Kevin Großkreutz und Sebastian Kehl feiern den Einzug ins DFB-Pokalfinale mit ihren Mitspielern hüpfend und schubsend
Kevin Großkreutz und Sebastian Kehl feiern den Einzug ins DFB-Pokalfinale mit ihren Mitspielern hüpfend und schubsend

BVB freut sich "wie Bolle" auf Berlin

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Dortmund - Jürgen Klopp freute sich nach eigener Aussage wie Bolle, seine Spieler waren vor allem platt und erschöpft. Mit einem weiteren Kraftakt und einem 2:0-Erfolg über Wolfsburg hat sich Borussia Dortmund ins Pokalfinale nach Berlin geschossen und lebt den Traum vom Titel. Für den VfL blieb am Ende nur ein Sieg in der Statistik und jede Menge Lob.

Kehl: "Jede Menge Erleichterung"

Als die Dortmunder Mannschaft nach dem Abpfiff vor der Südtribüne standesgemäß den Einzug ins Finale feierte, war Mats Hummels zu müde zum Stehen oder gar Hüpfen. Der Nationalspieler genoss die Ovationen der Anhänger im Sitzen - ausgelaugt, aber erleichtert und glücklich.

Genau jenes Bild bot sich später auch in der Dortmunder Kabine, aus der dumpfe Bässe lautstark den Sieg des BVB verkündeten. "Es schwingt jede Menge Erleichterung über diesen Sieg mit, das hat man auch in der Kabine gespürt", verriet Kapitän Sebastian Kehl. "Der Kräfteverschleiß ist zuletzt sehr hoch gewesen. Wir haben in den letzten Wochen herausragende, aber auch emotional sehr anstrengende Spiele gemacht."

Weil die Bundesliga-Partien gegen Wolfburg und die Bayern ebenso wie die Duelle mit Real Madrid ihre Spuren hinterlassen haben, war Jürgen Klopp nur allzu froh, dass ein umkämpftes Spiel nicht noch in die Verlängerung musste: "Dann hätte ich Panikattacken bekommen!" So aber setzte sich seine Mannschaft dank Kraft und Willen durch - und vor allem aufgrund der größeren Effektivität. "Wir waren keineswegs die klar bessere Mannschaft, aber wir haben unsere Chancen genutzt. Und wir hatten endlich auch mal das Glück, dass der Gegner nur den Pfosten trifft", bekannte Mats Hummels.

Lewandowskis Jubiläums-Tor

Henrikh Mkhitaryan und Robert Lewandowski waren es, die an diesem Abend für schwarz-gelbe Treffsicherheit standen. Der eine dürfte damit einen weiteren Schritt gemacht haben, seine vergebenen Chancen gegen Madrid aus dem Kopf zu bekommen. "Miki ist ein fantastischer Fußballer, der sich aber selbst sehr unter Druck setzt. Es wird ihm gut tun, dass er sowohl in München als auch gegen Wolfsburg getroffen hat", freute sich Hummels für seinen Mitspieler.

Der andere lupfte nach seinem Tor in den Winkel mitten vor der Südtribüne stolz sein Trikot und ließ Zahlen sprechen: 100 stand dort groß und Schwarz auf Gelb - die Anzahl der Pflichtspieltore, die Robert Lewandowski jetzt für die Borussia erzielt hat. Eine beeindruckende Quote in seiner vierjährigen Zeit beim BVB, zumal für seine erste Saison nur neun Treffer zu Buche stehen. "Das T-Shirt mit der 100 unter dem Trikot zu tragen, war meine Idee. Ich hatte vorher ein gutes Gefühl, dass ich ein Tor schießen würde", erzählte der Pole hinterher.

Schäfer hadert

Während Lewandowski befreit lächelnd sein Interview gab, herrschte nur wenige Meter weiter pure Enttäuschung. Wie schon im Bundesligaspiel vor knapp zwei Wochen hatte der VfL Wolfsburg wieder groß aufgespielt und Dortmund massive Probleme bereitet. Und wieder standen sie mit leeren Händen da. "Ich glaube nicht, dass so viele Mannschaften sich so viele Chancen gegen den BVB herausspielen, und das zum zweiten Mal in so kurzer Zeit", ärgerte sich Marcel Schäfer.

De Bruynes Schuss fing Großkreutz noch vor der Linie ab, Arnold zielte knapp neben das Tor, Olic noch knapper über die Latte und Malanda drosch das Leder freistehend über das Gehäuse. "Wir hatten in diesem Spiel sechs oder sieben hundertprozentige Torchancen. Wenn du die nicht machst, dann hast du Berlin auch nicht verdient", kommentierte Ivan Perisic die Szene, während auf der anderen Seite Sebastian Kehl für den BVB den Dusel des Tüchtigen reklamierte: "Es war Glück, aber das haben wir uns in den letzten Wochen auch hart erarbeitet."

Hecking: "Entscheidende Tick fehlt"

60 Prozent Ballbesitz, 10:2 Ecken und vor allem 22:9 Torschüsse sprachen am Ende dieses Halbfinals eigentlich für die Wölfe - aber eben nicht das Ergebnis. "Das ist schade, weil die Mannschaft sich mehr verdient hat", befand Manager Klaus Allofs, der den Finger aber auch in die Wunde legte: "Uns fehlt die Kaltschnäuzigkeit im Abschluss." Auch Dieter Hecking monierte, "dass wir nah dran sind, aber der entscheidende Tick fehlt, um zuzuschlagen." Vorwerfen wollte er seinen Spielern dies nach einem großen Pokalabend und einem Duell auf Augenhöhe aber nicht. Im Gegenteil: "Ich bin mächtig stolz auf meine Mannschaft!"

Das wiederum verband den Wolfsburger Trainer an diesem Abend mit seinem Dortmunder Kollegen. Auch Jürgen Klopp zeigte sich "glücklich und stolz auf meine Jungs". BVB-Boss Hans-Joachim Watzke hob zudem den Stellenwert für den Verein hervor, der mit dem Einzug ins Pokal-Endspiel verbunden ist: "Wir stehen jetzt drei Jahre hintereinander in einem Finale - zwei Mal in Berlin, ein Mal in London. Nachhaltiger kann man nicht beweisen, dass man mit uns rechnen muss."

Dortmund noch ohne Gegentreffer

Dass die Borussia ohne Gegentreffer durch die Pokal-Saison marschiert ist, rundet das gelungene Bild ab. So ist nun alles angerichtet, um auf der großen Fußballbühne einer langen Verletzungsmisere zum Trotz wieder einen schwarz-gelben Triumph zu feiern. "Natürlich haben wir das Ziel, auch in diesem Jahr etwas hochzuhalten", formulierte es Mats Hummels. Und auch Robert Lewandowski ließ an seinen Zielen keine Zweifel aufkommen: "Ich werde bis zur letzten Minute kämpfen für Dortmund. Und ich will noch einen Titel holen, das ist mir sehr wichtig."

Oder um es mit Jürgen Klopp zu sagen: "Jetzt freuen wir uns alle wie Bolle auf Berlin!"

Aus Dortmund berichtet Dietmar Nolte