Julian Draxler (l.) war auch gegen Bremen Schalkes Matchwinner
Julian Draxler (l.) war auch gegen Bremen Schalkes Matchwinner

Bremen bangt, Schalke wundert sich

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Bremen - Thomas Schaaf wäre wohl gerne nach dem Abpfiff sofort in der Kabine verschwunden, wie es die meisten seiner Spieler taten. Ihre Enttäuschung nach war nicht zu übersehen, auch bei ihrem Trainer nicht. Zum siebten Mal in Folge hatten seine Werderaner nicht mehr gewonnen, dabei spielten sie doch in der ersten Halbzeit so gut wie schon lange nicht mehr. Aber genau das macht den Bremern für das nächste Duell am Samstag Hoffnung.

"Rambazamba" in Schalkes Kabine

"Wenn wir gegen Düsseldorf 90 Minuten lang so spielen, wie in den ersten 60 Minuten gegen Schalke, haben wir eine gute Chance", betonte Verteidiger Sokratis, der wieder einmal Werders Bester gewesen war. Der Grieche ging auch gegen die Gelsenkirchener mutig und engagiert vorneweg und versuchte, seine Teamkollegen mitzureißen. Das klappte in der ersten Halbzeit so gut, dass die verdutzten Schalker gar nicht wussten, wie ihnen geschah. Werder spielte besonders über Kevin De Bruyne, Marco Arnautovic und Aaron Hunt schnellen Angriffsfußball, für den sie an der Weser lange berüchtigt waren. Unermüdlich suchten sie beherzt den Weg nach vorne, und auch, wenn nicht immer echte Torgefahr dabei heraussprang, dominierten sie klar das Geschehen auf dem Bremer Rasen.



Wichtiger noch war jedoch, dass die oft so anfälligen Grün-Weißen in der Defensive sehr kompakt und sicher standen - Schalke brachte es auf keine Torchance in den ersten 45 Minuten. Trainer Jens Keller sei "erschrocken" gewesen über die Leistung seiner Elf, und so wurde es dann zur Halbzeit ziemlich laut in der Kabine der "Königsblauen". "Ich will nicht sagen, dass ich die Nerven verloren habe, aber es waren schon deutliche Worte", sagte Keller, "so eine Halbzeit will ich nicht noch einmal von meiner Mannschaft sehen."

Die Schalker zogen aus dem "Rambazamba" in der Kabine, wie es Manager Horst Heldt süffisant formulierte, die richtige Konsequenz und traten in der zweiten Halbzeit wie eine Mannschaft auf, die sich für die Champions League qualifizieren will. Mit der Einwechslung von Raffael kam deutlich Schwung und Torgefahr in das Schalker Spiel, und auf der Gegenseite musste Schaaf fast tatenlos mitansehen, wie das Kräfteverhältnis zu Gunsten der Gäste kippte.

Denn aufgrund der langen Verletztenliste saßen auf der Bremer Ersatzbank allesamt nur Nachwuchskräfte: Richard Strebinger (20 Jahre), Mateo Pavlovic (22), Felix Kroos (22), Florian Hartherz (19), Özkan Yildirim (19) und Aleksandar Stevanovic (21)

Werder macht sein Lazarett zu schaffen



"Man darf die Ausfälle nicht außer Acht lassen", sagte Schaaf, "uns hat in der Summe heute eine ganze Mannschaft gefehlt. Ein Bargfrede mit einer Leistung wie in Mainz hätte uns heute mehr Möglichkeiten gegeben." So aber konnte der Bremer Coach nicht reagieren, als Assani Lukimya erneut zwei unglückliche Fehler unterliefen, die beide Schalker Tore einleiteten. Schaaf nahm seinen jungen Verteidiger in Schutz: "Sie können davon ausgehen, dass Assani selbst enttäuscht ist. Es nagt an ihm." Auch Sokratis wehrte sich gegen die Schuldzuweisung gegen Einzelne. "Wir gewinnen als Team und verlieren als Team", stellte der Grieche klar, "wir bezahlen in dieser Saison dafür, dass unser Team keine Erfahrung hat."

Der jüngsten Bremer Mannschaft aller Zeiten weht von Rang 14 der raue Wind um die Nase, doch sie gibt sich nach wie vor kämpferisch. "Es wird nächste Woche in Düsseldorf ein ganz schweres Spiel", meinte Hunt, "es wird ein absoluter Höhepunkt im Endspurt für uns und es ist gut, dass es wieder bei 0:0 losgeht." Und mit etwas Glück lichtet sich bis zum Samstag auch das Bremer Lazarett noch ein wenig. Die Schalker dagegen nahmen zwar drei wichtige Punkte mit nach Hause, konnten sich aber über ihren fünften Sieg im sechsten Spiel nicht so recht freuen. "Wir haben uns etwas Luft verschafft auf den Tabellenfünften - aber mehr ist es nicht", mahnte Heldt vor dem wichtigen Duell mit Leverkusen.

Die "Werkself" steht nur noch vier Punkte vor ihnen, doch derzeit wissen die Schalker selbst nicht so recht, was sie von sich erwarten können. "Diese Saison ist eine Wundertüte", sagte Keeper Timo Hildebrand, "einmal spielen wir so, einmal so. Aber wenn wir gegen Leverkusen gewinnen, ist alles möglich."

Aus Bremen berichtet Petra Philippsen