Thomas Schneider steht mit dem VfB auf Rang 10 - neun Punkte beträgt der Abstand zu einem Platz im internationalen Geschäft
Thomas Schneider steht mit dem VfB auf Rang 10 - neun Punkte beträgt der Abstand zu einem Platz im internationalen Geschäft

Jung und mutig, aber kein Jugendwahn

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Stuttgart - Im Mai 2013 gewann der ehemalige Profi Thomas Schneider noch die deutsche B-Jugend-Meisterschaft mit dem Nachwuchs des VfB Stuttgart. Am 26. August 2013 wurde Schneider zum Cheftrainer der VfB-Profis befördert.

Im bundesliga.de-Interview spricht der Ex-Verteidiger über seine ersten Monate als Cheftrainer, den Rückrundenauftakt gegen Mainz (Samstag, ab 15 Uhr im Live-Ticker) und seine Familie, die im bayrischen Straubing lebt.

bundesliga.de: Herr Schneider, Ihre Familie lebt in Straubig in Bayern, Sie arbeiten beim VfB Stuttgart - wie darf man sich das Familienleben der Schneiders vorstellen?

Schneider: Wohl so wie bei  vielen Bundesligatrainern auch. Der Papa ist ständig auf Achse und die Zeit zusammen ist knapp.

bundesliga.de: Straubing gilt als Bayern-Land. Was bedeutet das für Ihren Sohn?

Schneider: Er steht natürlich zu seinem Papa und dessen Verein. Seine Kumpels wissen auch Bescheid. In Straubing aber steht der FC Bayern ganz oben und vom VfB Stuttgart spricht dort kaum jemand. Deshalb ist das kein Problem. Wenn wir in Stuttgart wohnen würden, wäre das sicher anders, dann stünde die Familie ganz anders im Fokus.

bundesliga.de: Und wie ist es, wenn Sie kommenden Mittwoch die Partie des 17. Spieltages gegen den FC Bayern in Stuttgart austragen?

Schneider: Da ist es wie bei allen Familien mit schulpflichtigen Kindern. Es wird daheim geschaut - so lange bis es Zeit ist, ins Bett zu gehen. Außerdem haben wir am Samstag das erste Rückrundenspiel gegen Mainz. Das steht zuerst einmal im Fokus, nicht die Partie gegen Bayern.

bundesliga.de: Das Duell gegen die Bayern beeinflusst als nicht die Vorbereitung auf die Partie gegen Mainz?

Schneider: Für uns ist ein guter Start wichtig. Dafür haben wir im Trainingslager in Südafrika hart gearbeitet. Das heißt, wir konzentrieren uns ganz auf Mainz und wollen unser erstes Heimspiel 2014 unbedingt gewinnen.

bundesliga.de: Es gibt also keine Vorbereitung auf das große Spiel und nebenbei auch auf Mainz?

Schneider: Man kann ja eine Mannschaft nicht auf zwei Spiele vorbereiten. Die Abläufe gleichen sich natürlich. Gegen Mainz wie gegen Bayern wollen wir Punkte holen.

bundesliga.de: Obwohl die Bayern als übermächtiger Gegner erscheinen?

Schneider: Es steht außer Frage, dass die Bayern die wohl beste Mannschaft der Welt sind. Aber deren Vorbereitungspartie gegen Salzburg hat gezeigt, was möglich ist, wenn es passt. Wir gehen selbstbewusst in dieses Spiel. Aber wie gesagt, vorerst zählt nur Mainz.

bundesliga.de: Für was steht der Neu-Profi-Trainer Schneider?

Schneider: Unter anderem auch für den Strukturwandel in unserer Mannschaft. Diesen Weg  lebt der VfB Stuttgart  und ich als Trainer gehe voll mit. Mir ist es sehr wichtig, junge Spieler zu entwickeln und mutigen Fußball zu spielen. Aber es braucht auch erfahrene Spieler, die die Jungen führen.

bundesliga.de: Welche Trainer haben Sie geprägt während Ihrer Profikarriere und gibt es ein Vorbild?

Schneider: Ich hatte das Glück, viele große Trainer zu erleben. Christoph Daum oder Joachim Löw, Felix Magath oder Ralf Rangnick. Ein Vorbild aber gibt es nicht. Es ist immer besser, seinen eigenen Weg zu suchen. Die eine oder andere Sache schaut man sich natürlich ab. Aber du musst für dich festlegen, wie du mit einer Mannschaft umgehen möchtest.

bundesliga.de: Ihre Rolle als Trainer aber hat sich drastisch geändert. Aus dem erfolgreichen Nachwuchscoach ist der Cheftrainer geworden. Im Mai 2013 wurden Sie deutscher B-Jugend-Meister mit dem VfB.

Schneider: Ich habe bewusst im Jugend- und Nachwuchsbereich begonnen. Ich habe dort sehr gerne gearbeitet. Es ist eine der interessantesten Aufgaben, Spieler zu entwickeln und mit jungen Spielern zu arbeiten. Früher war ich mehr Zuarbeiter, heute gebe ich den Weg mit vor.

bundesliga.de: Dass Sie Bundesliga-Trainer werden, stand nie zur Debatte?

Schneider: Wenn man Trainer ist, hat man das sicher immer im Hinterkopf. Aber ich bin jetzt nicht jeden Tag mit dem Gedanken aufgestanden.

bundesliga.de: Dann kam das VfB-Angebot?

Schneider: Es gab zuvor schon Anfragen anderer Clubs, aber der VfB hat mir eine gute Perspektive geboten. Hier konnte ich mich als Trainer optimal weiterentwickeln.

bundesliga.de: Wie begegnen "alte Trainer-Hasen" dem "Neuling" Schneider?

Schneider: Die meisten kenne ich ja gut. Bei der Trainertagung bin ich super aufgenommen worden. Bei Dieter Hecking habe ich zum Beispiel einst hospitiert. Ich habe mich sehr wohl und akzeptiert gefühlt.

bundesliga.de: Als Bundesliga-Trainer steht man viel intensiver unter Beobachtung - wie gehen Sie mit dem Druck um?

Schneider: Der größte Druck, den ich mir selbst mache, ist, gute Inhalte im Training mit den Spielern zu erarbeiten und die Mannschaft bestmöglich auf die Spiele vorzubereiten. Ergebnisdruck gehört in  der Bundesliga dazu, aber ich kenne das Geschäft als Profi und komme gut damit zurecht. Es geht um eine Linie und ein Konzept, das du geradlinig verfolgst.

bundesliga.de: Und wie sieht das beim VfB aus?

Schneider: Weitere Top-Talente nach oben zu bringen und eine gute Mischung zu finden. Die Nachwuchsarbeit und das Entwickeln junger Spieler ist ein Kernpunkt, aber wir verfallen in Stuttgart deshalb nicht dem Jugendwahn. Es ist sicher ein Markenzeichen des Vereins, und von mir, junge Spieler besonders zu fördern und einen modernen dynamischen Fußball zu spielen.

bundesliga.de: Hilft es dabei, lange Profi gewesen zu sein?

Schneider:(lacht) Wenn es um Verletzungen geht, kann ich auf alle Fälle einiges gut einschätzen. Aber im Ernst, es hilft sicher, wenn man sich gut in Spieler hineinversetzen kann. Aber das gelingt ja auch vielen Trainern, die nie in der Bundesliga gespielt haben.

Das Gespräch führte Oliver Trust