Moritz Leitner, Gotoku Sakai und Alexandru Maxim (v.l.n.r.) spielten eine durchwachsene Hinrunde
Moritz Leitner, Gotoku Sakai und Alexandru Maxim (v.l.n.r.) spielten eine durchwachsene Hinrunde

Auf der Suche nach dem Königsweg

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Stuttgart - Platz zehn, Niemandsland, weder Fisch noch Fleisch. Der VfB Stuttgart sucht nach der Hälfte der Saison seinen Weg. Sowohl auf dem Platz als auch daneben. Man bastelt eifrig an Kader und Spielweise und kommt zu dem Resultat: Mehr als eine "Übergangsaison“ wird es wohl nicht werden am Neckar.

Es war der 15. Spieltag. Samstag, 7. Dezember, circa 15.15 Uhr. Der Stuttgarter Stadionsprecher war gerade damit fertig, die VfB-Anfangsformation gegen Hannover 96 durchzugeben, als man merkte: Jetzt und hier erleben der VfB und seine Anhängerschaft so etwas wie ein emotionales Erwachen. Nach zuletzt enttäuschenden Resultaten und einem wachsenden Unmut bei Medien und Umfeld  hatte Trainer Thomas Schneider umgestellt: Der junge Rani Khedira rein, der junge Moritz Leitner rein, hinten mit Antonio Rüdiger, vorne mit dem Supertalent Timo Werner - am Ende hatte der VfB mit 4:2 gesiegt. Die Zuschauer in der Mercedes-Benz-Arena waren begeistert, nicht nur die Gazetten hatten die "jungen Wilden“ wieder für sich entdeckt.

"Wir haben zu wenig Punkte“

Es war das Highlight einer VfB-Vorrunde, die mit dem zehnten Platz im Nirgendwo der Tabelle endete. Auch wenn die nicht gerade einfache Aufgabe gegen die Bayern wegen der Club-WM noch aussteht (29. Januar 2014), können die schwäbischen Verantwortlichen mit dem bisherigen Saisonverlauf nicht zufrieden sein. "Wir haben zu wenig Punkte“, gibt Schneider offen zu, der sich seine tägliche Arbeit sicher einfacher vorgestellt hatte. Als Nachfolger des glücklosen Bruno Labbadia nach drei Spieltagen ins Amt gehoben, erwischte Schneider einen akzeptablen Start als neuer VfB-Coach. Ein Stimmungshoch ging durch den Kultclub vom Neckar, angefeuert von einer neuen Führung mit dem Präsidenten Bernd Wahler und guten sportlichen Leistungen. Nur eines stimmte nicht: die Punkteausbeute.

So kamen die Stuttgarter in der Tabelle nicht vom Fleck und das Stimmungshoch trübte sich wöchentlich mehr und mehr ein. Schneider gelang es nicht, Stabilität und Konstanz zu erzeugen. Immer wieder leisteten sich seine Spieler eklatante Fehler in der Abwehrarbeit, fingen sich leichte Gegentreffer und machten sich so systematisch ihre Spiele kaputt. Auf die funktionierende Mischung aus sicherer Defensive und kreativer Offensive warten die Fans und Kritiker bis heute.

Feinjustierung des Kaders

Der VfB sucht derzeit aber nicht nur auf dem grünen Rasen nach dem goldenen Abschluss, sondern auch strategisch nach dem Königsweg. Bekannt dafür, nicht gerade mit dem Geld um sich zu werfen, ist der Verein nach wie vor gezwungen, diverse Anforderungsprofile an den Kader zu gewährleisten. Zum einen sollen endlich und nachhaltig junge Talente aus dem eigenen Nachwuchs integriert werden, zum anderen Spieler mit Perspektive verpflichtet werden, die aber ihre Qualitäten auf hohem Niveau bereits bewiesen haben.

Ein Modell, das andere Bundesliga-Vereine erfolgreich praktizieren. Derzeit Borussia Mönchengladbach oder der FC Augsburg, im letzten Jahr der SC Freiburg oder Eintracht Frankfurt - das sind die Bezugsgrößen. Ein Anfang ist gemacht: Mit Angreifer Werner, mittlerweile aus der ersten Elf nicht mehr wegzudenken, Khedira, Rüdiger oder Leitner stehen hoffnungsvolle Leute in den Startlöchern. Erfahrene Spieler wie Vedad Ibisevic oder Christian Gentner sollen diese führen – was bis jetzt nur ansatzweise gelingt. In punkto Effizienz gibt es große Defizite beim VfB, was sich auch daran ablesen lässt, dass in der Vorrunde kein einziges Spiel  gegen eine Mannschaft gewonnen wurde, die vor den Stuttgartern in der Tabelle steht.

Das Ziel bereits verfehlt?                            

So bleibt der Weg nach oben steinig – und man hinkt hinter den eigenen Erwartungen hinterher. Mutig wurde vor der Saison die Qualifikation für das internationale Geschäft als Ziel ausgegeben, das erscheint nun schon illusorisch. Die Suche geht also munter weiter - und zwar auf und neben dem Platz.  

Jens Fischer

TOPS

    Die Ecken-Spezialisten der Liga: Stuttgart traf am häufigsten im Anschluss an einen Eckball (fünf Mal).

    Viele Kopfballtore: Nur Bayern erzielte mehr Kopfballtore (neun) als Stuttgart (acht).

    Blitzstarter: Stuttgart traf von allen Teams am häufigsten in der Anfangsviertelstunde (acht Mal).

    Gute Chancenverwertung: Nur Hoffenheim hat eine bessere Trefferquote als Stuttgart (jeder siebte Torschuss war drin)

    Sprinter: Der VfB legte im Schnitt pro Spiel 225 Sprints hin, gehört hier zur Top 4.

FLOPS

    Wenig Offensivgeist: Einzig Freiburg gab weniger Torschüsse ab (166) als Stuttgart (183).

    Viel zu anfällig: Der VfB kassierte im Schnitt fast 2 Gegentore pro Spiel (31 Gegentreffer in 16 Spielen).

    Martin Harnik traf zu selten: Martin Harnik erzielte nur vier Tore. In der Spielzeit 2011/12 hatte er noch 17 Mal getroffen.

    Niedermeier außer Form: Abwehrchef Georg Niedermeier gewann für ihn nur schwache 57 Prozent seiner Zweikämpfe.

    Leitner wartet weiter: Auch nach 53 Bundesliga-Spielen ist Moritz Leitner noch immer torlos.