Sebastian Langkamp (l., gegen Jan Rosenthal) gewann beim Saisonauftakt gegen Frankfurt 66,7 Prozent seiner Zweikämpfe (© imago)
Sebastian Langkamp (l., gegen Jan Rosenthal) gewann beim Saisonauftakt gegen Frankfurt 66,7 Prozent seiner Zweikämpfe (© imago)

"Eine geile Stimmung in der Stadt"

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Köln - Hertha BSC ist wieder zurück in der Bundesliga. Und wie. Nach dem grandiosen 6:1-Auftaktsieg gegen Frankfurt gastieren die Berliner nun am 2. Spieltag beim 1. FC Nürnberg. bundesliga.de sprach mit Hertha-Verteidiger Sebastian Langkamp, der aus Augsburg an die Spree gewechselt ist, über die Stimmung in der Stadt, Hertha-Trainer Jos Luhukay und die bevorstehende Aufgabe beim "Club".

bundesliga.de: Herr Langkamp, wie haben Sie den 6:1-Paukenschlag zum Saisonstart gegen Eintracht Frankfurt verdaut?

Sebastian Langkamp: Im Moment ist alles gut. Seit Dienstag liegt der Fokus schon wieder auf dem nächsten Spiel. Das ist das Gute an der Bundesliga. Du spielst jedes Wochenende und musst Dich immer wieder neu beweisen. Daher sind positive Erlebnisse sehr schön. Aber wir müssen die auch schnell verarbeiten.

bundesliga.de: Aber die sechs Tore, die Rekord für einen Aufsteiger am 1. Spieltag bedeutet haben, und die Tabellenführung nimmt man gerne mit.

Langkamp: Absolut. Es war ein positives Erlebnis, wir hatten eine tolle Stimmung im Stadion. Wir sind stolz auf den Sieg.

bundesliga.de: Wie gut ist die Stimmung in der Stadt? Werden Sie schon häufig erkannt?

Langkamp: Nein. Das ist das Gute in Berlin. Da ist man viel inkognito unterwegs. Es gibt hier viele Stadtteile, in denen sich kaum jemand für die Bundesliga interessiert. Aber das finde ich auch gut. Man kann in Ruhe ausgehen. Aber nach dem ersten furios gewonnenen Heimspiel herrscht schon eine geile Stimmung in der Stadt. Wenn man ein Stadion mit dem Fassungsvermögen hat, ist es wunderschön, wenn es ausverkauft ist. Gegen Frankfurt hatten wir schon 55.000 Zuschauer. Wenn es dann in den nächsten Wochen noch mehr werden, freue ich mich sehr darauf.

bundesliga.de: Jetzt ist der Wandervogel Sebastian Langkamp auf seiner Tour durch Deutschland nach den Stationen Münster, München, Hamburg, Karlsruhe und Augsburg nun in Berlin angekommen. Sie haben relativ häufig die Vereine gewechselt. Zufall oder Plan?

Langkamp: Eigentlich ist das nicht so mein Naturell. Das Geschäft ist schnelllebig. Dann geht es mal von Norden nach Süden und umgekehrt, von West nach Ost. Man kann es sich nicht immer aussuchen. In der Bundesliga ist es oft so, dass man alle drei, vier Jahre die Vereine wechselt. Das hat mal persönliche Gründe, mal liegt es an den Vereinen. Ich hatte jetzt zwei sehr schöne Jahre in Augsburg. Davor war ich dreieinhalb Jahre in Karlsruhe. So kurz war das jetzt auch nicht. In Augsburg war es so, dass wir nach meinem Empfinden zwei Jahre am Limit gespielt haben. Ich suchte eine neue Herausforderung und wollte mich auch persönlich weiterentwickeln. Ich glaube, dass es mittelfristig bei Hertha BSC in drei vier Jahren andere Ziele geben wird als sie beispielsweise bei aller Sympathie der FC Augsburg hat. Hertha hat mehr Geschichte und sich mehr Backup verschaffen können. Das war vielleicht mein tiefgründigster Grund für den Wechsel.

bundesliga.de: Für Sie bedeutet Hertha auch eine Art Neuanfang. Sie hatten in Augsburg das letzte Dreivierteljahr nicht mehr gespielt. Begreifen Sie Hertha als neue Chance?

