Alexander Zorniger hat mit RB Leipzig hohe Ziele
Alexander Zorniger hat mit RB Leipzig hohe Ziele

Zorniger: "Haben einen gewissen Anspruch"

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Leipzig - Als Neuling, aber gleichzeitig auch als Mitfavorit geht RB Leipzig in die neue Saison der 2. Bundesliga. Für Coach Alexander Zorniger ist die Spielklasse ebenfalls Neuland.

Im Interview mit bundesliga.de erklärt der frühere Co-Trainer des VfB Stuttgart, warum er stolz auf das in Leipzig Erreichte ist, welche Spielphilosophie er in der 2. Bundesliga verfolgen will und warum für ihn die Auftaktpartie gegen den VfR Aalen ein "absolutes Knallerspiel" ist.

bundesliga.de: Die Vorbereitung läuft bereits seit über einem Monat, bis zum Saisonstart ist immer noch Zeit - ist das für Sie als Trainer nicht ein Traum?

Alexander Zorniger: Nun, es ist vor allem anstrengend. Man will die Mannschaft in dieser Zeit ja nicht nur beschäftigen, sondern irgendwo hinführen. Aber natürlich haben wir nicht diesen Wettkampfdruck. Das ist extrem angenehm. Als ich am Rande des Testspiels gegen Paris St. Germain kurz mit Laurent Blanc gesprochen habe, hat er mir berichtet, wann seine Spieler erst wiederkommen, wie viele Testmatches und Supercupspiele sie dort haben undsoweiter - dagegen haben wir sicherlich paradiesische Verhältnisse.

bundesliga.de: Wohin wollen Sie denn die Mannschaft führen?

Zorniger: Die Qualität, die wir in der 3. Liga hatten, diese Art und Weise Fußball zu spielen - die wollen wir auch in die 2. Bundesliga bringen. Dazu müssen wir in einigen Bereichen besser werden. Daran haben wir in der Vorbereitung gearbeitet - zum einen natürlich daran, die neuen Spieler in unser System zu integrieren. Zum anderen die Sicherungsmechanismen noch zu verbessern, die in der 2. Liga notwendig sind, damit wir mit unserer offensiven Spielweise, mit dem hohen Verteidigen nicht richtig große Probleme kriegen.

bundesliga.de: Das bedeutet, Sie wollen in der neuen Saison defensiver spielen?

Zorniger: Nein, wir wollen ein Augenmerk auf die Absicherung unserer Offensive legen! Das ist für uns der Knackpunkt.

bundesliga.de: RB Leipzig wurde ja schon von der Spielweise her mit Borussia Dortmund verglichen. Ist eine solch offensive Einstellung für einen Aufsteiger in der 2. Liga nicht zu risikoreich?

Zorniger: Diese Frage ist uns auch schon nach dem Aufstieg in die 3. Liga gestellt worden, weil wir auch schon in der 4. Liga so gespielt haben. Wir haben zwar in dem einen oder anderen Spiel Lehrgeld bezahlt, aber insgesamt hat es ganz gut funktioniert. Das ist unsere Philosophie und so werden wir das auch weiter durchziehen. Wir werden jetzt nicht plötzlich auf Ballbesitzfußball und 'viele Beine hinter dem Ball' umstellen, dieses langweilige 'ein bisschen anchecken'. Wir haben schon einen gewissen Anspruch, wie wir unsere Zuschauer unterhalten wollen.

bundesliga.de: Wie zufrieden sind Sie denn mit der Vorbereitung?

Zorniger: Vom Niveau her bin ich sehr zufrieden, besonders in den Testspielen gegen richtig gute Gegner wie Paris St. Germain und FC Getafe. Wobei wir dort gerade im Bereich der Restfeldverteidigung und wenn wir keinen Druck auf den ballführenden Spieler bekommen auch noch Verbesserungsbedarf erkannt haben. Da müssen wir in der verbleibenden Zeit bis zum Saisonstart gegen den VfR Aalen noch richtig was tun. Aber auch darüber hinaus, denn ich gehe nicht davon aus, dass wir bis zu dem Zeitpunkt schon unsere Endform haben werden.

bundesliga.de: Welchen Eindruck haben die Neuverpflichtungen gemacht, sind sie schon gut integriert?

Zorniger: Neben Terrence Boyd und Rani Khedira haben wir ja noch Stefan Hierländer und Thomas Dähne aus Salzburg sowie mit Patrick Strauß und Smail Prevljak zwei Spieler aus der eigenen Jugend geholt. Insgesamt läuft es auch bei den Neuzugängen sehr gut. Sie müssen sich aber noch an das bedingungslose, hochgradig lauf- und vor allem sprintintensive Spiel gegen den Ball gewöhnen.

bundesliga.de: Was speziell erwarten Sie sich von Ihren Toptransfers Terrence Boyd und Rani Khedira?

Zorniger: Dass sie diese Spielweise annehmen. Das machen sie bisher gut. Und darüber hinaus natürlich, dass sie ihre individuellen Qualitäten ins Spiel mit einbringen.

bundesliga.de: Ist die Kaderplanung abgeschlossen oder sehen Sie noch Handlungsbedarf?

