Marcel Ndjeng ist einer von Herthas Leistungsträgern, stand bereits 1080 Minuten auf dem Platz
Marcel Ndjeng ist einer von Herthas Leistungsträgern, stand bereits 1080 Minuten auf dem Platz

"Ich träume von der Bundesliga"

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München - Hertha BSC galt bereits nach dem Abstieg aus der Bundesliga als größter Favorit auf den Aufstieg. Doch der Saison-Start der "Alten Dame" verlief eher schleppend und die Mannschaft blieb hinter den Erwartungen zurück.

Mittlerweile steltt sich die Situation ganz anders dar: Die Mannschaft von Trainer Jos Luhukay hat sich gefangen und ist mit einer beeindruckenden Serie von elf Spielen ohne Niederlage bis auf Platz 2 geklettert. Im Interview mit bundesliga.de spricht MittelfeldspielerMarcel Ndjeng über den holprigen Auftakt und das Potenzial des Hauptstadt-Clubs. Außerdem gewährt der Rechtsfuß Einblick in das Vertrauensverhältnis zwischen ihm und seinem Coach, der mit ihm bereits in der vierten Station zusammenarbeitet.

bundesliga.de: Herr Ndjeng, Hertha liegt auf Platz 2, ist elf Spiele ungeschlagen und siegte zuletzt 6:1 in Sandhausen: Was macht Ihr Team derzeit so stark?

Marcel Ndjeng: Da spielen mehrere Faktoren eine Rolle. Wir sind qualitativ sehr gut besetzt und können Ausfälle kompensieren. Dazu schaffen wir es, junge Spieler schnell zu integrieren. Unsere große Stärke ist es auf dem Platz, die Gefahr immer relativ weit vom Tor wegzuhalten. Durch unsere Ballzirkulation kommen die Stärken der Gegner im Idealfall nicht zur Entfaltung und unsere Abwehr hat dann kaum Druck. Das macht uns im Moment aus.

bundesliga.de: Sehen Sie das Team im Soll, damit am Ende der Aufstieg steht?

Ndjeng: Wir hatten zu Saisonbeginn natürlich ein paar Schwierigkeiten, allerdings war da der Kader noch nicht komplett. Die Negativserie der Rückrunde war außerdem noch zu spüren. Aber mittlerweile sieht man, was passieren kann, wenn die Mannschaft mit einem guten Gefühl ins Spiel geht und jeder das macht, was er soll - und vielleicht noch mehr.

bundesliga.de: Trotz der guten Leistungen bemängelten Sie zuletzt, dass das Kombinationsspiel noch immer nicht so laufe, wie gewünscht und sagten, "Wir sind immer noch dabei, uns kennenzulernen". Woran hapert es da noch?

Ndjeng: Es ist ganz entscheidend - da wir immer das Spiel machen müssen - dass wir im Kombinationsspiel noch genauer werden müssen. Wir sollten den Ball am besten erst dann wieder hergeben, wenn er im gegnerischen Tor liegt. Wenn du danach strebst, das wirklich umzusetzen, wird sich das auch bemerkbar machen - sogar so viel, dass wir Gegner her spielen können, wenn es gut läuft. Diese Qualität besitzt diese Mannschaft.

bundesliga.de: In Braunschweig hat Hertha 1:1 gespielt. Trauen Sie der Eintracht zu, bis ganz oben der Hauptkonkurrent zu sein?

Ndjeng: Ich traue nicht nur Braunschweig und Lautern viel zu, sondern auch Cottbus und Ingolstadt, dass sie nicht einbrechen und bis zum Ende oben dran bleiben. Nach 13 Spielen kann man da nicht mehr von Zufall reden, wenn ein Team so viele Punkte geholt hat.

bundesliga.de: Sie selbst spielten zwölf von 13 Mal von Beginn an, trafen zwei Mal. Wie zufrieden sind Sie mit Ihrer Saison?

