Zu Beginn der Saison wechselte Shinji Okazaki (l.) vom VfB Stuttgart in die Pfalz zum 1. FSV Mainz 05
Zu Beginn der Saison wechselte Shinji Okazaki (l.) vom VfB Stuttgart in die Pfalz zum 1. FSV Mainz 05

Endlich angekommen

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Mainz - Ein Sieg am Samstag bei Borussia Mönchengladbach und der FSV Mainz 05 spielt in  der nächsten Saison in der Europa-League. Shinji Okazaki sagt überzeugt: "Wir schaffen das!" Die Europacup-Teilnahme wären für den Club und den Spieler die Krönung einer starken Saison.

Japan schaut auf Okazaki

Erst letzten Samstag erzielte Okazaki seinen 14. Saisontreffer für die Nullfünfer. So viele hat noch kein Japaner in einer Bundesligarunde vor ihm erzielt. Noch zwei Tore fehlen Okazaki und er hätte den ehemaligen Kölner und Bremer Profi Yasuhiko Okudera eingeholt, der mit 26 Toren Japans Rekordtorschütze in der Bundesliga ist. Vielleicht klappt es ja schon am Samstag in Mönchengladbach (Zahlenspiele zum 33. Spieltag).

Nach dem Spiel gegen Nürnberg am vergangenen Spieltag belagerten rund zehn Reporter aus seiner Heimat, die ohnehin nach jedem Spiel die Worte und Gefühle des Fußballers in die Heimat transportieren, den 28 Jahre alten Stürmer noch länger als gewöhnlich. Was Shinji sagt ist wichtig für die Fans in Japan, nicht nur wegen des Rekordes.

Es werde nun natürlich viel mehr und viel positiver berichtet seit er in Mainz so erfolgreich ist, erzählt Okazaki, der fast alles liest, was über ihn in seiner Heimat verbreitet wird. Auf seiner ersten Station in Deutschland wurde ja auch manchmal negativ berichtet. Nach zweieinhalb Jahren beim VfB Stuttgart wechselte Okazaki letzten Sommer nicht gerade mit großem Selbstvertrauen nach Mainz. Nur ein Tor hatte er in der abgelaufenen Runde erzielt.

"Shinji kann alles - nur nicht vorbereiten"

"Der Shinji braucht Tore, sonst denkt er, er hat der Mannschaft nicht geholfen", erklärte Nullfünf-Manager Christian Heidel einmal die Mentalität Okazakis, der bislang in 73 Länderspielen für Japan 38 Treffer erzielte. Der Mann muss sich also ziemlich schlecht gefühlt haben, als er in Mainz aufschlug. Die Zeit beim VfB möchte Okazaki aber "nicht als verlorene Jahre" bezeichnen. Stattdessen sagt Okazaki: "Ich habe gelernt, wie es ist, in Deutschland zu spielen. Es kann ja nicht alles schlecht gewesen sein, sonst hätte mich der Trainer ja nicht nach Mainz geholt." 

Der Trainer des FSV heißt Thomas Tuchel, und der habe ihm neues Selbstvertrauen gegeben, sagt Okazaki. Von Tuchel stammt der Satz: "Shinji kann alles, nur nicht vorbereiten." So einer kann nur Stürmer spielen, lautete das Fazit des Mainzer Erfolgstrainers. Nachdem Okazaki zum Auftakt ein Tor ausgerechnet gegen Stuttgart erzielt hatte, blieb er danach aber wochenlang ohne Torerfolg. Tuchel habe immer Druck ausgeübt, nie locker gelassen und ihm irgendwann gesagt, er sei Stürmer - nur Stürmer!

Tuchels Umstellung war der Knackpunkt

Bis dahin litt der schnelle, fleißige, listige und für seine Gegenspieler wegen seiner enormen Willenskraft unbequeme Okazaki an einer Identitätskrise. In Stuttgart spielte er meist auf dem Flügel, seinem Selbstverständnis nach aber fühlte er sich immer als Angreifer.

Jetzt weiß Okazaki, wo er auf dem Platz hingehört. In Mainz ist er in seiner Lieblingsrolle auch ein unerbittlicher erster Verteidiger. "Ich habe die Worte des Trainers verinnerlicht", lässt Okazaki durch seinen Dolmetscher mitteilen, Tuchel redet Deutsch mit ihm, Interviews aber traut er sich nur in seiner Muttersprache mit Dolmetscher.

WM und Europa League fest im Blick

Im Sommer wird Okazaki mit der Nationalmannschaft die Weltmeisterschaft in Brasilien spielen. In der Vorrunde treffen die Japaner auf Griechenland, die Elfenbeinküste und Kolumbien, für das vielleicht Nullfünf-Kollege Elkin Soto nominiert wird. Der FSV stellt im besten Fall sieben WM-Fahrer, auch das ist ein Indiz für die verblüffend positiven Entwicklungen in Mainz.

Noch sei die WM nicht das ganz große Thema in der Kabine, berichtet Okazaki. Er glaubt, dass durch die vielen Spieler, die in großen europäischen Ligen spielen, Japan bei der fünften WM-Teilnahme erstmals über das Achtelfinale hinauskommen könnte. Für den Stürmer ist es die zweite WM-Teilnahme und die gefürchteten klimatischen Bedingungen in Brasilien hat er letzten Sommer schon beim Konföderationen-Cup erlebt. "Ja, es wird heiß, sehr heiß", sagt er lachend.

Strapazen machen Okazaki nichts aus, deshalb hätte er auch nichts gegen die Europacup-Teilnahme mit Mainz 05. Beim VfB Stuttgart sei er auch an den Erfahrungen in der Europa-League gewachsen. Im Hinblick auf die Mainzer Zukunft ist Okazaki der Meinung, dass internationale Spiele den vielen jungen Spielern in Mainz noch einen Schub geben könnten.

Aus Mainz berichtet Tobias Schächter