Großer Jubel herrscht beim HSV nach dem ersten Saisonsieg gegen Meister Borussia Dortmund
Großer Jubel herrscht beim HSV nach dem ersten Saisonsieg gegen Meister Borussia Dortmund

Hamburgs Gefühlswelt ist geheilt

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Hamburg - Mit dem Abpfiff kannte der Jubel keine Grenzen mehr. Die Spieler des Hamburger SV rannten wild aufeinander zu und drückten und knuddelten sich vor Freude. Und auch die Fans der "Rothosen" waren nach dem Überraschungs-Coup gegen Borussia Dortmund völlig aus dem Häuschen. Die Erleichterung und die abfallende Anspannung nach den ersten drei Punkten dieser Bundesliga-Saison waren merklich zu spüren.

"Situation war belastend"

"Ich hatte vorher schon ein gutes Gefühl, weil wir nichts zu verlieren hatten. Aber das ist jetzt einfach der Wahnsinn! Glücklicher kann ich gar nicht sein", sagte ein völlig überwältigter Heung-Min Son, der mit seinen zwei Treffern maßgeblich am beteiligt war, nach dem Schlusspfiff.



Tolgay Arslan, der erstmalig in seiner Karriere als defensiver Mittelfeldspieler beim HSV zum Einsatz kam, fasste seine Innenleben ebenso emotional zusammen: "Das Gefühl zu gewinnen ist unbeschreiblich, es ist einfach das geilste. Vor allem wie wir den Sieg geholt haben, mit Kampf, Leidenschaft und den Fans im Rücken. Wir waren heute alle ein Team, eine Einheit - Fans, Spieler, Betreuer. Und das hat einfach Spaß gemacht!"

Dabei war der Druck, der vor am den Anpfiff auf den Spielern lastete, zentnerschwer. Null Punkte aus drei Partien, dazu das Aus im DFB-Pokal und nun die Übermannschaft aus Dortmund zu Gast: Nur wenige haben da auf einen Erfolg der Hausherren gesetzt.

"Die Situation vor dem Spiel war schon belastend. Aber wir haben uns als Mannschaft präsentiert. Jeder Spieler hat seine Aufgaben erfüllt und hat für den anderen mitgekämpft. Der Trainer hat uns super motiviert", erklärte ein sichtlich erschöpfter Michael Mancienne bundesliga.de. Der Innenverteidiger wurde kurz vor Spielschluss von Wadenkrämpfen geplagt, biss aber noch mal auf die Zähne.

Van der Vaart zeigt seine Klasse



Trainer Thorsten Fink gab das Lob lieber an die Mannschaft weiter. "Man hat eine Mannschaft gesehen, die gefightet und viel Leidenschaft gezeigt hat. Wir mussten druckvoll beginnen, in der Hoffnung, dass wir die Dortmunder, die ein hartes Champions League-Spiel hatten, eventuell auf dem falschen Fuß zu erwischen. Das ist der Mannschaft gelungen und wir haben einfach alles besser gemacht, als noch in den letzten Partien", so Fink.

Dabei zeigte sich in den entscheidenden Momenten die Klasse eines Rafael van der Vaart, der über die gesamten 90 Minuten jedoch ein eher schwächeres Spiel zeigte. 1588 Tage nach seinem letzten Pflichtheimspiel in der Imtech Arena legte der "kleine Engel" sowohl das 1:0 als auch das 2:1 mustergültig auf.

"Es war ein wunderschönes Gefühl, endlich wieder in meinem Stadion zu spielen. Dortmund hatte natürlich mehr Spielanteile und einige gute Chancen, doch wir haben fantastisch dagegengehalten, haben wirklich alles gegeben und uns am Ende deshalb auch diesen Erfolg verdient, den wir uns alle gemeinsam erarbeitet haben: Mannschaft, Trainerteam und unsere Fans, die uns unglaublich gepusht haben", meinte van der Vaart.

Doch der Niederländer schaute nicht nur auf das Hier und Jetzt, sondern wagte schon einen Blick voraus: "Ich bin sehr stolz auf uns alle. Genau so müssen wir jetzt weitermachen. Das kann und darf für uns nur der erste Schritt in die richtige Richtung gewesen sein."

"Einfach weiter Gas geben"



Ähnlich sah es der neue Torjäger Son. "Borussia Dortmund war vor dem Sieg 31 Spiele in Folge ungeschlagen. So etwas muss Kräfte bei uns freisetzen. Wir hatten eine schwierige Zeit, von daher sollte man vorsichtig sein. Wir müssen jetzt einfach weiter Gas geben und in Gladbach so auftreten wie gegen Dortmund. Selbstvertrauen haben wir jetzt getankt", forderte Heung Min Son im Hinblick auf die anstehenden Partie am Dienstag bei der nächsten Borussia.

Einen Wermutstropfen gab es bei aller Feierei in der Imtech Arena am Ende aber doch. HSV-Konditionstrainer Nikola Vidovic zog sich beim Jubeln mit der Mannschaft auf dem Rasen einen "Cut" an der Augenbraue zu. Eine Verletzung, die der 47-jährige Kroate an diesem Tag sicherlich verschmerzen konnte.

Aus Hamburg berichtet Michael Reis