Jürgen Röber war als Spieler in der Bundesliga für Bremen, den FC Bayern und Bayer Leverkusen aktiv
Jürgen Röber war als Spieler in der Bundesliga für Bremen, den FC Bayern und Bayer Leverkusen aktiv

"Jetzt soll ein Exempel statuiert werden"

xwhatsappmailcopy-link

Jürgen Röber hat als Trainer schon viel erlebt in seiner Karriere. In der Bundesliga stand er in Stuttgart, bei Hertha, in Wolfsburg und bei Borussia Dortmund an der Seitenlinie. Dazu kommen Engagements in Belgrad und Ramenskoje.

Doch was der Coach aktuell beim türkischen Club Ankaraspor erlebt, "ist schon ein Drama", so Röber. Der Verein wurde gerade zum Zwangsabstieg verurteilt.

Der 55-Jährige spricht im bundesliga.de-Interview über die Situation bei Ankaraspor und die ungewisse Zukunft.

bundesliga.de: Herr Röber, Sie arbeiten seit wenigen Monaten in der Türkei. Mitte September wurde Ihr Club Ankaraspor vom Spielbetrieb der Süperlig ausgeschlossen und muss am Saisonende zwangsabsteigen. Was genau ist geschehen?

Jürgen Röber: Am Mittwoch gab es eine Pressekonferenz des Verbandes. Dort wurde erklärt, warum und weshalb das geschehen ist. Dort wurde erklärt, dass eine Person nicht zwei Vereine haben darf und deshalb ist die Sache so gekommen. Der Bürgermeister von Ankara ist ja der Vater unseres Präsidenten.

bundesliga.de: Welche Rolle hat er gespielt?

Der hatte den Stein ja ins Rollen gebracht, weil er sich hat zum Präsidenten des anderen Vereins wählen lassen. Man wollte den Verein Ankaragücü unbedingt haben, da dieser Verein aufgrund der Zuschauerzahlen langfristig gute Perspektiven hat, um mal den anderen Vereinen gegenüber konkurrenzfähig zu sein.

bundesliga.de: Das klingt sehr verwirrend. Wie gehen Sie damit um?

Röber: Lange Zeit dachte ich, es handle sich um ein Politikum. Unser Bürgermeister ist einer der mächtigsten Menschen in der Türkei. Es gab keine rationale Erklärung, warum wir jetzt auf einmal gestrichen worden sind. Wir können so viele Leute zu Ankaragücü transferieren, wie wir wollen. Dazu kommt, dass der Sohn des Bürgermeisters, der jetzt Präsident bei Ankaragücü geworden ist, offiziell gar kein Präsident bei Ankaraspor war. Wir hatten einen offiziellen Präsidenten. Die wollen seit fünf Jahren Ankaragücü aufgrund der Dinge, die ich schon gesagt habe, haben. Jetzt haben die finanzielle Schwierigkeiten gekriegt und da haben sie zugeschlagen.

bundesliga.de: Hat der Verein richtig gehandelt?

Röber: Meines Erachtens nach zu früh. Es war eine überhastete Aktion. Jetzt soll ein Exempel statuiert werden. Es gibt eine Regelung, dass eine Person nicht mehrere Vereine haben darf. So soll es keine Mauscheleien geben. Aber es gibt hier in der Türkei Vereine, die viel länger zusammenarbeiten wie Ankaraspor und Ankaragücü. Die Spieler, die wir abgegeben haben, sind die Spieler, die ich nicht mehr haben wollte.

bundesliga.de: Und wie geht es jetzt weiter?

Röber: Die Mannschaft wurde ja in die 2. Liga versetzt, kann aber erst nächste Saison am Spielbetrieb teilnehmen. Die Spieler haben jetzt noch zwei Wochen Zeit, sich einen neuen Verein zu suchen. Das ist das Wichtigste, dass die Spieler irgendwo unterkommen. Entweder kriegen die Spieler also jetzt schnell einen Verein oder sie warten bis zur nächsten Transferperiode. Dann gibt es noch das Ausländerproblem. Jeder Club darf nur acht Ausländer haben und die meisten haben dieses Kontingent natürlich schon voll ausgeschöpft. Das ist nicht leicht für die Ausländer bei uns. Viele hängen noch in der Luft und wissen nicht wo es lang geht. Der Verein muss alle Spieler und Angestellten weiter bezahlen. Da kann man auch bezahlten Urlaub machen. Aber das will niemand.

bundesliga.de: Wie geht es für Sie weiter?

Röber: Für meine Co-Trainer ist das keine einfache Situation. Ich bin ja schon ein bisschen länger im Geschäft. Ich kann damit besser umgehen. Aber es ist schon ein Drama. Wir haben eine ganz gute Truppe hier. Mir gefällt es hier sehr gut. Die Perspektiven sind gut. Es gibt ein ganz neues Trainingszentrum. Die Leute hier sind unheimlich freundlich.

bundesliga.de: Sind Sie freigestellt?

Röber: Ich denke, dass ich das allein entscheiden kann, wenn ich das möchte. Ich werde mich erstmal mit dem Präsidenten unterhalten. Es gibt wilde Spekulationen in der Zeitung, dass ich da mit rübergehe zu Ankaragücü. Das entscheide ich aber selbst. Die haben ja auch noch einen Trainer. Warum sollte ich das also tun. Das habe ich in Deutschland nicht gemacht, das werde ich hier nicht tun. Ich warte ab, was passiert.

bundesliga.de: Die Devise lautet also "Abwarten"?

Röber: Wir brauchen einfach mehr Klarheit. Keiner weiß so richtig, wie es weitergeht. Es ist einfach schade. Die Menschen sind so freundlich und so begeisterungsfähig. Sie sind so herzlich. Ankara ist eine wundervolle, schöne Stadt. Es macht Spaß, hier zu arbeiten. Ich weiß noch nicht, ob ich woanders hingehe oder ob ich in der Türkei bleibe.

Das Gespräch führte Sebastian Stolz