Erstmal durchschnaufen: BVB-Kapitän Sebastian Kehl (2.v.r) und der BVB erlebten eine Achterbahnfahrt
Erstmal durchschnaufen: BVB-Kapitän Sebastian Kehl (2.v.r) und der BVB erlebten eine Achterbahnfahrt

Keine Spur von Meisterflatter

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Dortmund - Mats Hummels nahm die Frage schon vorweg, bevor sie gestellt war. "Ich freu  mich schon darauf, wenn jetzt wieder von der Meisterflatter geredet wird", grinste der BVB-Verteidiger in die Runde. "Wir sind drei Punkte vorne - es gibt schlimmere Ausgangslagen sechs Spieltage vor dem Saisonende."

"Gefühlte Niederlage"

Es war eines jener Wahnsinns-Spiele in Dortmund, an die man sich auch in Jahren noch erinnern wird. Acht Tore und eine Dramatik, die es in sich hatte: Ein , das dem neutralen Fußballfan einen Fußballabend vom Feinsten bescherte. Aber was soll man aus Sicht der Hausherren davon halten, wenn man zunächst eine klare Führung verspielt, dann selbst eine Rückstand wett macht und am Ende die Punkte teilt?



"Für mich war es eine gefühlte Niederlage", kommentierte Roman Weidenfeller die verpasste Chance, im Fernduell mit den Bayern um die Meisterschaft schon am Freitag vorzulegen. Und auch Hummels ließ keinen Zweifel daran, wie das Unentschieden für ihn einzuordnen ist. "Wir haben zwei Punkte liegen lassen, weil wir in der 92. Minute noch mit 4:3 geführt haben. Und das tut weh!"

Aber das war es dann auch. "Wenn man in der Rückrunde noch ungeschlagen ist und drei Punkte vor den Bayern steht, dann ist die Welt nach einer Nacht wieder in Ordnung", meinte Hummels. "Wir haben in der Rückserie 29 von 33 Punkten geholt. Ich war schon mal nervöser." Vielmehr will der BVB seine Lehren aus dem Spiel ziehen - nicht mehr und nicht weniger. "Wir werden jetzt daran arbeiten, unsere Fehler abzustellen und dann in Wolfsburg drei Punkte mitzunehmen", kündigte Marcel Schmelzer an.

Wieder einmal die Chancenverwertung



Dass der BVB erst mit eigenen Fehlern die Stuttgarter überhaupt zurück ins Spiel gebracht hatte, wurmte die Borussen. Zwar hatten die Schwaben immer wieder Nadelstiche gesetzt und vereinzelt auch Chancen verbucht. Doch der Deutsche Meister spielte fast 60 Minuten so druckvoll, so dynamisch und so gefährlich, dass es wohl selten eine verdientere Führung gegeben hatte, als zunächst Shinji Kagawa und dann Jakub Blaszczykowski den BVB auf die vermeintliche Siegerstraße schossen. Tempofußball vom Feinsten - 24 Torschüsse standen am Ende für die Borussia zu Buche.

Ein gutes Dutzend hochklassiger Möglichkeiten allerdings hatte man dabei auch liegen lassen - wieder einmal. "Es ist ja nichts Neues in dieser Saison und es war auch schon in der letzten Spielzeit ein Problem, dass wir nicht genügend aus unseren Chancen machen", erinnerte Schmelzer an die altbekannte Abschlussschwäche. Zudem brachte der BVB gute Konterchancen durch eigene Nachlässigkeiten nicht vernünftig zum Abschluss.

Ausgleich fällt während Subotic' Behandlungspause



"Wir dürfen auch nach einer klaren Führung nicht abschalten, sonst wird es gegen jeden Gegner in der Bundesliga schwer. Nach dem 2:0 sind wir zu locker und zu leichtsinnig geworden, weil wir dachten, das Spiel ist schon durch. Und zwar vorne und hinten", analysierte Hummels. Bestes Beispiel für die Unkonzentriertheit in der Defensivarbeit: Als Neven Subotic verletzt an der Außenlinie behandelt wurde, rückte von den Mittelfeldspielern niemand nach hinten ein. Prompt fiel der Ausgleich. "Jedes Gegentor entsprang einem Fehler von uns", ärgerte sich Hummels.

Drei Gegentore kassierte die Meisterabwehr in acht Minuten, "weil wir den Faden verloren haben", wie Jürgen Klopp meinte. Doch der BVB fand ihn wieder, bewies Moral und wehrte sich gegen die erste Niederlage nach 21 ungeschlagenen Spielen in Serie mit Leidenschaft, Willen und Kampfgeist, die Mut machen für den Saisonendspurt. "Wir haben mit Unterstützung der Ränge ein unfassbares Feuerwerk abgebrannt", freute sich Hummels über die gezeigte Reaktion noch deutlich mehr als über sein erstes Saisontor, "schade, dass wir uns dafür nicht beloht haben."

Dies aber, daran ließ auch nach diesem denkwürdigen Remis gegen den VfB keiner der Dortmunder einen Zweifel, wollen sie noch tun. Spätestens am 34. Spieltag. Mit der Meisterschale. Wie sagte doch Hummels? "Es gibt schlimmere Ausgangslagen sechs Spieltage vor dem Saisonende. Alle anderen haben eine schlechtere!"

Aus Dortmund berichtet Dietmar Nolte