Zorniger: Durch die schwere Knieverletzung unserer Nummer 1 Fabio Coltorti sind wir jetzt noch auf der Suche nach einem Torwart. Ansonsten werden wir schauen, was in den ersten Spielen passiert. Wir haben den 31. August als Deadline, bis dahin können wir noch reagieren. Aber die Mannschaft hat sich hier in der Region eine Menge Reputation und Rückendeckung erarbeitet. Da möchten wir jedem die Chance geben zu zeigen, wo sein Leistungsniveau liegt. Wenn wir irgendwo erkennen sollten, dass das bei einem Spieler überschritten ist, können wir immer noch reagieren. Gleiches gilt, wenn unserer Innenverteidiger Fabian Franke, der seit einiger Zeit an einer Verletzung laboriert, nicht rechtzeitig fit werden sollte.

bundesliga.de: Haben Sie denn noch Hoffnung, vor Ende der Hinrunde wieder auf Coltorti zurück greifen zu können?

Zorniger: Das kann man noch nicht sagen. Zuerst hieß es, die Ausfallzeit würde zwei Monate betragen. Aber er ist vergangene Saison mit einer ähnlichen Verletzung, ebenfalls ein Innenbandriss, fünf Monate ausgefallen. Deswegen kann ich mir auch vorstellen, dass es länger dauern könnte. Das Risiko ist mir zu groß, deswegen suchen wir eine weitere Nummer eins.

bundesliga.de: Nicht nur Ihre Mannschaft ist ja insgesamt recht jung - auch für Sie selber ist die 2. Liga Neuland. Mit welchem Gefühl gehen Sie das an?

Zorniger: Mit großer Freude natürlich. Ich bin ja erst seit 2009 Profitrainer. Ich habe einen Weg eingeschlagen, auf den ich stolz sein kann. Und da werde ich natürlich nicht sagen: Oh, jetzt bloß nicht alles versauen. Ich will das schon auch genießen, soweit mir das in der Position möglich ist. In Kaiserslautern, Düsseldorf, bei St. Pauli oder zum Auswärtsstart bei 1860 als Cheftrainer zu gastieren - das ist etwas, das ich mir erarbeitet habe und worauf ich stolz sein kann.

bundesliga.de: Zum Auftakt geht es zuhause gegen Aalen - ist das zum Einstieg ganz gut oder hätten Sie lieber sofort ein absolutes Knallerspiel gehabt?

Zorniger: Für uns ist das ein absolutes Knallerspiel! Es ist ja nicht so, dass wir hier Spieler mit langjähriger Zweitligaerfahrung hätten, bei denen man sagen könnte: Die müssen jetzt den nächsten Schritt machen. Deswegen ist Aalen mit ihren zwei Jahren Erfahrung in dieser Spielklasse eine Mannschaft, an der wir uns orientieren müssen. Zumal der VfR unglaublich kompakt steht und konterstark ist. Das liegt uns eigentlich gar nicht. Wenn wir da nicht wirklich diszpliniert arbeiten und die Meinungen von außen nicht auch ein Stück weit ignorieren, könnte es da Probleme geben.

bundesliga.de: Welches Saisonziel geben Sie aus?

Zorniger: Wir wollen einfach unsere Art und Weise Fußball zu spielen in die 2. Liga bringen - mit dieser Begeisterung, mit dem hohen Verteidigen, mit dem Eingehen von Risiko. Und dann werden wir mal schauen, was in dieser Liga funktioniert und was nicht funktioniert - wo müssen wir aufpassen und wo können wir auf unserem bisherigen Weg weitergehen? Alles andere interessiert uns überhaupt nicht. Im letzten Jahr ist auch schon von unserer Vereinsführung gesagt worden, dass bei allem auch immer Phasen der Konsolidierung wichtig sind. 2013/14 haben wir als erstes Team in der Geschichte der 3. Liga den Durchmarsch geschafft. Und jetzt nehmen wir uns auch das Recht heraus, uns zunächst konsolidieren zu wollen. Ohne dass ich sagen würde, dass wir nicht auch noch weiter kommen wollen. Gerade hier in Leipzig ist es wichtig, auch mal zu lernen, mit Niederlagen umzugehen und dass woanders auch gut gearbeitet wird. 

bundesliga.de: Welche Teams sind für Sie die Top-Favoriten für den Aufstieg?

Zorniger: Man muss schauen, wie die Absteiger Nürnberg und Braunschweig den personellen Aderlass verkraftet haben. Daneben werden St. Pauli, Kaiserslautern und Greuther Fürth wichtig sein, wobei auch bei denen die Frage ist, wie man die jeweiligen Abgänge wegsteckt. Außerdem bin ich sehr auf Ingolstadt gespannt.

Das Gespräch führte Andre Anchuelo

Die Vorschau-Interviews der anderen Zweitligisten:

1. FC Nürnberg | Eintracht Braunschweig | Greuther Fürth | 1. FC Kaiserslautern | Karlsruher SC | Fortuna Düsseldorf | TSV 1860 München | FC St. Pauli | 1. FC Union Berlin | VfR Aalen | FC Ingolstadt | SV Sandhausen | Erzgebirge Aue | FSV Frankfurt | VfL Bochum | RB Leipzig | 1. FC Heidenheim | SV Darmstadt 98