Wolfgang Overath, der als Spieler über 400 Bundesliga-Spiele für den 1. FC Köln absolviert hat, war seit Juni 2004 Präsident der "Geißböcke"
Wolfgang Overath, der als Spieler über 400 Bundesliga-Spiele für den 1. FC Köln absolviert hat, war seit Juni 2004 Präsident der "Geißböcke"

"Et hätt noch immer jot jejange"

xwhatsappmailcopy-link

München - "Maat et joot", sagte Wolfgang Overath, nachdem er in seiner Rede auf der Mitgliederversammlung des 1. FC Köln am Sonntagnachmittag überraschend seinen sofortigen Rücktritt vom Posten des Präsidenten erklärt hatte. Der Abschied von "seinem Verein" war dem Urgestein nach sieben Jahren im Amt sichtlich schwergefallen. Teilweise rang der 68-Jährige sogar mit den Tränen.

"Die Belastung in den letzten Monaten war für uns alle, die wir beruflich noch stark engagiert sind, sehr hoch", erläuterten der eigentlich bis 2013 gewählte Overath sowie seine beiden ebenfalls zurückgetretenen Vize-Präsidenten Jürgen Glowacz und Friedrich Neukirch. Trotzdem werde der Club für das Trio "immer eine Herzensangelegenheit" sein. Es sind die großen Emotionen, von denen solche Traditionsvereine leben - Emotionen, die ständig neuen Antrieb geben und das Arbeiten manchmal dennoch nicht leichter machen.

"Für die Zukunft gut aufgestellt"

Fritz Walter zum Beispiel soll während der Begegnungen "seines" 1. FC Kaiserslautern - auch lange nach seiner aktiven Karriere - meist so aufgewühlt gewesen sein, dass der Weltmeister von 1954 die 90 Minuten lieber im heimischen Garten verbrachte und sich anschließend schonend von seiner Gattin über das Resultat informieren ließ. Wenn man dann sogar selbst in der Verantwortung steht, wird es sicherlich nicht einfacher - denn wenn es um den Fußball geht, liegen Fans und Funktionäre nun mal nicht immer automatisch auf einer Wellenlänge.

Für Overath und seine langjährigen Mitstreiter war daher anscheinend der geeignete Moment gekommen, um vorzeitig loszulassen: "Der 1. FC Köln ist für die Zukunft gut aufgestellt. Die von uns verpflichtete sportliche Leitung mit Sportdirektor Volker Finke und Trainer Stale Solbakken macht einen tollen Job. Die Mannschaft hat genügend Potenzial", sah das scheidende Präsidium ein bestelltes Feld.

"Haben die Situation unter Kontrolle"

Und in der Tat: Trotz durchwachsenem Saisonstart und akuter Verletzungsmisere haben sich die "Geißböcke" in den vergangenen Wochen stabilisiert, scheint das Team die Spielphilosophie und das System des neuen Trainers allmählich zu verinnerlichen. Daran sollte sich auch durch die Demission der Vereinsspitze wenig ändern.

"Das ist eine schwierige Situation. Overath ist eine Legende in Köln und hat einen guten Job gemacht über sehr viele Jahre. Aber wir müssen seine Entscheidung akzeptieren", zeigte Chefcoach Solbakken Verständnis - und machte zugleich klar: "Wir haben die Situation unter Kontrolle."

Verein vor "wichtiger Weichenstellung"

Auch im Mannschaftskreis scheint sich die größte Aufregung inzwischen gelegt zu haben. Hatte Vize-Kapitän Sascha Riether am Montag in einer ersten öffentlichen Reaktion von einem "Schock" gesprochen, den man "erst einmal verkraften" müsse, sah Lukas Podolski die Lage am Mittwoch schon wieder etwas optimistischer. "Es ist ein Schock, aber es muss weiter nach vorne gehen", sagte der Nationalspieler dem "Express".

Indessen will die Interimsspitze der Rheinländer nicht in Aktionismus verfallen, sondern in Ruhe nach einem würdigen Nachfolger für das einstige Aushängeschild Overath suchen: "Es geht bei dieser Entscheidung um eine wichtige Weichenstellung für die Zukunft des Vereins. Das kann man nicht übers Knie brechen", verkündete der neue Verwaltungsratsvorsitzende Werner Wolf.

Konzentration auf das Sportliche

Das Profil ist klar: "Wir brauchen jemanden, der die Kultur des Vereins versteht. Alle großen Clubs haben eine Tradition. Bayern ist Bayern. Dortmund ist Dortmund. Und der FC ist der FC", meinte Vereinslegende Hannes Löhr im "Express". Der neue Mann müsse "den FC kennen, sollte sich im Fußball gut auskennen und den Club nach außen gut repräsentieren können".

Was zwischenzeitlich zählt, ist vor allem das Sportliche, zumal der FC das Duell mit dem 1. FSV Mainz 05 am Samstag nach zuletzt drei Heimsiegen in Serie durchaus selbstbewusst angehen darf. Und mit einem "Dreier" würde die Welt in der Domstadt wohl auch schon wieder ein wenig anders aussehen, schließlich weiß man dort längst: "Et hätt noch immer jot jejange."

Stefan Missy