Als Spieler absolvierte Jürgen Kohler 55 Spiele für den FC Bayern und lief 191 Mal für Borussia Dortmund auf. 1997 gewann er mit dem BVB die Champions League
Als Spieler absolvierte Jürgen Kohler 55 Spiele für den FC Bayern und lief 191 Mal für Borussia Dortmund auf. 1997 gewann er mit dem BVB die Champions League

"Dieses Duell elektrisiert die Fans"

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München - BVB gegen Bayern heißt es am Samstag in der Bundesliga (ab 18:00 Uhr im Live-Ticker/Liga-Radio) - und sollte in diesem Spiel eine Mannschaft eine hohe Niederlage kassieren, dann nimmt sie die garantiert auch mit ins Champions-League-Finale nach London, glaubt Jürgen Kohler.

Zwei Jahre Bayern, sieben Jahre BVB, Welt- und Europameister: Jürgen Kohler ist genau der Richtige, um vor dem Giganten-Duell zwischen Borussia Dortmund und Bayern München am Samstag einen Blick auf die beiden Kontrahenten zu werfen. Im Interview mit bundesliga.de spricht der 47-Jährige über Qualität, psychologische Aspekte und taktische Experimente.

bundesliga.de: Jürgen Kohler, am Samstag gibt es nicht nur das Duell der Bundesliga-Giganten zwischen dem BVB und Bayern sondern zugleich auch die Generalrobe für das Champions-League-Finale. Hätten Sie das vor zwei Wochen für möglich gehalten?

Jürgen Kohler: Ich habe sogar schon vor zwei Monaten prophezeit, dass wir ein deutsches Champions-League-Endspiel erleben werden. Ich verfolge die europäischen Top-Ligen intensiv und beschäftige mich mit den Stärken und Schwächen der besten Mannschaften. Im internationalen Vergleich ist es für mich nicht verwunderlich, dass Borussia Dortmund und Bayern München es jetzt beide ins Finale geschafft haben. Dass sie sich jetzt vorher noch einmal in der Bundesliga gegenüberstehen, ist für die Zuschauer eine spannende Sache.

bundesliga.de: Welchen Stellenwert hat die Partie am Samstag aus Ihrer Sicht?

Kohler: Dieses Duell elektrisiert die Fans. Immerhin trifft der Deutsche Meister der letzten beiden Jahre auf den neuen Deutschen Meister. Das verspricht immer ein interessantes Spiel, auch wenn sich beide Mannschaften natürlich sehr gut kennen.

bundesliga.de: Ist es aus Ihrer Sicht auch schon ein Test für das Finale in Wembley?

Kohler: Es wird kein Test für das Finale im eigentlichen Sinne. Aber es ist schon ein Abklopfen, wie es im Endspiel zugehen könnte. Und vor allem ist es ein interessantes Kräftemessen, auch für die Vereine selbst. Immerhin haben die Bayern in dieser Saison im DFB-Pokal zum ersten Mal seit langer Zeit wieder gegen Borussia Dortmund gewonnen. Aber in der Bundesliga ist der BVB schon seit fünf Spielen ungeschlagen gegen Bayern München.

bundesliga.de: Es wird im Vorfeld viel über die möglichen Aufstellungen spekuliert.

Kohler: In diesem Zusammenhang wird oft von einer A- und einer B-Elf gesprochen. Das wird der Sache aus meiner Sicht aber absolut nicht gerecht. Der FC Bayern ist in dieser Saison so stark und im Gegensatz zum BVB auch in der Breite so gut besetzt, dass man höchstens von einer A1- und einer A2-Mannschaft sprechen kann. Da steckt in jedem Fall jede Menge Qualität drin. Ich denke aber auch, dass beide Trainer eine gute Elf aufbieten werden. Je nach Spielverlauf kann man dann immer noch durchwechseln und dem einen oder anderen Leistungsträger eine Pause gönnen.

bundesliga.de: Welche psychologische Bedeutung kann dieses Duell mit Blick auf Wembley haben? Wäre ein Sieg am Samstag zum Beispiel für den BVB eine gute Chance, neues Selbstvertrauen gegen die Bayern zu tanken?

Kohler: Als Spieler weiß man schon zwischen der Bedeutung eines Bundesligaspiels und eines Finales in der Champions League zu unterscheiden. Das sind zwei Paar Schuhe. Aber natürlich kann man an Selbstbewusstsein gewinnen und etwas mitnehmen für das Finale, wenn man jetzt am Samstag ein gutes Spiel abliefert und dem Gegner Paroli bietet. Wenn man auf der anderen Seite eine klare oder sogar hohe Niederlage mit 0:3 oder 0:4 kassiert und über 90 Minuten fast ohne Chance bleibt, dann wird man das auch mitnehmen nach London. Und das gilt für beide Mannschaften.

bundesliga.de: Rechnen Sie damit, dass die Trainer vielleicht auch etwas ausprobieren in diesem Spiel? Der BVB könnte für den Ernstfall testen, wer Mario Götze gegen die Bayern am ehesten ersetzen kann, sollte der Nationalspieler länger ausfallen.

Kohler: Wenn die Trainer etwas testen wollen, dann bestimmt nicht in diesem direkten Duell. In diesem Spiel wird es solche Experimente nicht geben. Da wird weder Jürgen Klopp noch Jupp Heynckes seine Karten komplett auf den Tisch legen. Vielleicht spielen die Bayern ja sogar am Samstag mal mit einem 4-4-2-System. Oder Borussia Dortmund läuft mit einer 4-3-3-Formation auf. Auch wenn das keine Rückschlüsse zulassen wird für Wembley - es verspricht ein hochinteressantes Bundesliga-Duell der beiden Top-Teams zu werden.

Das Gespräch führte Dietmar Nolte