Gute Laune in Hannover: Nach dem zweiten 3:1-Sieg in Folge lassen die Niedersachsen den Abstiegskampf vorerst hinter sich
Gute Laune in Hannover: Nach dem zweiten 3:1-Sieg in Folge lassen die Niedersachsen den Abstiegskampf vorerst hinter sich

Mit Slomka-Taktik zum Vereinsrekord

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Hannover - Zweites Spiel, zweiter Sieg. Seit Tayfun Korkut auf der Bank von Hannover 96 Platz genommen hat, läuft es wieder bei den Roten. Dem 3:1 zur Premiere in Wolfsburg ließ die Mannschaft gegen Borussia Mönchenglad- bach, einem weiteren Champions-League-Aspiranten, erneut ein 3:1 folgen.

Erinnerungen an beste Slomka-Zeiten

Und der Türke schreibt damit Vereinsgeschichte. Noch nie ist ein 96-Trainer mit zwei Siegen und 6:2 Toren in die Rückrunde gestartet. Und nur die ältesten der Zuschauer in der HDI Arena konnten sich wohl noch daran erinnern, wann zuletzt ein Trainer bei seinem Bundesliga-Einstand für die Roten zwei Spiele in Folge gewinnen konnte. 1964 gelang das Helmut Kronsbein. Allerdings hatte der bei allen seinen Trainerstationen liebevoll "Fiffi" genannte Übungsleiter den Vorteil, die Mannschaft zu kennen. Hatte er sie doch in die damals gerade mal ein Jahr alte Liga geführt.

Errungen wurde der Sieg gegen die Gladbacher mit der Slomka-Taktik zu besten Europa-League-Zeiten: schnelles Umschalten auf Angriff nach Balleroberung und gefährlichen Standards auf die kopfballstarken Artjoms Rudnevs (traf per Kopf zum 1:0) und Mame Diouf, der bei seinem dritten Doppelpack für Hannover ebenfalls einmal einnickte.

"Das können Sie so zusammenfassen", so ein sichtlich gut aufgelegter Martin Kind auf die Frage, ob ihn die Art und Weise wie der Sieg errungen wurde, nicht an die Arbeit von Mirko Slomka erinnert. Allerdings habe natürlich auch der neue Trainer seinen Anteil am erfolgreichen Rückrundenauftakt. "Korkut ist es gelungen, die Mannschaft voll mitzunehmen", freute sich der 96-Präsident.

Korkut macht Hannover Beine

Was aber hat der Neue, der ursprünglich als Co-Trainer an die Leine geholt werden sollte, der Mannschaft im ersten Monat seiner Amtszeit beigebracht? Da hilft ein Blick auf die Statistiken. Der 39-Jährige hat der Mannschaft Beine gemacht. Waren die Gastgeber in der Vorrunde mit 113,8 zurückgelegten Kilometern im Schnitt noch die Lauffaulsten der Liga, so legte seine Mannschaft gegen den fünfmaligen Meister der 70er Jahre stolze 125,9 km zurück.

Außerdem steht Hannover nun tiefer und kompakter. Spielte sich das Spiel unter Slomka im Schnitt noch 37 Meter vor dem eigenen Tor ab, so lassen sich die Korkut-Schützlinge noch vier Meter weiter fallen und machen die Räume eng. "Wir haben hart gearbeitet, sind kompakt gestanden und haben nicht viel zugelassen", analysierte Ron-Robert Zieler nach der Partie. "Besser geht’s nicht", lobte der Keeper seine Vorderleute und freut sich darüber, dass das neue System "die Arbeit für mich leichter macht".

Mit zwei Spitzen gefährlicher

"Außerdem freue ich mich darüber, dass wir mit zwei Spitzen spielen. Da sind wir schwerer auszurechnen", fügte Kind seiner Analyse noch hinzu. "Rudnevs und ich verstehen uns sehr gut", konstatierte Diouf, der Spielfreude wie lange nicht ausstrahlte. Dass die auf Eis gelegten Gespräche über eine Verlängerung seines am Saisonende auslaufenden Vertrages ihn eventuell gehemmt haben könnten, weist Diouf von sich. "Ich habe immer alles versucht", so der Senegalese zu bundesliga.de, der 23 seiner 25 Tore für Hannover vor eigenem Publikum erzielte.

Neben Leihgabe Rudnevs schlug auch Frantisek Rajtoral, voll ein. "Dafür, dass er nur einen Tag Training mit der Mannschaft hatte, war das eine sehr gute Leistung", lobte Kind den Last-Minute-Neuzugang aus Pilsen. Der 27-Jährige wurde als Back-up für das langzeitverletzte Urgestein Steven Cherundolo (seit Januar 1999 ein Roter) geholt und konnte sein Können auf der rechten Seite der Vierer-Abwehrkette sofort unter Beweis stellen, da der bisherige Cherundolo-Ersatz Hiroki Sakai eine Sperre wegen fünf Gelber Karten abbrummen musste.

Zufriedenheit überall

Ein glückliches Händchen von Sportdirektor Dirk Dufner also bei den Neuverpflichtungen in der Winterpause? "Nicht nur. Ich bin mit allen Einkäufen zufrieden. Auch denen, die wir in der Sommerpause getätigt haben."

"Die Mannschaft ist zufrieden, der Trainer ist zufrieden, ich bin zufrieden", fasste Kind die Stimmung im Lager der Niedersachsen nach dem Gladbach-Spiel zusammen. Und die Fans auch. 47.000 strömten bei nasskaltem Wetter in die HDI Arena. Mehr lockten nur die Spiele gegen Schalke 04 und das Niedersachsen-Derby ins Stadion.

Kind: "Befinden uns weiter im Abstiegskampf"

Trotz des nicht zu übersehenden Aufwärtstrends tritt Kind auf die Euphoriebremse und sieht keinen Grund, das im Laufe der Vorrunde bereits zweimal geänderte Saisonziel schon wieder neu zu definieren. "Das heute ist eine Momentaufnahme. Mehr nicht", stellte Kind klar. "Wir befinden uns weiter im Abstiegskampf."

Das aber mit breiter Brust. Die Angst vor einem Fehlstart in die Rückrunde, in für die Roten die Champions-League-Aspiranten Wolfsburg, Mönchengladbach und am kommenden Samstag die Reise zu Schalke 04 auf dem Auftaktprogramm standen, sind ebenso weggeblasen wie die Furcht vor fremden Plätzen, auf denen die Roten in der Vorrunde keinen einzigen Punkt holen konnten. "Nun wollen wir auch versuchen, auf Schalke etwas zu holen", gibt Diouf vor. Schon bei einem Punkt wäre Korkut alleiniger Rekordhalter. Kronsbein hatte 1964 sein drittes Spiel mit 0:3 beim Hamburger SV verloren.

Aus Hannover berichtet Jürgen Blöhs