Philipp Hofmann dreht mit seinem Kopfballtor ein intensives Spiel zwischen Kaiserslautern und 1860 München
Philipp Hofmann dreht mit seinem Kopfballtor ein intensives Spiel zwischen Kaiserslautern und 1860 München

Hofmann rockt den Betze

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Kaiserslautern - Philipp Hofmann konnte es noch lange nach dem Spiel nicht fassen. Nicht, dass der Stürmer des 1. FC Kaiserslautern damit alleine gewesen wäre. Niemand der 41 092 Zuschauer am Montagabend im Fritz-Walter-Stadion ging einfach so nach Hause.

20 Sekunden auf dem Feld

Dieses 3:2 des FCK gegen 1860 München nach einem 0:2-Rückstand zur Pause und in Unterzahl ließ niemanden kalt, der dabei war. Hofmann aber war einer der Protagonisten dieses Abends. Ob er so etwas schon einmal erlebt habe, wurde der U 21-Nationalspieler, der im Sommer vom FC Schalke in die Pfalz gekommen war, gefragt. Nein, so etwas habe er noch nie erlebt, erzählte Hofmann fast ungläubig. Nur als Gästespieler habe er erahnen können, wie es ist, hier „uffm Betze“, wie das Stadion des FCK im Volksmund genannt wird, aufzulaufen und das Publikum zu spüren. Hofmann war noch so von der brodelnden Stimmung überwältigt, dass er gar nicht realisiert hatte, dass die Frage eigentlich auf seine persönliche Geschichte in diesem Drama abgezielt hatte. Philipp Hofmann war nämlich
der Siegtorschütze!

Mit seiner ersten Ballberührung! 20 Sekunden nach seiner Einwechslung in der 80. Minute für den zweifachen Torschützen Srdjan Lakic! Hofmann rannte von der Außenlinie in den Strafraum, der Ball flog nach einem Eckstoss des ebenfalls eingewechselten Kevin Stöger in den Strafraum und Hofmann köpfte den Ball mit der ganzen Wucht seines 1,95 Meter großen Körpers ins Netz. Der Betze bebte wie seit Jahren nicht mehr. Und: „Ach so“, sagte Hofmann dann doch, mit seiner ersten Ballberührung nach einer Einwechslung habe er noch nie ein Tor gemacht. Aber nicht nur Philipp Hofmann wird diesen Abend so schnell nicht vergessen.

Der 1. FC Kaiserslautern hat sich ja vor dieser Saison vorgenommen, den „Betze“ endlich wieder zu „rocken“. Eine Kampagne wurde aufgelegt mit Retro-Bezügen zur Rockabilly-Zeit der 1950er-Jahre, als der FCK mit der Walterelf seine beste Zeit hatte. Am Montagabend ist den Pfälzern, wie von Marketingleuten erfunden, gelungen, ihr Publikum in einem packenden Spiel von den Sitzen zu reißen. Und das gleich zum Saisonstart.

Betze-Feeling kehrt zurück

Auf der Suche nach dem in den letzten Jahren verloren gegangenen „Betze-Feeling“ (FCK-Vorstandschef Stefan Kuntz) sind die Lauterer durch dieses Erlebnis  einen Schritt vorangekommen. „Der FCK ist wieder da“, sangen die Fans, die völlig aus dem Häuschen waren und die Mannschaft immer wieder nach vorne geschrieen hatten nach dem Abpfiff noch minutenlang. „Das war heute Betze-Feeling“, freute sich auch Lauterns Trainer Kosta Runjaic. Dabei, so gab er hinterher zu, habe er in der Halbzeit noch angesprochen, gegen die starken Münchner Löwen „ein absehbares Desaster“ verhindern zu wollen. Doch dann kam alles anders, auch weil der FCK sich endlich wieder als Mannschaft präsentierte. Der berühmte Funke sprang vom Rasen auf die Tribüne und riss die Leute endlich mal wieder von den Sitzen in Lautern. „Die Zuschauer haben uns in den zweiten 45 Minuten getragen“, bemerkte Runjaic.

Dabei schien ein gutes Ende für die Pfälzer zur Pause nicht mehr drin. Es waren gerade einmal 33 Minuten gespielt im Fritz-Walter Stadion von Kaiserslautern, da sangen nämlich die Fans von 1860 München: „Spitzenreiter, Spitzenreiter, hey, hey“. Mit 2:0 führten die Münchner gegen den da gerade einmal seit 13 Minuten dezimierten FCK. Mit großer Effizienz nutzten die Sechziger den Platzverweis von FCK-Torwart Tobias Sippel aus der 20. Minute. Sippel konnte den Ball nach einem Stellungsfehler nur noch per Hand retten - außerhalb des Strafraums gegen de alleine auf ihn zustürmenden Bobby Wood. Schiedsrichter Bastian Dankert bestrafte Sippel mit der Roten Karte, es schien der
Anfang vom Ende für den FCK an diesem Abend. Nach Sippels Platzverweis und der Einwechslung des jungen Torwarts Marius Müller (Mittelfeldspieler Alexander Ring ging raus) war der Schwung zunächst raus, mit denen elf Lauterer zuvor die Münchner dominiert hatten.

Okoties großer Auftritt genügt nicht

Innerhalb von sieben Minuten traf dann aber Löwen-Stürmer Rubin Okotie zwei Mal (26.; 33.): Zunächst fälschte der Lauterer Innenverteidiger Dominique Heintz den Ball beim 0:1 unglücklich und unhaltbar für Torwart Müller ab; beim 0:2 köpfte der von Austria Wien gekommene Okotie die Kugel aus kurzer Distanz nach einer tollen Flanke des starken Wood ins Tor.

Die rundumerneuerten Münchner mit ihren jungen und technisch guten Profis erwiesen sich lange als ballsicher. Wenn nicht alles täuscht, könnte bei den „Löwen“ trotz der Niederlage durch die vom neuen Manager Gerhard Poschner zusammengestellte und vom emotionalen Moniz gecoachte Mannschaft endlich einmal wieder etwas Nachhaltiges entstehen. Doch die FCK-Mannschaft von Kosta Runjaic hatte an diesem Tag das Zeug, ihr Publikum mitzureißen und auch in Unterzahl noch einmal zurückzukommen. Mittelstürmer Lakic traf per Elfmeter (68.) und per Kopf nach Flanke des eingewechselten Stöger zum Ausgleich (71.). Und nach Hofmanns 3:2 bebte der „Betze“ – so wie früher. Besser hätte es für den FCK nicht losgehen können auf der Suche nach dem verlorenen Zusammenhalt zwischen Mannschaft und Fans. Für die bitter geschlagenen Münchner fasste Okotie die bittere Niederlage in zwei Worten zusammen: „Unglaublich, unbeschreiblich.“

Aus Kaiserslautern berichtet Tobias Schächter