Nach dem Gewinn des Doubles schweben Pep Guardiola und der FC Bayern München im siebten Himmel
Nach dem Gewinn des Doubles schweben Pep Guardiola und der FC Bayern München im siebten Himmel

Befreit in Berlin: Peps persönlicher Pokaltriumph

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Berlin - Berliner Luft wirkt befreiend, das war Pep Guardiola anzusehen. Ein Klaps hier, eine Umarmung da: Der Trainer des FC Bayern München bedachte jeden einzelnen seiner Spieler mit Streicheleinheiten nach dem 2:0-Sieg im dramatischen Pokalfinale gegen Borussia Dortmund (Spielbericht). Von der Last der letzten Wochen war spätestens nichts mehr zu spüren, als ihn seine Stars gemeinsam in die Höhe warfen.

"Die Kritik zuletzt war durchaus berechtigt"

Den Pokalsieg darf der zuletzt so nachdenklich auftretende Spanier als persönlichen Triumph werten. Er überraschte den Rivalen aus Dortmund mit mutigen Entscheidungen und rettete damit im letzten Moment die Saison des FCB.

An diesem Spiel hing die Bewertung eines gesamten Jahres nach dem Halbfinal-Aus in der Champions League und zuletzt wenig erquickenden Auftritten in der Bundesliga. Im März war Guardiola noch als Trainer-Mastermind gefeiert worden, in den vergangenen Wochen war die Rede plötzlich von "Pep-Pannen" und einem zu starren taktischen Konzept.

"Die Kritik zuletzt war durchaus berechtigt", räumte der Katalane ein. "Ich habe Dinge getan, die ich nicht hätte tun sollen. In der Spielweise, in der Taktik habe ich gegen Real Fehler begangen."

Mangelnde Flexibilität kann man Guardiola nach dem Sieg gegen Dortmund nicht mehr vorwerfen. Mit der Streichung von Topstürmer Mario Mandzukic hatte er bereits am Freitag für den ersten Paukenschlag gesorgt. Und bei einem sollte es nicht bleiben. Er stellte auf eine Dreierkette in der Abwehr um - und die Dortmunder damit vor schier unlösbare Probleme. Diese Maßnahme sei im Übrigen nicht der Tatsache geschuldet gewesen, dass David Alaba aufgrund eines Muskelfaserrisses passen musste.

Guardiola verblüfft den BVB

Die Bayern attackierten früh, standen aber gleichzeitig tiefer als gewohnt. Die berüchtigten Dortmunder Konter fanden deshalb kaum statt. Stattdessen schlugen die verblüfften Borussen die Bälle lange Zeit nur hoch und weit nach vorne. Darüber freute sich allenfalls der kopfballstarke Javi Martinez, der als zentraler Mann die Dreier-Abwehrkette dirigierte. Gemeinsam mit Jerome Boateng und Dante erstickte er die Offensiv-Ideen von Marco Reus und Robert Lewandowski meist im Ansatz.

Die nächste bemerkenswerte Entscheidung Guardiolas war es, den erst 18 Jahre alten Pierre Hojbjerg statt des angeschlagenen Franck Ribery von Beginn an spielen zu lassen. Der Youngster erledigte seine Sache unaufgeregt und fügte sich nahtlos ein.

Selbst die Verletzung von Kapitän Philipp Lahm, der nach einem Schlag aufs Wadenbein bereits nach einer halben Stunde vom Platz humpelte, brachte Guardiola nicht aus dem Konzept. Der Coach beorderte einfach Mario Götze in die Zentrale neben Toni Kroos. "Der Trainer lag heute mit seinen Entscheidungen goldrichtig", lobte Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge. Und Sportvorstand Matthias Sammer verspürte Genugtuung: "Jetzt ist es an der Zeit, den Leuten zu erklären, dass diese Diskussionen über unser Spiel unglaublich sind. Aber unglaublich schlecht." Als herausragend sei die Saison zu bewerten.

Stolzer Trainer, lobende Bosse

Guardiola wird es gerne gehört haben. "Stolz und Bewunderung" verspüre er für seine Mannschaft. Ein neues Land, eine fremde Sprache, die hohen Erwartungen nach dem Triple-Jahr unter Jupp Heynckes: Es sei sein "schwierigstes Jahr" als Trainer gewesen, erklärte der 43-Jährige. Es endete in einem persönlichen Triumph, weil er zum Abschluss viel gewagt hat.

"Pep, Du passt wunderbar zum FC Bayern", schwärmte Rummenigge beim anschließenden Bankett in der Hauptstadtrepräsentanz der Telekom am Gendarmenmarkt.

Eine Woche nach der Meisterparty auf dem Münchner Marienplatz kehren die Roten am Sonntag also auf den Rathausbalkon zurück. Es gilt, das zehnte Double der Vereinsgeschichte zu feiern, das Arjen Robben (107.) und Thomas Müller (120.+3) mit ihren Toren perfekt gemacht hatten. Gegen 14:30 Uhr werden Guardiola und seine Stars erwartet, übernächtigt und mit schwarzen Sonnenbrillen. Berliner Luft wirkt befreiend. Doch Berliner Nächte sind lang.

Aus Berlin berichtet Andreas Messmer