Klaus Augenthaler geht davon aus, dass der FC Bayern wieder Meister wird - auch, wenn das Gladbach-Match eine "harte Prüfung" wird
Klaus Augenthaler geht davon aus, dass der FC Bayern wieder Meister wird - auch, wenn das Gladbach-Match eine "harte Prüfung" wird

"Gladbach wird eine Prüfung"

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München - Mit den Bayern wurde Klaus Augenthaler als Spieler sieben Mal Meister, mit Deutschland 1990 Weltmeister. Auch als Trainer arbeitete der 56-Jährige erfolgreich in Nürnberg, Leverkusen und Wolfsburg. Im Interview mit bundesliga.de blickt Augenthaler auf den Rückrundenstart, die Chancen der Bayern aufs erneute Triple - und gibt einen Tipp ab, welche Spieler vielleicht noch den Sprung in den WM-Kader schaffen könnten.

bundesliga.de: Herr Augenthaler, der FC Bayern hat seit über einem Jahr kein Bundesliga-Spiel mehr verloren und muss nun zum Rückrundenauftakt nach Mönchengladbach. Die Borussia hat daheim bislang 25 von 27 Punkten geholt. Wird die Partie am Freitag (ab 20 Uhr im Live-Ticker) zum vielleicht letzten möglichen Stolperstein für die Bayern auf ihrem Weg zum Titel?

Klaus Augenthaler: Das glaube nicht. Es gibt auch noch andere Mannschaften, gegen die die Bayern stolpern können oder werden. Es wird in Gladbach noch keine Vorentscheidung geben. Ich glaube aber, dass die Bayern ungefährdet Meister werden.

bundesliga.de: Aber die heimstarke Borussia dürfte für den Rekordmeister eine richtige Prüfung werden?

Augenthaler: Ja, klar, das wird sicher eine Prüfung. Die Gladbacher haben viel Selbstvertrauen, weil sie Zuhause fast alles gewonnen haben. Aber wenn man rückblickend schaut, wie sie etwa gegen Dortmund gewonnen haben, wissen sie das selber nicht.

bundesliga.de: Halten Sie es für möglich, dass die Bayern den Triplegewinn der vergangenen Saison wieder schaffen können?

Augenthaler: Das kann man sicher nicht voraussetzen, gerade wenn die Bayern im Pokal einen schwierigen Gegner auswärts zugelost bekommen und einen schlechten Tag erwischen. Die Zielsetzung der Bayern dürfte anders aussehen. An erster Stelle steht die Meisterschaft. In dem Wettbewerb sind sie auf dem besten Weg. In der Champions League wollen sie sicher so weit wie möglich kommen, also wieder ins Endspiel.

bundesliga.de: Den Bayern könnte nun das Luxusproblem bevorstehen, dass alle Spieler fit sind und sich dann einige Stars auf der Bank wieder finden. Könnte da Unruhe aufkommen?

Augenthaler: Das kann ich mir nicht vorstellen. In der Hinsicht hat Jupp Heynckes bereits in der vergangenen Saison sehr gute Vorarbeit geleistet. Auch Pep Guardiola lässt die Jungs immer wieder spielen. Er gibt allen das Gefühl, ganz egal ob ein Spieler die Nummer 22 oder 24 ist, ein fester Bestandteil der Mannschaft zu sein.

bundesliga.de: Fünf Bundesliga-Spieler wurden in die UEFA-Elf des Jahres gewählt. Entspricht das dem Leistungsvermögen der Bundesliga?

Augenthaler: Ich denke schon. Die Bundesliga hat in den letzten Jahren speziell durch die Bayern und Dortmund zu den so genannten größeren Ligen von Nationen wie Spanien oder England sehr gut aufgeholt.

bundesliga.de: Hat es Sie überrascht, dass Franck Ribery nicht Weltfußballer geworden ist?

Augenthaler: Ich habe Ribery so oft gesehen. Ohne ihn ist der FC Bayern undenkbar. Ob er Weltfußballer wird oder nicht, wird er verkraften können. Sein Anteil am Erfolg der Bayern war riesig.

bundesliga.de: Wenn man das Verfolgerfeld der Bayern unter die Lupe nimmt, wer kristallisiert sich als der Beste des Rests heraus? Ist es Bayer Leverkusen?

Augenthaler: Leverkusen überrascht mich positiv. Ich hätte nicht gedacht, dass sie so lange dran bleiben würde.

bundesliga.de: Borussia Dortmund hatte viel Verletzungspech in der Hinrunde, in der beispielsweise ein Ilkay Gündogan beinahe komplett ausfiel. Das konnte die Mannschaft wohl nicht so richtig verkraften?

Augenthaler: Sicherlich. Aber der BVB spielt nach wie vor einen hervorragenden Fußball. Sie werden sich auch wieder stabilisieren, wenn die Verletzten zurückkommen. Der Borussia fehlte auch ein Mats Hummels als Stabilisator enorm.

bundesliga.de: Kann Gladbach das Niveau halten?

Augenthaler: Ich habe auch die Gladbacher öfter gesehen. Sie spielen einen kompakten und guten Fußball. Aber ob sie das Niveau halten können, ist die Frage. Sie haben auch wie gegen Nürnberg oder Dortmund einige Spiele gewonnen, die sie nicht unbedingt gewinnen mussten. Aber das Glück braucht man auch.

bundesliga.de: Bleiben noch mit Wolfsburg und Schalke zwei Kandidaten, die sich auch noch Chancen auf die Champions League ausrechnen. Halten Sie es für möglich, dass diesen Vereinen die Aufholjagd gelingt?

Augenthaler: Wolfsburg schnuppert gerade ein bisschen daran. Sie sehen, dass sie vorne reinkommen können. Wenn sie eine Einheit und ein Team werden und Dieter Hecking es versteht, den Glauben daran zu mobilisieren, dann ist es machbar. Wie weit Schalke seine Zielsetzung erreicht, ist schwer zu sagen.

bundesliga.de: Nach der Bundesliga steht dann die Weltmeisterschaft in Brasilien an. Könnte es bei der Nominierung des WM-Kaders durch den Bundestrainer Joachim Löw noch Last-Minute-Überraschungen geben? Hätten Spieler wie Max Meyer, Matthias Ginter oder Kevin Volland die Klasse dafür?

Augenthaler: Mir persönlich gefällt Max Meyer von Schalke sehr gut. Allerdings hat er das Problem, dass die Nationalelf im Mittelfeld sehr gut besetzt ist. Er ist zwar erst 18 Jahre alt. Aber warum sollte man nicht auch ein, zwei so junge Spieler mitnehmen? Ginter ist international meiner Meinung nach noch nicht so weit. Volland schon eher - warum nicht?

Das Gespräch führte Tobias Gonscherowski