Finstere Miene: BVB-Trainer Jürgen Klopp wird gegen den FC Bayern auf seine komplette Stammverteidigung inklusive Abwehrchef Mats Hummels (r.) verzichten müssen. Was nun? (© Imago)
Finstere Miene: BVB-Trainer Jürgen Klopp wird gegen den FC Bayern auf seine komplette Stammverteidigung inklusive Abwehrchef Mats Hummels (r.) verzichten müssen. Was nun? (© Imago)

BVB-Abwehr: Lückenfüllen vor dem Gipfel

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München - Es ist nicht mehr das berühmte, weil vielzitierte Zahnfleisch, auf dem die Defensive des BVB geht. Es ist schon die Zahnwurzel, der Nerv. Da ist überhaupt kein Zahnfleisch mehr vorhanden, auf dem man gehen könnte. In Neven Subotic, Mats Hummels und Marcel Schmelzer sind drei der vier Stammverteidiger der Borussia verletzt.

Sokratis und Großkreutz gesetzt

Lukasz Piszczek, der unter der Woche zwar sein Comeback in einem Testspiel feierte, ist nach einem halben Jahr Verletzungspause noch lange nicht auf der Höhe. Erik Durm reiste wegen einer Kapselentzündung im rechten Knie vorzeitig von der U21-Nationalmannschaft ab - sein Einsatz ist zumindest stark gefährdet.

Und das i-Tüpfelchen: Der seit Sommer vereinslose Innenverteidiger Manuel Friedrich, den der BVB am Mittwoch unter Vertrag nahm, verletzte sich in einem Testspiel gegen den SC Paderborn am Knie und gesellt sich ebenfalls zum schwarz-gelben Defensivlazarett.



Als wären die Verletzungen an sich nicht bitter genug, stehen gerade jetzt das und am Dienstag das entscheidende Duell in der Champions League gegen den SSC Neapel an. Und Jürgen Klopp steht ohne Stammverteidigung da.

Gut, zumindest auf zwei Positionen der Viererkette wird es kein großes Rätselraten geben. Wie bisher auch wird Kevin Großkreutz den rechten Verteidiger geben und Sokratis, der am Dienstag mit Griechenland das WM-Ticket buchte, im Abwehrzentrum auflaufen. Doch um die zwei übrigen Lücken in der Kette zu füllen, muss Klopp an mehreren taktischen Stellschrauben drehen - oder alternativ auf unbekannte Namen setzen.

Blaszczykowski wieder Linksverteidiger?



Hinten links wird möglicherweise Jakub Blaszczykowski spielen. Eine Position, die auf den offensivstarken Polen zwar prinzipiell wenig zugeschnitten, aber für ihn nicht ganz ungewohnt ist. Schon einige Male bediente sich Klopp dieser Alternative, als in der Abwehr Not am Mann war. Für Blaszczykowski würde Neuzugang Pierre-Emerick Aubameyang im rechten Mittelfeld auflaufen.

Dass Großkreutz auf links rotiert und der wiedergenesene Piszczek auf der rechten Seite verteidigt, ist hingegen unwahrscheinlich. Nach sechsmonatiger Verletzungspause kann Piszczek weder die Form noch die Fitness besitzen, um gegen den FC Bayern in der Startelf zu stehen.

Sollte der angeschlagene Durm rechtzeitig fit werden, wäre die Linksverteidiger-Baustelle schnell behoben. Der Youngster vertrat den zu Saisonbeginn verletzten Schmelzer zuverlässig und sammelte auch schon in der Champions League gegen Olympique Marseille Erfahrung. Außerdem würde sich Klopp weitere Personalrochaden ersparen: Durm könnte Schmelzer eins-zu-eins ersetzen.

Klopp könnte Bender oder Kehl nach hinten ziehen



Bleibt die Frage, wer im Zentrum neben Sokratis in die Bresche springt. Klopp könnte einen gelernten defensiven Mittelfeldspieler, also Sven Bender oder Sebastian Kehl, in die Abwehrmitte beordern. Nicht ausgeschlossen wäre außerdem, dass der BVB-Coach ein Talent ins kalte Wasser wirft.

Der Haken: "Koray Günter hat Verletzungsprobleme gehabt, im Oktober nur 28 Minuten gespielt", sagte Klopp. Für Marian Sarr sei es ebenfalls noch zu früh für einen Einsatz in der Bundesliga. "Wir haben die jungen Burschen zwar, aber Talententwicklung muss auch im richtigen Moment geschehen."

Kein weiteres Dreierketten-Experiment



Ein weiteres exotisches Experiment mit einer Dreierkette wird sich Klopp wohl schenken. Vor gut einem Jahr ließ der 46-Jährige im Revierderby zu dritt verteidigen - Subotic, Hummels und Bender hießen die Versuchskaninchen. Der Schuss ging nach hinten los. Nach schlechter Leistung verlor der BVB gegen Schalke mit 1:2, Klopp nahm die Niederlage auf seine Kappe.

Vor dem Spitzenspiel gegen offensivstarke Bayern ist Klopp mehr denn je gefordert, die Ausfälle in der Defensive mit Fingerspitzengefühl und taktischer Raffinesse zu kompensieren. Zumindest der verletzte Hummels ist auf seiner Facebook-Seite guter Dinge: "Ich werde die Jungs anfeuern, so gut es geht, die kommenden Wochen werden sehr schwierig, aber wir werden das schon hinkriegen."

David Schmidt