Neuzugang Javier Martinez (r.) betrachtet zunächst 77 Minuten lang von der Bank aus das Spiel seiner neuen Teamkollegen beim FC Bayern München
Neuzugang Javier Martinez (r.) betrachtet zunächst 77 Minuten lang von der Bank aus das Spiel seiner neuen Teamkollegen beim FC Bayern München

Eine Begrüßung nach Maß

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München - Javier Martinez hat die Fans schon mal auf seiner Seite. "Die Leute haben mich mit offenen Armen empfangen", sagte der Spanier nach seinem Bundesliga-Debüt." Es ist aber ein außergewöhnlicher Willkommensgruß gewesen, den die Spieler des FC Bayern München ihrem Neuzugang an dessen 24. Geburtstag überbrachten. Zum Einstand des neuen Mittelfeldspielers fegte der FCB den VfB Stuttgart mit einem aus der Arena.

Angestachelt vom Gegentreffer

Knapp 77 Minuten saß der Spanier auf der Bank und sah mit an, dass die Bayern keine 20 Minuten reiner Spielzeit brauchten, um Europa-League-Teilnehmer Stuttgart eine derbe Niederlage zu verpassen. Insbesondere die Mittelfeldspieler des FCB schienen ihrem neuen Kollegen gleich mal zeigen zu wollen, dass er sich seinen Platz in der Elf des Rekordmeisters mit harter Arbeit verdienen muss.



Egal, welchen Mittelfeldspieler man sich herauspickt - ob Luiz Gustavo, Toni Kroos oder Bastian Schweinsteiger - sie alle lieferten hervorragende Leistungen ab. Dazu der torhungrige Thomas Müller und der schnelle Franck Ribery. Der 0:1-Rückstand durch den sehenswerten Sonntagsschuss von Martin Harnik (25.) stachelte die Mannschaft des Rekordmeisters eher noch an, als dass sie auch nur ansatzweise das Spiel aus der Hand gab.

Trainer Jupp Heynckes war entsprechend zufrieden: "Mit dem Rückstand ist meine Mannschaft erwacht, hat reagiert, so wie es unser Anspruch ist. Von da ab haben wir ein überragendes Spiel gezeigt." Der FC Bayern strotzte vor Selbstvertrauen und schoss zwischen der 32. und 51. Minuten gleich sechs Tore.

Die Mittelfeldachse sorgt für die Treffer



Fünf dieser sechs Tore erzielten ausgerechnet die Spieler aus dem Mittelfeld. Nicht die üblichen Verdächtigen Ribery oder Arjen Robben, der mit einem grippalen Infekt ausfiel, sondern die Spieler, die mit Javier Martinez noch einen Konkurrenten mehr im Kampf um einen Startplatz bekommen haben.

Kroos und Gustavo trafen mit sehr sehenswerten Schüssen aus der zweiten Reihe, Schweinsteiger markierte den 6:1-Schlusspunkt sogar für ihn eher ungewöhnlich mit dem Kopf. Konkurrenz scheint wahrlich das Geschäft zu beleben. Das sieht auch Luiz Gustavo so. "Konkurrenzkampf ist immer gut, dann will man im Training immer alles noch ein bisschen besser machen", erklärte der Brasilianer. "Man will sich auf dem Platz gut präsentieren. Das ist aber kein Druck, der da entsteht, sondern Motivation."

Startelf-Rückkehr von Schweinsteiger



Und die Motivation war deutlich spürbar. Auch bei Schweinsteiger, der zum ersten Mal seit dem Champions-League-Finale im Mai wieder in der Startelf stand und zudem nach eigenen Aussagen in der vergangenen Woche erstmals seit seiner Verletzung im Februar ohne Beschwerden trainieren konnte.

Ob dieser zusätzliche Schub auch an der Verpflichtung von Martinez lag, vermag nur Schweinsteiger selbst einzuschätzen. Fakt ist aber, dass der Nationalspieler nach einigen Minuten Anlaufphase wieder ganz in seinem Element war - viele Ballkontakte, viel Übersicht im Spielaufbau und Passsicherheit.

Schweinsteiger unterstrich seine Führungsrolle im Team, das er nach dem Jahr der zweiten Plätze stark verbessert einschätzt. "Ich sehe das Potenzial, die Qualität, den gewissen Hunger der Mannschaft", meinte der 28-Jährige, der in der 77. Minute für Neuzugang Martinez Platz machte. Doch damit der FC Bayern all dieser Qualität gerecht werden kann, braucht es auch das Fingerspitzengefühl von Trainer Heynckes.

Comeback einer Hitzfeld-Taktik?



Unter Trainer Ottmar Hitzfeld war sie einst Mittel zum Zweck - die Rotation. Zu viele namhafte und gleichwertige Spieler im FCB-Kader, zu wenige Plätze in der Startelf, dafür mit drei Wettbewerben viele englische Wochen. Um die Kräfte gezielt einzuteilen, war kaum ein Spieler unter Hitzfeld unersetzlich.

Mit dem hochwertigen Aufgebot, das den Bayern derzeit zur Verfügung steht, könnte die Rotation eine Renaissance erleben. Denn welcher Trainer möchte schon das Potenzial von gestandenen Nationalspielern auf der Reservebank versauern lassen? Jupp Heynckes bleiben nun zwei Wochen Zeit, um auf diese Frage eine Antwort zu finden. Die Auflösung folgt dann im Heimspiel gegen Mainz. Javier Martinez wird auf jeden Fall seinen 24. Geburtstag nicht so schnell vergessen.

Aus der Allianz Arena berichtet Jessica Pulter