Die deutsche Nationalmannschaft feierte den WM-Triumph bis tief in die Nacht hinein
Die deutsche Nationalmannschaft feierte den WM-Triumph bis tief in die Nacht hinein

Carnaval do DFB

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Rio de Janeiro - Der weltberühmte Karneval von Rio fand noch einmal im Juli statt - mit den deutschen WM-Helden als Vortänzern. Wilde Samba-Einlagen, überschäumender Jubel und laute Gesänge: das Mannschaftshotel am Strand von Ipanema wurde nach dem vierten WM-Triumph zum Tollhaus. Die Sonne über dem Zuckerhut war bereits aufgegangen, da feierten und hüpften Philipp Lahm und Co. im Saal "Copacabana" noch immer. Es war der Tanz um den goldenen WM-Pokal, es war "Carnaval do DFB".

Feiern bis zum Morgengrauen

Und die große Sause war überfällig. Endlich, endlich hatte sich für "König Jogi" und seine nun Goldene Generation der große Traum erfüllt. Weltmeister! Das Größte. Der Gipfel. Das Höchste der Gefühle. Entsprechend heftig ließen es die Helden von Maracana in Brasiliens Party-Hauptstadt krachen.

Die ganze Erschöpfung nach 120 kraftraubenden, mitreißenden, dramatischen Minuten war da längst vergessen. Der wunderbare Treffer von Mario Götze (Personalie) in der 113. Minute zum 1:0 nach Verlängerung war Adrenalinschub genug, um die ganze Nacht problemlos durchhalten zu können. "Wir feiern jetzt, bis es nicht mehr geht", lautete die klare Ansage des im Endspiel überragenden Verteidigers Jerome Boateng.

Und die Spieler samt Partnerinnen und Anhang, darunter Pop-Star Rihanna, hielten Wort. Geschlafen wurde bis zum Abflug aus Rio am Montagnachmittag Ortszeit nur wenig. Mit entsprechend kleinen Augen und dickem Kopf machten sich die Weltmeister auf zum Flieger nach Berlin. Dort steht am Dienstagvormittag mit einem riesigen Empfang auf der Fanmeile am Brandenburger Tor ein weiterer Höhepunkt des Feier-Marathons an.

Merkel und Gauck in der Kabine

Schon auf dem Rasen des Maracana waren nach dem historischen Triumph alle Dämme gebrochen. Ein Haufen überglücklicher Männer lag sich freudetrunken und mit Tränen in den Augen in den Armen. Am liebsten hätten sie die ganze Welt umarmt. In der Kabine flossen Bier und Champagner. Mit einer Magnum-Flasche in der Hand bahnten sich Manuel Neuer (Personalie), Sami Khedira, Mesut Özil, Per Mertesacker und Lukas Podolski per Polonaise den Weg zum Bus und grölten dabei: "Die Nummer eins der Welt sind wir" und "So ein Tag, so wunderschön wie heute". Dazwischen lief Poldis Sohn Louis glückselig mit Papas Goldmedaille um den Hals herum.

Zuvor hatte es ein lautstarkes Hallo gegeben, als Bundespräsident Joachim Gauck und Kanzlerin Angela Merkel in der Kabine erschienen waren. "Angie, Angie" und "Präsi, Präsi", hallte es durch die Umkleide. Natürlich durfte das obligatorische Foto mit Kanzlerin und Podolski nicht fehlen. Gauck, der sich ein Sieger-Bier gönnte, sprach von einer "Woge der Emotionen".

Hummels in einer anderen Welt

Es waren so viele Emotionen und Eindrücke, dass zunächst keiner so recht begreifen konnte, was in Rio passiert war. Er sei noch "völlig in einer anderen Welt gefangen", meinte ein erschöpfter Mats Hummels. "Man kann das alles erst einmal gar nicht realisieren, das wird etwas dauern. Aber dieses tiefe und besondere Glücksgefühl wird auf ewig bleiben", sagte ein sichtlich stolzer Bundestrainer Joachim Löw nach dem größten Moment seiner Karriere.

Um 19.04 Uhr Ortszeit am Sonntagabend hatte Lahm im goldenen Konfettiregen als vierter deutscher Kapitän nach Fritz Walter, Franz Beckenbauer und Lothar Matthäus den WM-Pokal in die Höhe gestemmt. Der 30-Jährige und seine 22 Kollegen stehen nun in einer Reihe mit den Legenden von 1954, 1974 und 1990, Löw steht auf einer Stufe mit Sepp Herberger, Helmut Schön und dem "Kaiser".

Kurze Ansprache von Niersbach

"Ich bin unglaublich stolz auf euch", rief DFB-Präsident Wolfgang Niersbach Spielern und Trainern in einer kurzen Ansprache bei der Feier zu. Er empfinde "pures Glück und Freude". So ging es allen. "Ganz Deutschland ist Weltmeister. Ich weiß nicht, wie lange wir feiern, aber wir werden jetzt immer mit einem Grinsen aufstehen", meinte der herausragende Neuer, der völlig zu Recht zum besten Torwart der WM gewählt wurde, und zeigte dabei eben jenes breite Grinsen.

Dass es nach 24 Jahren endlich wieder geklappt hat mit dem WM-Titel, ist für Löw keine Überraschung. "Ich wusste, dass diese Champions diesen letzten Schritt machen und das zu Ende bringen. Wenn es jemand verdient hat, dann diese Mannschaft mit Lahm, Schweinsteiger (Personalie), Mertesacker, Klose oder Podolski", betonte Löw und fügte mit Pathos an: "Es gab nur einen verdienten Sieger: diese Mannschaft." Es sei ein Team, das "unglaublichen Teamgeist mit unglaublichem Können und Willenskraft" paare.

Löws Verbleib wahrscheinlich

Anscheinend hat Löw Lust, diese außergewöhnliche Mannschaft noch weitere zwei Jahre zu trainieren. Der 54-Jährige, dessen Vertrag bis 2016 läuft, hatte sich direkt nach dem Erfolg gegen die Gauchos nicht klar zu seiner Zukunft geäußert. Aber sowohl Niersbach als auch Teammanager Oliver Bierhoff gehen fest davon aus, dass er bleibt.

"Wie ich Jogi die ganzen Tage gesehen habe, überhaupt die ganzen Wochen, gehe ich davon aus, dass wir weitermachen", sagte Bierhoff, der ebenfalls noch zwei Jahre bleiben wird. Doch die Planungen waren in Rio kein Thema. Da wurde nur Karneval gefeiert.