Bayerns Franck Ribery ist derzeit in Topform
Bayerns Franck Ribery ist derzeit in Topform

Der Kaiser huldigt dem König

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München - Vor gut fünf Jahren hing dieses überdimensionale Plakat an einem Gerüst der Theatinerkirche am Odeonsplatz. 250 Quadratmeter groß, darauf zu sehen der damals neue Bayern-Star Franck Ribery. In einen edlen, blauen Mantel gehüllt, mit einem Ordensstern um den Hals, den giftgrünen Fußball-Schuh auf einen Ball gestellt, in der rechten Hand eine Eckfahne, die Linke zur Siegesfaust geballt.

"Er hat sicher drei Pferdelungen"

Neben dem Riesen-Ribery prangte der Schriftzug "Bayern hat wieder einen König". Der Franzose war von einem Sportartikelhersteller schon vor den ersten sportlichen Glanzleistungen für seinen neuen Arbeitgeber gekrönt worden.

Jetzt - fünf Jahre danach - folgt die offizielle Krönung, die größte Huldigung, die sich ein Fußballer des FC Bayern nur vorstellen kann. Der Kaiser selbst hat sich nämlichin Sachen Ribery zu Wort gemeldet.



"Seine Spielweise, seine Leichtfüßigkeit, in jedem Zweikampf kriegt er eine mit. Und trotzdem setzt er sich durch", lobte Bayerns Ehren-Präsident Franz Beckenbauer in der TV-Sendung "Sky90". "Was das Kraft kostet, ist unglaublich." Nach dem war Beckenbauer hin und weg. Und das auch zu Recht.

Unermüdlich trieb Ribery das Offensivspiel des Rekordmeisters über die Flügel an, leitete Konter ein, glänzte als Vorbereiter - und, was den neuen Ribery vom alten unterscheidet - rackerte in der Defensive. "Ich weiß nicht, wie viele Lungen er hat. Er hat sicher drei Pferdelungen. Das gibt es nicht", sagte der überraschte Kaiser. Auch Spielmacher Bastian Schweinsteiger gefiel die neue Arbeitsweise seines Nebenmannes: "Dass Franck jetzt auch defensiv arbeitet, ist das Schönste."

Der Auftritt in der Hansestadt war ein weiterer Beweis für die Ribery'sche Leistungsexplosion in den letzten Wochen. Der 29-Jährige war in den vergangenen drei Spielen an sieben Toren beteiligt: In Hamburg bereitete er zwei Treffer vor, bei Fortuna Düsseldorf deren drei und im Heimspiel gegen 1899 Hoffenheim schnürte er einen Doppelpack. Mit Ribery läuft es einfach rund beim FC Bayern. Sechs Mal stand der Mittelfeldspieler in dieser Saison auf dem Feld, sechs Mal gingen die Münchner als Sieger vom Platz.

Wieder heiß auf Lille



Thomas Müller drückte seine Wertschätzung für den Franzosen auf eine andere, sehr ironische Weise aus. "Er hat jeden Ball verloren, den er gehabt hat - und kaum Impulse nach vorne setzen können. Und deswegen schadet er uns so", witzelte der Nationalspieler mit einem lausbübischen Grinsen im Gesicht. Ein typischer Müller eben, der dem Franzosen obendrein bescheinigte, beim HSV der "schlechteste Mann auf dem Platz" gewesen zu sein, bei dem er noch "Steigerungspotenzial" sehe.

Auch ohne die von Müller im Scherz eingeforderte Leistungssteigerung dürfte dem OSC Lille - dem Gegner in der Champions League am Mittwoch (ab 20:30 Uhr im Live-Ticker) - in Erwartung eines Franck Riberys in Topform eher mulmig in der Magengegend werden. Zumal der Flügelflitzer gegen seinen Ex-Club wieder doppelt motiviert sein dürfte. Ribery kickte in der Jugend für den OSC, flog aber mit 16 Jahren aus der Fußballakademie der Nordfranzosen. "Wir müssen gewinnen", fordert der Bayern-Star.

Im Hinspiel in Lille mühten sich die Münchner zu einem 1:0-Arbeitssieg. Spielerische Glanzpunkte fielen aus, Wille und Kampfgeist waren für den Erfolg entscheidend. Dinge, die Ribery früher abgesprochen wurden. Lange wurde ihm nachgesagt, zu schnell zu hadern, unzufrieden zu sein, gar aufzugeben. Doch Beckenbauer nahm den Kritikern auch hier den Wind aus den Segeln. "Er geht in jedem Spiel bis ans Maximum", findet der 67-Jährige. Die Huldigung ist vollkommen.

David Schmidt