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Jürgen Klopps Team ging zum Ende der Hinrunde die Puste aus
Jürgen Klopps Team ging zum Ende der Hinrunde die Puste aus

Auf der Suche nach dem alten Borussia-Gesicht

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Dortmund - Borussia Dortmund tanzt auch 2014 noch auf drei Hochzeiten - was angesichts einer langen Liste von verletzungsbedingten  Ausfällen im Kader durchaus bemerkenswert ist. Richtig zufriedenstellend fällt die Bilanz der Hinserie beim BVB trotzdem nicht aus. Zu viele Punkte hat man in der Bundesliga unnötig liegen lassen. "Wir hätten keines der Spiele, die wir verloren haben, wirklich verlieren müssen“, ärgert sich auch Jürgen Klopp.

Zwischen himmelhochjauchzend und zu Tode betrübt lagen gerade einmal zehn Tage. Erst der Sieg in Marseille, der die Borussia auch 2014 weiter in der Champions League mitmischen lässt. Keine zwei Wochen später die Niederlage gegen Hertha BSC, die dritte Heimpleite in der Bundesliga in Serie. Das hat es in Dortmund seit dem Jahr 2000 nicht mehr gegeben. "Der letzte Eindruck bleibt - und der ist nicht wirklich prickelnd! In der Bundesliga haben wir das Gefühl, einfach viel zu wenig erreicht zu haben für den Anspruch, den wir haben, und auch für die Qualität, die unser Kader trotz der Personalsituation besitzt“, stellte Kapitän Sebastian Kehl unmissverständlich klar.

"Mir ist das Herz aufgegangen"

Wozu dieser Kader in der Lage ist, hatte Dortmund zu Saisonbeginn noch eindruckvoll unter Beweis gestellt. Dem 4:2-Sieg über die Bayern im Supercup hatte der BVB in der Bundesliga mit 19 Punkten aus sieben Spielen den besten Start in der Geschichte des Vereins inklusive Tabellenführung folgen lassen. Teilweise zelebrierten die Offensivkünstler um Reus, Mkhitaryan, Lewandowksi und Aubameyang Vollgasfußball vom Feinsten wie beim 6:2-Sieg über den HSV. "Es war einfach geil, es hat Spaß gemacht, zuzuschauen. Da ist mir schon das Herz aufgegangen“, durfte Jürgen Klopp zu diesem Zeitpunkt noch strahlen.

Den ersten Rückschlag auf nationalem Parkett erlebte die Borussia beim Namenvetter in Gladbach und offenbarte dabei eine altbekannte Schwäche. Bei der 0:2-Niederlage haderte Dortmund zu Recht einmal mehr mit der eigenen Chancenverwertung. 27:6 Torschüsse standen in keinem Verhältnis zum Ergebnis, sollten aber nicht zum letzten Mal ein Indiz für mangelnde Dortmunder Effektivität sein.

Erschreckende Diskrepanz

Zum Jahresende stellt sich die Frage, ob derlei fahrlässiger Umgang mit Großchancen nicht auch als Mangel an Qualität zu bewerten ist. Mal fehlt es an der Kaltschnäuzigkeit vor dem Tor, mal an der Zielstrebigkeit. Die Diskrepanz jedenfalls ist erschreckend und eines der Kardinalprobleme, das Jürgen Klopp in der Rückrunde lösen muss. „Wer so viele Möglichkeiten kreiert und nicht nutzt, ist selbst schuld“, sagt der Trainer selbstkritisch. Allein Marco Reus vergab gleich 23 Großchancen und nimmt damit einen fragwürdigen Spitzenplatz in der Liga ein. Robert Lewandowksi führt mit elf Treffern zwar die Torjägerliste an, nutzt aber nur jede dritte seiner Großchancen.

Die Chancenverwertung erwies sich als gewichtiges, allerdings nicht als das einzige Problem des BVB. In nur sechs Wochen verspielte die Mannschaft von Anfang November bis Mitte Dezember jede realistische Aussicht auf die Meisterschaft. Von einem Punkt auf stolze zwölf Zähler wuchs der Vorsprung des FC Bayern an der Tabellenspitze an nur fünf Spieltagen.

Niederlagen gegen fast alle Top-Teams

Auch der direkte Vergleich der beiden besten deutschen Mannschaften der letzten Jahre ging dieses Mal an die Münchner. Gegen alle Top-Teams der Liga - Ausnahme war der Derbysieg auf Schalke - kassierte Borussia Dortmund eine Niederlage. Zwar legte die Mannschaft in der Regel immer noch mehr Kilometer zurück als der Gegner, ließ es aber neben fehlender Zielstrebigkeit auch immer mal wieder am nötigen Biss und der entsprechenden Gier vermissen, was sich beispielhaft in der schlechteren Zweikampfbilanz gegen Wolfsburg oder auch Hertha BSC ausdrückt. Gegen Berlin erspielte sich der BVB nicht einmal mehr viele Chancen - der Tiefpunkt der Hinserie und nicht nur für Jürgen Klopp „ein beschissenes Ende“ des Jahres.