Langkamp: Ja, absolut. Ich habe noch nicht über 100 Bundesliga-Spiele und kann noch nicht sagen, dass ich ein etablierter Bundesliga-Spieler bin. Für mich ist es eine neue Chance, wie auch für viele andere Spieler bei Hertha BSC. Nicht nur der Verein hat in den letzten Jahren ein Auf und Ab erlebt, auch viele Spieler, die noch nicht so viele Bundesliga-Einsätze hatten. Daher muss sich jeder beweisen und konstant gute Leistungen bringen. Das gilt für ganz genauso. Nach meiner Verletzungszeit lag mein letztes Spiel auch schon neun Monate zurück. Dann ist es ein schönes Erlebnis, wieder beschwerdefrei spielen zu können.

bundesliga.de: Welche Rolle hat Jos Luhukay bei dem Wechsel gespielt, der schon in Augsburg Ihr Trainer war? Besteht bereits ein Vertrauensverhältnis?

Langkamp: Er hat eine große Rolle gespielt. Der Trainer hat ja das Interesse bekundet und sich über meinen Berater gemeldet. Die sportliche Abteilung, egal ob Trainer oder Manager, stand 100-prozentig hinter dem Wechsel. Jos Luhukay ist ein Trainer, der mich unbedingt haben wollte. Wir kennen uns aus Augsburger Zeiten, wo wir das eine oder andere Ding zusammen durchlebt haben. Es war eine positive Zeit, die zusammengeschweißt hat. Aber dem Trainer gefällt jetzt nicht meine Frisur, sondern er ist sportlich von mir überzeugt. Das ist ein Vertrauensbeweis und war für mich der Hauptgrund, nach Berlin zu wechseln.

bundesliga.de: Wie sehen in Berlin Ihre persönlichen Ziele aus?

Langkamp: Mein Ziel ist es, fit zu bleiben. Ich hatte in der letzten Saison Probleme mit einer weichen Leiste. Es war meine erste größere Verletzung, eigentlich keine große Sache. Und mein zweites Ziel ist, so viele Spiele wie möglich zu spielen.

bundesliga.de: Am Sonntag gastiert Hertha beim 1. FC Nürnberg. Die letzten vier Spiele gegen den "Club" gingen alle verloren. Insofern freut sich Nürnberg nicht nur auf den Tabellenführer sondern auch auf einen Punktelieferant? Wie schwer wird die Aufgabe?

Langkamp: Nürnberg tritt vor allem auch zuhause sehr kompakt und defensiv stark auf. Sie haben eine ähnliche Spielphilosophie wie wir, definieren sich eher über die Defensive und versuchen dann, schnell nach vorne zu spielen. Ich rechne nicht mit so einem offenen Schlagabtausch wie gegen die sehr offensiv eingestellten Frankfurter. Es wird ein Spiel auf Augenhöhe und wahrscheinlich nicht zu so einem Ergebnis kommen wie gegen die Eintracht.

bundesliga.de: Welche Rolle kann Hertha in dieser Saison spielen, wie sieht die Zielsetzung aus? Ist der Klassenerhalt das alleinige Ziel oder ist auch noch Luft nach oben?

Langkamp: Der Klassenerhalt ist das primäre Ziel. Das ist auch den letzten Jahren mit den beiden Abstiegen geschuldet. Als Aufsteiger kann man immer für eine positive Überraschung sorgen, so wie in der letzten Saison Frankfurt. Aber so weit voraus denken wir gar nicht. Der Verein muss sich stabilisieren. Wir müssen eine gute Basis schaffen, ein Fundament, und schon in der Hinrunde so viele Punkte wie möglich holen. Wir setzen uns nach oben keine Grenze, aber realistisch betrachtet gibt es nur ein Ziel. Und das ist der Klassenerhalt.

Das Gespräch führte Tobias Gonscherowski