Jerome Boateng (r.) bezeichnet seinen Halbbruder Kevin-Prince als seinen "besten Freund". Früher spielten sie noch gemeinsam auf einem Bolzplatz im Wedding (©imago)
Jerome Boateng (r.) bezeichnet seinen Halbbruder Kevin-Prince als seinen "besten Freund". Früher spielten sie noch gemeinsam auf einem Bolzplatz im Wedding (©imago)

Das Boateng-Duell: wild gegen ruhig

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München - Klaus gegen Thomas Allofs, Karl-Heinz gegen Bernd Förster, Sven gegen Lars Bender - diese Liste könnte sich so weiter führen lassen. Brüder-Duelle in der Bundesliga sind nicht neu - und doch zeichnen die Aufeinandertreffen zwischen Jerome und Kevin-Prince Boateng etwas Besonderes aus. Beide haben es vom Bolzplatz am Panke-Kanal im Berliner Wedding auf die große Bühne Bundesliga und Champions League geschafft - und treffen nun im direkten Duell aufeinander.

Kevin-Prince, der Wilde - Jerome, der Introvertierte

Am Samstag (ab 18 Uhr im Live-Ticker) ist es mal wieder soweit. Schalke muss nach München reisen und die beiden Brüder, genauer gesagt Halbbrüder, werden sich auf dem Feld gegenüber stehen - zum vierten Mal in ihrer Karriere. Schon im Hinspiel, das die Königsblauen 0:4 verloren, tönte Kevin-Prince bei bundesliga.de, dass man für 90 Minuten keine Brüder sein werde.

Auf dem Platz Gegner, außerhalb des Rasens verstehen sie sich prächtig. "Wir haben so gut wie jeden Tag Kontakt", sagt Jerome, der Jüngste des Boateng-Clans. Doch das war nicht immer so. "Jeder hat das Beste für sich rausholen wollen, da sind wir uns eine zeitlang seltener begegnet", erzählt Kevin-Prince. Erst als beide für sich den passenden Weg gefunden haben, sind sie zusammengewachsen.

So sehr, dass alle drei Boatengs (Jerome, Kevin-Prince und George, der älteste Bruder) sich ein gemeinsames Motiv auf den Oberarm tätowieren ließen. Die Konturen des Kontinentes Afrika, in dem die Landesgrenzen Ghanas hervorgehoben sind. In der Landmasse von Afrika steht in großen Buchstaben der Name des Ursprungslandes ihres Vaters: Ghana.

Früher, in der Jugend, hatten Jerome und Kevin-Prince eigene Freundeskreise und sich kaum gesehen. Das erklärt möglicherweise auch die unterschiedlichen Charaktere der beiden: Jerome ist ruhig, introvertiert - auf und neben dem Platz. Der Brave sozusagen. Kevin-Prince ist auf dem Rasen emotional. Wenn es nicht um Fußball geht, ist er locker und cool. "Diese Lockerheit hätte ich gerne von ihm", gibt Jerome zu. Er selbst, sagt er, sei oft zu angespannt.

Berater hilft Kevin-Prince

Allerdings wurde die Emotionalität von Kevin-Prince in der Vergangenheit häufig negativ ausgelegt. Als Junge mit Migrationshintergrund hatte er schnell das Image des "Bad Boys". "Das hab ich auch gerne bedient. Es war damals einfach cool", sagt er. "Ich habe Sachen gemacht, über die lache ich heute." Dass es zu dieser Wandlung gekommen ist, liegt besonders an Roger Wittmann. Der Berater hatte großen Einfluss auf Kevin-Prince und half ihm, professioneller zu werden.

Wenn Wittmann früher dagewesen wäre, hätte er weniger Hürden nehmen müssen, meint Kevin-Prince. Mittlerweile ist er erwachsen geworden - und ruhiger. Bald wird der 26-Jährige zum zweiten Mal Vater. "Wenn ich heimkomme und meine Verlobte mit dem dicken Bauch sehe, bin ich einfach nur glücklich", sagt er grinsend.

Trotz der "wilden Phase" seines Bruders war Kevin-Prince immer ein Vorbild für Jerome. "Er hatte es vom Bolzplatz früh in die erste Mannschaft von Hertha geschafft, und das zeigte mir, dass ich das auch kann", erinnert sich der 25-Jährige, der sich nach der Partie in der Hinrunde das Trikot des Älteren geholt und zuhause an die Wand gehängt hatte. "Er ist mein bester Freund, mit dem ich über alles reden kann. Ich bin sehr froh, dass ich ihn habe", sagt Jerome.

Am Samstag wird die Bruderliebe jedoch erneut aussetzen. Für 90 Minuten. Dann will jeder nur das Beste für sein Team.

Michael Sapper

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