Mario Götze (l.) traf in der 65. Minute zum Sieg - das erste Gegentor für die Bayern nach 542 Minuten vor heimischem Publikum
Mario Götze (l.) traf in der 65. Minute zum Sieg - das erste Gegentor für die Bayern nach 542 Minuten vor heimischem Publikum

Fehleranalyse statt Zaubershow

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München - Als Vorstandschef eines großen Unternehmens muss man auch negative Ereignisse positiv verkaufen können. Als Karl-Heinz Rummenigge nach dem am Samstagabend vor die Pressevertreter trat, überraschte er mit einer interessanten Schlussfolgerung.

"Es ist ein großer Unterschied zum 1:3 in der letzten Saison", erklärte der Vorstandschef des FC Bayern. "Damals hatten wir vorher 13 Punkte Rückstand, jetzt haben wir noch zwei Punkte Vorsprung. Wir können aus einer Position der Stärke die Dinge von oben anschauen." Vor ein paar Monaten sei es eine Lektion gewesen, "heute war es eine unglückliche Niederlage". Rummenigge spielte auf die 1:3-Niederlage in der Vorsaison an, als der BVB die Münchner vor eigenem Publikum vorgeführt hatte.

"Das Spiel hätte keinen Sieger verdient gehabt"

Wesentlich knapper ging es dieses Mal zu. Ein kurioser Treffer von Mario Götze (65.) machte in einer intensiv geführten Partie den Unterschied. Jerome Boateng hatte im eigenen Strafraum die Orientierung und den Gegner aus den Augen verloren.

Die Ursachen für die Pleite der Münchner waren allerdings weiter vorne zu suchen. Zu uninspiriert agierten die Gastgeber im Offensivspiel. Dabei hatte Trainer Jupp Heynckes gleich zu Beginn einen Trumpf aus dem Ärmel gezogen: Arjen Robben stand bei seinem Comeback nach seiner Leistenverletzung gleich in der Startaufstellung. Die Virtuosen auf den Flügeln, Franck Ribery und Robben, sollten die BVB-Abwehr über die Außenbahnen knacken.

Doch Heynckes hatte sein Ass zu früh ausgespielt. Robben fand im ersten Spiel seit Anfang Oktober kaum Bindung zu den Mitspielern und setzte wenig Akzente. Kein Torschuss und magere 45 Ballkontakte standen bei seiner Auswechslung in der 72. Minute zu Buche. Auf der anderen Seite gab Lukas Piszczek mit kompromissloser Zweikampfführung gegen Ribery den Spielverderber, weshalb der Franzose immer wieder erfolglos den Weg durch die Mitte suchte. Ihre erste Flanke schlugen die Münchner in der 54. Minute.

"Rasenschach" im Topspiel

Entsprechend statisch wirkte das Aufbauspiel der Münchner besonders in der ersten Hälfte. Als "Rasenschach" bezeichnete Manuel Neuer, was die Teams im ersten Spielabschnitt ablieferten - angesichts des tristen Kicks noch eine putzige Beschreibung. Die Dortmunder verteidigten hoch und gaben sich mit gelegentlichen Nadelstichen zufrieden. Die Bayern fanden keine Antwort und probierten es mit langen Bällen, über die sich Mats Hummels und Subotic-Vertreter Felipe Santana freuten.

Erst in der zweiten Hälfte entwickelte sich eine sehenswerte Partie, in der das Publikum gelegentlich Torraumszenen zu sehen bekam. Götzes Treffer entschied schließlich die taktisch geprägte Partie. "Das Spiel hätte keinen Sieger verdient gehabt", befand Robben (zum Interview). Und Kapitän Philipp Lahm wollte sogar gesehen haben, dass der FC Bayern "über 90 Minuten die bessere Mannschaft" gewesen sei. "Wir hatten zu wenig Bewegung im Offensivspiel", räumte er immerhin ein.

Heynckes vermisst "Spannung und Konzentration"

Ohne den verletzten Bastian Schweinsteiger und den gesperrten Anatoliy Tymoshchuk im defensiven Mittelfeld fehlte gegen die aggressiv verteidigenden Borussen die Ruhe im Spielaufbau - und im Offensivspiel vielfach die Courage. Toni Kroos und Luiz Gustavo fehlten die zündenden Ideen. Thomas Müller leistete sich im Zentrum zu viele Abspielfehler und Toptorjäger Mario Gomez war komplett abgemeldet.

"Wir haben es nicht geschafft, das Tempo hoch zu halten, Druck aufzubauen", bemängelte FCB-Coach Heynckes. Er habe bereits im Abschlusstraining "einige Dinge beobachtet, die mir nicht ganz so gefallen haben", sagte der 66-Jährige.

Bei dem "einen oder anderen Spieler" habe er die "Spannung und Konzentration" vermisst, die in der Vorbereitung auf so ein Spiel nötig seien. Die Zahlen untermauern seine Kritik: Insgesamt über zehn Kilometer mehr als die Münchner liefen die Dortmunder, die mit dem Erfolg in der Tabelle bis auf zwei Punkte an den Spitzenreiter heranrückten.

"Das war sicherlich kein guter Spieltag für Bayern München", resümierte Karl-Heinz Rummenigge. Wie es sich für einen guten Vorstandsboss gehört, gab er noch die Richtung für die kommenden Tage vor, ehe er sich aus den Katakomben der Allianz Arena verabschiedete: "Jetzt heißt es, Schnauze abputzen und am Dienstag gewinnen!" Dann gastiert der FC Villarreal beim Rekordmeister.

Aus der Allianz Arena berichtet Andreas Messmer