Zugute halten muss man der Mannschaft, dass sie über weite Strecken der Hinrunde auf einen erheblichen Teil der Leistungsträger verzichten musste. Ilkay Gündogan, in der Vorsaison Denker und Lenker im Mittelfeld, stand gerade einmal 57 Minuten auf dem Platz. Sebastian kehl musste ebenso wie Sven Bender über Wochen passen. Zwischenzeitlich fiel mit Lukasz Piszczek, Mats Hummels Neven Subotic und Marcel Schmelzer die komplette Viererkette aus, die noch im Sommer in Wembley das Finale der Champions League gespielt hatte.

Schlapper Sturm

Ausfälle, die kaum eine Mannschaft einfach kompensieren kann. Doch interessanter Weise steckte der BVB seine Defensivprobleme - mit Ausnahme der letzten Spiels gegen Berlin - oft erstaunlich gut weg. So zauberte Jürgen Klopp als Schmelzer-Ersatz den gelernten Stürmer Erik Durm aus dem Hut. Auf der anderen Seite entwickelte sich Kevin Großkreutz als Außenverteidiger zu einer festen Größe und beweis einmal mehr seine Vielseitigkeit.

Die Probleme scheinen eher in der Offensive zu drücken, die - gespickt mit Nationalspielern - gerade zum Ende der Hinrunde viel zu als blass blieb und der es zunehmend an Kreativität und Ideen mangelte. "Gegen Berlin war im Offensivbereich alles dabei, was Rang und Namen hat“, gab auch Sebastian Kehl nach Abschluss der Halbserie zu bedenken. "Wir haben mehr Qualität, die müssen wir zeigen. Wir haben den Anspruch, in der Bundesliga wieder erfolgreich zu sein - und nicht nur in den anderen Wettbewerben.“

Hier allerdings können die Dortmunder einen großen grünen Haken an die Hinserie machen. Als Kevin Großkreutz zum 2:1-Endstand in Marseille getroffen hatte, waren bei Spielern und Fans zurecht alle Dämme gebrochen. Hopp oder Top - mit diesem Treffer kurz vor Schluss wendete der BVB das Aus in der Champions League ab und krönte sich zugleich zum Sieger einer starken Gruppe. Lohn ist mit Zenit St. Petersburg ein vermeintlich leichtes Los für das Achtelfinale im Februar. 

Tanz auf drei Hochzeiten

Zwar hatte es auch in Europas Königsklasse nicht nur Feierstunden für die Borussia gegeben. Es galt auch Rückschläge zu verkraften wie die ernüchternde Auftaktniederlage gegen Neapel. Dem standen aber auch triumphale Siege gegenüber wie der 2:1-Auswärtserfolg bei Arsenal London, erst Borussias dritter Sieg auf englischem Boden. Und natürlich der abschließende Erfolg in Marseille ohne sechs etatmäßige Defensivspieler als Triumph des Willens.

Eben jenen Willen und Kampf sowie jene Leidenschaft und Gier wird es in der Rückrunde auch in der Bundesliga wieder mehr brauchen, um das erklärte Saisonziel - die direkte Qualifikation für die Champions League - zu schaffen. "Wir müssen 2014 wieder das alte Borussia-Gesicht zeigen“, fordert Roman Weidenfeller. Vielleicht geht so für die Dortmunder auch noch etwas auf internationalem Parkett. Und vor allem auch im DFB-Pokal. Hier steht der BVB in der Runde der letzten Acht; der Weg nach Berlin ist nicht mehr weit. Und zumindest diesen Titel hat der Pokalsieger von 2012 auch zum Jahreswechsel noch lange nicht aus den Augen verloren. 

Dietmar Nolte

TOPS

    Das offensivfreudigste Team der Liga: Dortmund gab die meisten Torschüsse ab, 317 Mal zielte man in Richtung Tor.

    Extrem viele „Hundertprozentige“: Keine andere Mannschaft erspielte sich so viele Großchancen wie Dortmund (44).

    Sehr fair: Kein Team sah weniger Gelbe Karten als der BVB (21).

    Die erfolgreichsten Standards der Liga: Kein Team erzielte mehr Tore nach ruhenden Bällen als Dortmund (elf).

    Wenige Ecken zugelassen: Dortmund ließ von allen Teams die wenigsten Ecken zu (49).

FLOPS

    Es war deutlich mehr drin: Nur Bayern ließ mehr Großchancen ungenutzt (23) als Dortmund (22).

    Nur ein Mal an Bord: Das Hirn des BVB, Ilkay Gündogan, konnte verletzungsbedingt nur am 1. Spieltag mitwirken.

    Abgebaut: Aus den ersten elf Spielen der Hinrunde holte der BVB 28 Punkte, aus den letzten sechs Spielen dann nur vier (hier ein Sieg, ein Remis, vier Niederlagen).

    Nur die Flanken kamen nicht: Kevin Großkreutz bot bärenstarke Leistungen als Aushilfs-Rechtsverteidiger. Nur eine Flanke mit Torfolge gelang ihm nicht. Insgesamt traf die Borussia nur zwei Mal nach Flanken.

    Die Keeper gewannen keine Spiele: Die Dortmunder Torhüter wehrten nur 66 Prozent der Bälle, die auf das Tor kamen, ab. Manuel Neuer hielt 83 Prozent.