Bernd Leno übertrifft bei Bayer Leverkusen bislang alle Erwartungen. Er ist immer noch ohne Gegentor
Bernd Leno übertrifft bei Bayer Leverkusen bislang alle Erwartungen. Er ist immer noch ohne Gegentor

Diese unheimliche Ruhe

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München - Drei Spiele, null Gegentore. Makellos ist sie, die Bilanz von Bernd Leno in der Bundesliga, schlicht makellos. Und der Leverkusener Keeper hielt seinen Kasten nicht gegen Laufkundschaft sauber.

Der SV Werder Bremen besitzt derzeit die zweitbeste Offensive der Liga. Die besondere Partie bei Lenos Stammverein VfB Stuttgart war nochmal eine ganz neue Belastung. Und auch gegen den Deutschen Meister Borussia Dortmund mit den Offensivstars Götze, Kagawa und Co. behielt Leno seine "Weiße Weste" und vor allem seine Ruhe.

"Absolute Weltklasse"

Diese unglaubliche, fast schon unheimliche Ruhe, die Leno mit seinen 19 Lenzen ausstrahlt und der Bayer-Defensive so viel Rückhalt verschafft, beeindruckte Fußballdeutschland bislang restlos. Seit seinem Debüt spielt Leno, als stünde er schon sein Leben lang im Kasten eines Bundesligaclubs.

Das BVB-Spiel, in dem er bislang am meisten gefordert wurde, war Lenos stärkster Auftritt. "Absolute Weltklasse", urteilte beispielsweise "Sky"-Co-Kommentator Stefan Effenberg. Und auch seine Teamkollegen wussten Lenos Glanzparaden, die Bayer den Punktgewinn sicherten, zu schätzen - zumal die "Werkself" lange in Unterzahl agierte. "Er hat einige Male hervorragend zugepackt. Er war gefordert, und er war jedes Mal zur Stelle", lobte Hanno Balitsch.

Leno verblüfft Dutt

Seinen Trainer verblüffte der Rechtsfuß noch mehr mit seiner Ausstrahlung. "Wo er diese Ruhe hernimmt? Ich weiß es nicht", sagte Robin Dutt nach dem Spiel. Neben seinen Qualitäten auf der Linie bewies Leno auch fußballerische Fähigkeiten, löste einige brenzlige Situationen geschickt und ohne Aufregung. "Ich weiß nicht, ob das mancher Feldspieler so cool gelöst hätte", merkte Dutt an.

Dabei dürfte sich Dutt eigentlich nicht mehr wundern. Auch schon gegen den VfB hatte er ein ähnliches Urteil getroffen: "Welche Ruhe er ausstrahlt, ist schon unglaublich", waren die Worte des Leverkusener Coaches nach dem Erfolg in Stuttgart. Doch gegen den BVB hat sich Leno nochmals übertroffen - und kann jetzt sogar eine historische Bestmarke knacken.

Historische Bestmarke in Gefahr

45 Jahre hat die Bestmarke von Dirk Krüssenberg Bestand. 1966 blieb der Düsseldorfer Schlussmann bei seinem Debüt 310 Minuten ohne Gegentor. Übersteht Leno auch die ersten 41 Minuten in Augsburg schadlos, knackt er diesen Wert.

Auch in Stuttgart weiß man, was man an Leno hat - die Leihe wurde vom VfB ohne Kaufoption festgelegt. "Bernd ist eines der größten Torwart-Talente in Deutschland. Wir haben uns schwer genug damit getan, ihn an Bayer auszuleihen. Deshalb kommt er ja auch im Januar definitiv zurück zu uns", stellte Stuttgarts Sportdirektor Fredi Bobic bereits klar.

"Er kann auch in der Champions League bestehen"

"Bernd ist ein besonnener Typ, brutal ehrgeizig ist und hat Ausstrahlung. Den bringt nichts schnell aus der Ruhe." Ruhe - dieses Attribut fehlt bei keinem Urteil über den gebürtigen Schwaben, auch nicht bei Bobic. "Ich bin mir sicher, dass er auch in der Champions League bestehen kann", traut dieser Leno schon in dieser Saison Großes zu. Leno selbst bleibt indes bescheiden, sieht die derzeitige Situation als "perfekte Gelegenheit, um mich in der Bundesliga zu beweisen".

Noch 41 Minuten Ruhe in Augsburg, und Bernd Leno, der 19 Jahre alte Ruhepol im Bayer-Tor, hat bereits mehr geschafft als das. Dann hat er sich nach nur vier Auftritten schon in die Geschichtsbücher der Bundesliga eingetragen. Und übrigens: 884 Minuten blieb Timo Hildebrand 2003 ohne Gegentor, bisheriger Bundesliga-Rekord. Nur mal zum vormerken.

Christoph Gschoßmann