Jens Todt spürt vor der neuen Saison "eine sehr positive Grundstimmung" (© Imago)
Jens Todt spürt vor der neuen Saison "eine sehr positive Grundstimmung" (© Imago)

Todt: "Müssen wachsam sein"

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Karlsruhe - Im vergangenen Jahr war der KSC das große Überraschungsteam, mischte als Aufsteiger lange im Aufstiegsrennen mit. Manager Jens Todt spricht im Interview über die Ziele in der neuen Saison, einen japanischen Hoffnungsträger und die finanzielle Situation.

Frage: Herr Todt, der KSC schloss die vergangene Runde auf Platz 5 ab. Warum wird es diese Saison nicht schlechter?

Jens Todt: Weil wir unseren eingeschlagenen Weg weitergehen wollen. Wir sind mit dem Verlauf der Transferperiode zufrieden und haben keinen Leistungsträger verloren. Die Konkurrenz im Kader ist größer. Ob sich das auch auf Ergebnisse auswirkt, werden wir sehen.

Frage: In welchen Bereichen kann die Mannschaft noch besser werden?

Todt: Mehr Ballsicherheit wäre ein wichtiger Schritt. Wir haben in der vergangenen Saison nach mühsam erkämpftem Ballgewinn zu schnell und zu häufig die Kugel direkt wieder verloren. Darüber hinaus haben wir Steigerungspotenzial bei der Anzahl der herausgespielten Torchancen.

Frage: Mit dem Japaner Hiroki Yamada kommt der Wunschspieler im Mittelfeld, der für mehr Kreativität sorgen soll.

Todt: Hiroki entspricht exakt dem Profil, das wir im Kopf hatten. Er ist beidfüßig, variabel einsetzbar, technisch gut und spielintelligent. Er wird eine Hilfe sein.

Frage: Erhöhte TV-Einnahmen, Freundschaftsspiel bei Zenit Petersburg und Weiterverkauf von Hakan Calhanoglu - die letzte Saison war auch auf finanziellem Gebiet ein Erfolg, oder?

Todt: Das stimmt; wichtige wirtschaftliche Kennzahlen gehen nach oben. Das verschafft uns noch längst keinen finanziellen Spielraum für den Profikader - aber es sind wichtige Fingerzeige in die richtige Richtung.

Frage: Wie lange braucht es noch, bis der KSC auch vom Lizenzspielerbudget wieder konkurrenzfähig ist mit den Spitzenteams der Liga?

Todt: Das wird nur mit einem neuen Stadion möglich werden. Bis dahin werden wir jedes Jahr kämpfen und mit einem Durchschnittsetat auskommen müssen. Aber jeder von uns nimmt diese Situation an. Wichtig ist, dass jeder spürt, dass es vorangeht, dass Perspektive da ist.

Frage: Die Liga wirkt noch ausgeglichener als letztes Jahr, wie schätzen Sie die Konkurrenz ein?

Todt: Schwer zu beurteilen. Ich habe den Eindruck, dass eine Übermannschaft, die allen davoneilt, womöglich diese Saison nicht dabei ist. Die Ausgeglichenheit ist sicher ausgeprägt. Kleinigkeiten können entscheiden, ob es eine gute oder schlechte Saison wird. Wir müssen wachsam sein.

Frage: 17.000 Menschen waren zuletzt beim Familientag. Beobachten Sie so etwas wie eine Aufbruchsstimmung bei den Fans?

Todt: Wir alle spüren eine sehr positive Grundstimmung, die Unterstützung für den KSC in der Stadt ist groß. Das ist aber noch ein zartes Pflänzchen, das wir hegen und pflegen müssen. Enttäuschungen über schwierige Jahre sind noch nicht vollends aus den Köpfen.

Frage: Was wäre denn ein Erfolg für den KSC in der neuen Saison?

Todt: Ganz einfach: Wenn der KSC am Ende der Saison besser dasteht als heute. Sowohl wirtschaftlich als auch sportlich. Wir wollen wieder eine Entwicklung in der Mannschaft sehen. Das muss sich nicht zwangsläufig auch immer auf den Tabellenplatz niederschlagen, darf es aber ruhig.

Frage: In Reinhold Yabo wurde ein KSC-Profi in den Karlsruher Gemeinderat gewählt, erhoffen Sie sich dadurch endlich den Durchbruch für ein neues Stadion?

Todt: Ich gehe davon aus, dass "Rays" Einfluss in dieser Frage begrenzt sein könnte - baue aber natürlich auf seine Unterstützung. Die Frage, ob wir ein neues Stadion bekommen, ist elementar für den KSC. Es gibt nichts, was in den nächsten Jahren wichtiger sein könnte. Nur mit einem konkurrenzfähigen Stadion haben wir die Chance, den Abstand zur Spitzengruppe der 2. Bundesliga zu verringern.

Frage: Trainer Markus Kauczinski war Garant für Stabilität in den letzten beiden Jahren, sie sprachen ihm erstklassige Fähigkeiten zu. Wie erleben Sie ihn jetzt vor seiner zweiten Saison in Liga zwei?

Todt: Konzentriert und in sich ruhend zugleich. Er weiß, was auf uns zukommt, wie sich die Mannschaft verändert hat und wie wir auf bestimmte Entwicklungen reagieren müssen.

Frage: Der KSC feiert diesen Sommer sein 120-jähriges Vereinsjubiläum. Tradition ist aber oft auch Bürde, wie gelingt es Ihnen der aktuellen Generation die Last der Vergangenheit zu nehmen und die Geschichte des Clubs dennoch zu feiern.

Todt: Tradition bedeutet auch, sich nicht nur an die glorreichen Momente zu erinnern, sondern auch an Abstiege und Niederlagen. Beides gehört dazu. Wir sind stolz auf den KSC; eine Saison in der Dritten Liga in der jüngsten Vergangenheit macht uns allerdings bescheiden genug, die aktuellen Probleme anzugehen, anstatt in Europapokal-Nostalgie zu versinken.

Frage: Wer sind in diesem Jahr ihre Aufstiegsfavoriten?

Todt: Nürnberg, Braunschweig, Kaiserslautern und Fürth.

Frage: Und wo landet der KSC?

Todt: Wir sind nicht leicht einzuschätzen. Ich denke, dass fast alles denkbar ist für uns.

Interview: Tobias Schächter 

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