seine weitreichende Planänderung gelassen. Dass er zudem Per Mertesacker opferte und Miroslav Klose erstmals in die Startelf beorderte, waren weitere Mosaiksteinchen.
 
Was die Aufstellung für das Brasilien-Spiel angeht, hielt sich Löw dennoch bedeckt. "Das weiß ich jetzt noch nicht. Für mich ist wichtig zu sehen, wie die Spieler das verkraften. Einige Spieler mussten absolut ans Limit", sagte er. Jetzt heiße es, "die Kräfte zu bündeln. Wir müssen das aus den Knochen schütteln."