Gefangen zwischen Anspruch und Wirklichkeit

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Köln - Der VfL Wolfsburg versinkt weiter im Mittelmaß der Bundesliga. Nach dem schmeichelhaften 1:1-Unentschieden beim 1. FC Köln und dem vierten sieglosen Spiel in Folge rutschte der Meister des Jahres 2009 auf Platz 13 ab. Der VfL-Manager Dieter Hoeneß hält dennoch am Saisonziel Europa League fest.

"Wir müssen uns Stück für Stück oben heran kämpfen", fordert Dieter Hoeneß unverdrossen weiter: "Wir haben eine Chance, nach vorne zu kommen. Unser Ziel ist Platz 5 oder 6, die Qualifikation für die Europa League. Und dabei bleibt es auch."

"Wir sind hauchdünn dran"

25 Punkte nach der Hinrunde hatte VfL-Trainer Steve McClaren kürzlich als Vorgabe ausgerufen. Noch ist das machbar. Allerdings müssten die "Wölfe" dafür die verbleibenden drei Vorrundenspiele gegen Bremen, in Kaiserslautern und gegen Hoffenheim sämtlich gewinnen. Angesichts der äußerst dürftigen Vorstellungen bei den Gastspielen in St. Pauli und jetzt in Köln erscheint das eher unwahrscheinlich.

"Wenn man drei Spiele in Folge gewinnt, hat man auch wieder Tuchfühlung nach vorne", hat Hoeneß ausgerechnet: "Allerdings müssen wir damit auch irgendwann einmal anfangen." Und genau das ist im Moment das Problem. Bei der Ursachenforschung für die wenig zufriedenstellende Zwischenbilanz fällt dem Manager vor allem die Mentalität der Truppe ein.

"Anfangs fehlte die Konzentration. Wenn man dann drei Spiele nach klarer Führung noch aus der Hand gibt, nagt das am Selbstvertrauen. Und jetzt kommt eine Verunsicherung dazu", meint Hoeneß: "Aber die Mannschaft kommt ja wieder zurück, holt wie bei St. Pauli oder in Köln Rückstände auf. Es war noch kein entscheidender Schritt nach vorne. Aber die Mannschaft will. Wir sind hauchdünn dran. Und wir waren bisher in keinem der 14 Spiele chancenlos."

Vorsprung auf Platz 16 ist kleiner als der Rückstand auf Rang 6

In Köln gab es positive Ansätze. Der 18-jährige Tolga Cigerci feierte im linken Mittelfeld ein vielversprechendes Bundesliga-Debüt. Auch Cicero, der mit einem sehenswerten Fallrückzieher dem VfL einen Punkt sicherte, konnte erstmals seine Klasse andeuten und die in ihn gesetzten Erwartungen erfüllen. Doch es bleibt noch viel Arbeit.

Die Mannschaft gibt sich selbstkritisch. "Wenn man nicht gewinnt, kann man nicht zufrieden sein", sagte Torjäger Edin Dzeko: "Unser Ziel ist, unter die ersten Fünf zu kommen. Aber wir müssen jetzt erst einmal versuchen, Spiele zu gewinnen. Das ist unser Ziel. Nichts anderes. Wir brauchen Punkte."

Denn auch die Spieler können die Tabelle lesen. Derzeit beträgt der Rückstand auf Platz 6 zwar nur sechs Punkte, der Vorsprung auf den Relegationsrang dagegen aber nur vier Zähler. Dank der Remis bei St. Pauli und in der Domstadt hat der VfL zumindest diese beiden Konkurrenten auf Distanz gehalten.

Winterkäufe nur als Ausnahme

"Wir müssen Punkte holen, um nicht ganz unten reinzurutschen", weiß deshalb Wolfsburgs defensiver Mittelfeldspieler Sascha Riether: "Wir sind jetzt nicht in der Situation, um über das internationale Geschäft zu reden."

Noch klaffen Anspruch und Wirklichkeit in der Autostadt weiterhin deutlich auseinander. Es könnte sein, dass der VfL in der Winterpause noch einmal den Transfermarkt sondiert. Doch Dieter Hoeneß bleibt skeptisch: "Ich halte nicht sehr viel von Wintertransfers. Es sind dann nicht so viele Spieler auf dem Markt. Und wer gut ist, ist überteuert. Aber es gibt auch Ausnahmen. Sollte es eine geben, werden wir etwas tun."

Wichtiger ist es, aus den vorhandenen Spielern das Maximum herauszukitzeln. "Es ist nicht damit getan, einen oder zwei Spieler zu holen", sagt Hoeneß: "Wir müssen die Mentalität der Mannschaft Stück für Stück ändern. Wir arbeiten daran." Am kommenden Samstag treffen die "Wölfe" im Nordderby auf Werder Bremen.

Aus Köln berichtet Tobias Gonscherowski