"Wir müssen versuchen, durch Prävention zu verhindern, dass junge Menschen radikalen Gruppen zulaufen", sagt Thomas Schneider, Leiter Fanangelegenheiten der DFL
"Wir müssen versuchen, durch Prävention zu verhindern, dass junge Menschen radikalen Gruppen zulaufen", sagt Thomas Schneider, Leiter Fanangelegenheiten der DFL

"Die Rechten bedienen sich der Popularität des Fußballs"

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Köln/Frankfurt - Nach den Ausschreitungen durch Rechtsradikale in Köln erklärt Thomas Schneider, Leiter Fanangelegenheiten der DFL, wie sich der Fußball im Kampf gegen Extremismus engagiert.

"Keine Fans, sondern militante Schläger"

bundesliga.de: Herr Schneider, bei der Demonstration von "Hooligans gegen Salafisten" in Köln gab es schwere Ausschreitungen. Wie kommt es, dass sich dort auch rivalisierende Hooligangruppen von verschiedenen Clubs zu dieser Demo zusammengeschlossen haben?

Thomas Schneider: Die Initiatoren sind nicht Hooligans sondern eher in den politisch rechten Gruppen zu finden. In Köln war kein klassischer Mob vorhanden. Da waren sicherlich auch Hooligans dabei, aber nicht in einer solch großen Dimension, wie sie zum Teil medial vermittelt wird. Wir, also die Clubs und die DFL, haben ein großes Wissen über die Fan- und die Hooliganszenen. Deshalb können wir auch sagen, dass viele der Demonstranten in Köln noch nie in einem Stadion waren. Das war nicht die Kurve, sondern militante Schläger, gewaltsuchende Gruppen, Rocker, nationale Autonome und auch einige Old-School-Hooligans.

bundesliga.de: Aber die Demo lief unter dem Deckmantel der Hooligans. Wie bewerten sie es, dass der Fußball hier missbraucht wird?

Schneider: Das Wort Hooligan steht für Gewaltbereitschaft, dadurch entsteht eine Assoziation zum Fußball. Und weil Fußball auf der Packung steht, ist die mediale und politische Resonanz viel größer, als wenn es irgendeine rechte Veranstaltung gewesen wäre. Die Rechten bedienen sich der Popularität des Fußballs, der ihre sogenannte Demo medial auf ein ganz anderes Level hebt. Schon seit den 80er-Jahren versuchen rechte Gruppen regelmäßig, Anhänger aus den Fanszenen zu rekrutieren. Sie wissen, dass sie über den Fußball eine mediale Präsenz bekommen, die sie sonst nicht so leicht erreichen würden.

bundesliga.de: Was macht der Fußball präventiv, um rechte Strömungen zu unterbinden?

Schneider: Wir machen vor allem sehr viele Dinge im Hintergrund: etwa Schulungen für die Ordnungsdienste in den Stadien und professionelle Fanarbeit über hauptamtliche Fan- und Sicherheitsbeauftragte sowie Fanprojekte. In den KidsClubs für die jungen Fans wird Wert auf Frühprävention gelegt, auch durch regelmäßige Treffen mit jungen Anhängern anderer Clubs. Über den "Pool zur Förderung innovativer Fußball- und Fankultur", kurz PFiFF, will die DFL der Fanszene Anstöße geben, Projekte gegen Rechts zu initiieren, die von uns auch finanziell gefördert werden. Mit EXIT haben wir das anerkannteste Aussteigerprogramm aus der rechten Szene als Partner gewonnen, der uns bei PFiFF unterstützt. Das Project "Show racism the red card" macht eine Tournee durch Deutschland, die Bundesliga-Stiftung und die Clubs haben "Geh deinen Weg" der Deutschlandstiftung Integration mit einem Aktionsspieltag unterstützt. Ligapräsident Dr. Reinhard Rauball ist persönlich engagiert bei der Aktion "!Nie wieder - Gegen das Vergessen", bei der auch die Fanszenen der Clubs sich sehr vielfältig, unter anderem mit Choreografien, einbringen. Und der DFB prämiert ein Engagement von Fans gegen Rechts mit dem Julius-Hirsch-Preis. Darüber hinaus gibt es noch viele weitere Aktionen und Programme der Clubs und von Ligaverband und DFL (siehe auch Liste der Aktivitäten gegen Rassismus).

"Ein Problem der Gesellschaft"

bundesliga.de: Wo sind die Grenzen des Fußballs im Kampf gegen Menschenfeindlichkeit erreicht?

Schneider: Rechtsradikalismus und Gewalt sind keine Probleme des Fußballs, sondern wurzeln in der Gesellschaft. Keiner kann dieses Problem alleine bewältigen, leider auch nicht der Fußball. Wir müssen uns mit unseren Fans, der Politik, der Polizei und anderen gesellschaftlichen Institutionen zusammensetzen und an gemeinsamen Lösungen arbeiten. Der Tag in Köln hatte ja nicht nur die eine Stunde, in der es Ausschreitungen gab. Man muss sich zum Beispiel fragen: Wer hätte was dazu beitragen können, um die Randale zu unterbrechen oder zu stoppen. Rund um die Spiele des Profifußballs sind wir zu diesen Entwicklungen ständig im Dialog. Wir müssen versuchen, durch Prävention zu verhindern, dass junge Menschen radikalen Gruppen zulaufen. Ein Schlüssel ist hierfür ohne Zweifel ein verstärkter Fokus auf Bildung.

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Aktivitäten des Fußballs gegen Extremismus