Udo Lattek wurde mit dem FC Bayern München sechs Mal Deutscher Meister
Udo Lattek wurde mit dem FC Bayern München sechs Mal Deutscher Meister

"Manchester unterschätzt man nie"

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Perfekter hätte es für den FC Bayern an diesem Wochenede nicht laufen können: Das Spitzenspiel beim FC Schalke mit 2:1 gewonnen und die Tabellenführung zurückerobert und Bayer Leverkusen auch schon auf sechs Punkte distanziert.

Zudem hat Champions-League-Gegner Manchester United in der heimischen Premier League das Spitzenspiel gegen den FC Chelsea verloren. Während die Bayern also mit Rückenwind und dem 2.1 aus dem Hinspiel ins Old Trafford reisen, hat ManUnited einen Rückschlag zu verarbeiten.

Trainer-Legende Udo Lattek glaubt ohnehin an die Chance seines Ex-Vereins, unter die besten vier Teams Europas vorzudringen. Im Interview mit bundesliga.de spricht Lattek über den Ausfall von United-Star Wayne Rooney, die Gefahr der Überheblichkeit und die Stärke der Bayern mit und ohne Arjen Robben.

bundesliga.de: Herr Lattek, die Bayern haben im Hinspiel gegen Manchester United eine tolle Leistung abgeliefert und wurden belohnt. Wie haben Sie das Spiel gesehen?

Udo Lattek: Ich hatte gedacht, dass Bayern München nach dem frühen Rückstand untergehen würde. Andererseits sage ich mir aus meiner Erfahrung als Trainer heraus, "lieber ein Tor in der ersten Minute, als in der letzten Minute kassieren". Wenn das Tor in der ersten Minute fällt, hat man genügend Zeit, den Schaden zu reparieren. Kurz vom Schluss wäre es wohl vorbei. Also wie die Bayern sich da rausgeholt haben, das ist schon sensationell. Das hätte ich ihnen nicht zugetraut.

bundesliga.de: Kann die Mannschaft mit Robben und Schweinsteiger im Kader noch eine Schippe drauflegen?

Lattek: Ja, natürlich. Hinzu kommt ja auch noch der Ausfall von Wayne Rooney. Und wenn die beiden noch dazu kommen, Schweinsteiger und Robben, dann ist die Mannschaft noch viel stärker. Manchester muss ja angreifen, und deswegen hat Bayern München die Chance zu kontern mit den beiden Spitzen-Konterspielern.

bundesliga.de: Was bedeutet das Aus von Wayne Rooney für Manchester United?

Lattek: Das kann ich aus der Distanz nicht so beurteilen, weil ich nicht weiß, wie die Ersatzmöglichkeiten sind. Aber normalerweise ist ein Wayne Rooney nicht zu ersetzten. Er ist derjenige, der die Tore macht, der das Spiel umwälzt. Das ist schon ein riesiger Schlag für Manchester.

bundesliga.de: Besteht die Gefahr, dass die Bayern den Gegner nach dem Rooney-Aus unterschätzen?

Lattek: Nein. Das mit Sicherheit nicht. Denn Manchester unterschätzt man nie. Das geht gar nicht. Man darf aber nicht davon ausgehen, dass ManU jetzt schlechter geworden ist, weil Wayne Rooney nicht spielt. Die haben sicher genügend Leute, die das wieder ausgleichen können. Ich gehe auch davon aus, dass Louis van Gaal und alle, die um die Mannschaft herum sind, den Spielern klarmachen: "Unterschätzen geht gar nicht". Dafür ist Manchesters Mannschaft viel zu stark. Man muss dort hinfahren und sehen, dass man den - ich hätte fast gesagt komfortablen - Vorsprung über die Runden bringt. Aber man darf sich gleichzeitig nicht nur hinten reinstellen. Man muss aggressiv sein. Man muss sie auch unter Druck setzen und nicht einfach spielen lassen.

bundesliga.de: Wie realistisch schätzen Sie die Chancen aufs Erreichen des Champions-League-Halbfinals ein?

Lattek: Sagen wir mal 50:50. Sie haben alle Möglichkeiten. Sie sind gut drauf. Wenn man so die ganzen Presseberichte liest, dann sind die Spieler der Meinung, dass sie jetzt noch mal einen Schub bekommen haben. Und wenn die Bayern in ein wichtiges Spiel reingehen, sind sie immer besser, als sie es normalerweise sind.

bundesliga.de: Vor allem haben die Bayern bewiesen, dass sie sehr wohl auch ohne Arjen Robben gut und erfolgreich spielen können. Wie wichtig ist diese Tatsache für den restlichen Saisonverlauf?

Lattek: Die Bayern können gut spielen, aber ohne Arjen Robben wären sie nicht da, wo sie jetzt sind. Sowohl in der Champions League nicht, als auch in der Meisterschaft nicht und auch im DFB-Pokal nicht. Also mit Robben sind sie noch ein Stück besser.

Das Gespräch führte Sebastian Stolz