Ndjeng: Ich denke, ich habe mich gut eingefunden und auch läuferisch viel gemacht. Aber ich denke, da geht noch mehr. Ich will, dass man deutlicher sieht, dass wir aufsteigen wollen und wirklich in die erste Liga gehören.

bundesliga.de: Also träumen Sie noch von der Bundesliga?

Ndjeng: Auf jeden Fall. Ich habe noch Ziele und meine Füße tragen mich noch ein wenig. Meine Ziele decken sich mit denen der Hertha - aufsteigen und sich dann etablieren.

bundesliga.de: Beim 6:1 in Sandhausen bereiteten Sie zwei Tore vor und trafen selbst. War das Ihr bestes Saisonspiel?

Ndjeng: Nicht unbedingt. Sandhausen ist nach der Roten Karte schon eingeknickt und der Widerstand war gebrochen. Aber von den Standards her war es sehr effizient. Das müssen wir fortsetzen und auch in Zukunft auf unsere Gefährlichkeit nach ruhenden Bällen bauen.

bundesliga.de: Paderborn, Gladbach, Augsburg, Hertha: Fast bei jeder ihrer Karrierestationen war Jos Luhukay Ihr Coach. Wieso ist er der ideale Trainer für Sie?

Ndjeng: Für jeden Fußballer ist es gut, wenn er mal gelassen wird. Jeder hat mal schwere Phasen und wenn man dann nicht gleich aufs Abstellgleis geschoben wird, ist schon ein gutes Gefühl. Dass der Coach mich dann ein zweites und drittes Mal geholt hat, ist schon riesig. Ich versuche, dieses Vertrauen zurückzuzahlen und der Mannschaft mit den Qualitäten, die er an mir schätzt, zu helfen.

bundesliga.de: Trotz ihrer Nähe zum Trainer berichten regelmäßige Trainingsbeobachter, dass von Bevorzugung keine Rede sein könne. Im Gegenteil sei Luhukay in seiner Ansprache sehr direkt und Sie zählen zu den Spielern, die er durchaus härter kritisiere. Brauchen Sie das?

Ndjeng: Dass ein Trainer Fingerspitzengefühl hat, ist ganz wichtig. Wenn es nötig ist, hält er die Mannschaft wach, damit sie nicht zu zufrieden ist und sich nicht ausruht. Da hat er dann natürlich auch das Recht, Leute wie mich anzusprechen und zu sagen: Du bist nicht befreit davon! Das gab es in Augsburg schon, da habe ich ein paar Spiele nicht gespielt, was auch gerechtfertigt war. Das persönliche muss man zurückstecken und an die Mannschaft denken, die damals wie heute das Ziel hat, aufzusteigen. Der Trainer schafft es, bei uns die Konzentration hoch zu halten, nicht nur in meinem Fall.

bundesliga.de: Am Montag ist St. Pauli zu Gast im Olympiastadion: Wie schätzen Sie die Hamburger unter ihrem neuen Trainer Michael Frontzeck ein, die zuletzt beispielsweise bei 1860 München siegten?

Ndjeng: Der Tabellenplatz spiegelt ihre Qualität im Moment nicht wider. Wir werden sie in keinster Weise unterschätzen. Gerade, was das Kämpferische angeht, hat St. Pauli großes Potenzial.

bundesliga.de: Was für ein Spiel erwarten Sie?

Ndjeng: Gerade zuhause müssen wir zeigen, dass wir auch gegen solche Mannschaften die Oberhand behalten können, die um ihr Leben fighten. Die kämpferische Linie müssen wir mit unseren spielerischen Mitteln aushebeln. Aber wir müssen auch selbst mal dazwischenhauen und zeigen: Ihr seid hier bei uns in Berlin! Da könnt ihr noch so viel kratzen und beißen! Dann werden wir die Punkte auch dabehalten.

Das Gespräch führte Christoph Gschoßmann